Repression in RusslandSchülerin droht Waisenhaus, weil sie kriegskritische Bilder malt
tjnj
3.3.2023
Eine Zwölfjährige im russischen Jefremow malt pro-ukrainische Bilder im Unterricht und ruft damit den Geheimdienst auf den Plan. Nun ist ihr Vater verhaftet worden. Das Mädchen muss ins Waisenhaus.
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03.03.2023, 11:00
03.03.2023, 11:43
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Weil seine zwölfjährige Tochter in der Schule kriegskritische Bilder gemalt hat, ist Alexej Moskaljov, ein alleinerziehender Vater in der südlich von Moskau gelegenen russischen Stadt Jefremow, in das Visier der Behörden geraten.
Nachdem in einem russischen sozialen Netzwerk Aussagen Moskaljovs gefunden worden waren, die seine eigene Anti-Kriegs-Haltung offenbarten, wurde der Mann nun am vergangenen Mittwoch verhaftet.
Tochter in staatlicher Obhut
Seine Tochter Maria ist indes in staatliche Obhut genommen worden. Sollte ihr Vater verurteilt werden, drohen ihm drei Jahre Haft. Wenn keine nahen Verwandten gefunden werden, würde das Mädchen infolgedessen in ein Waisenhaus kommen, schilderte Moskaljovs Anwalt dem «Guardian».
«Für ein Mädchen, das sein ganzes Leben bei seinem Vater gelebt hat, würde das einen herben Schlag bedeuten», so der Anwalt weiter. «Also werden wir alles tun, um sicherzustellen, dass ihr Vater ein freier Mann bleibt.»
Nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine im Februar 2022 veranlasste der Kreml eine stärkere Fokussierung auf patriotische Inhalte im Unterricht.
Geheimdienst verhörte die Sechstklässlerin
Bereits im vergangenen April hatte Marias Verhalten die Aufmerksamkeit der Schulführung auf sich gezogen. Sie verweigerte die Teilnahme an einer patriotischen Unterrichtsstunde und malte ein Bild, in dem Raketen auf eine Familie abgeschossen werden, die unter einer ukrainischen Flagge stehen.
Die Schulführung rief daraufhin die Polizei, die das Mädchen verhörte und den Vater bedrohte. Noch im selben Monat, nachdem Moskaljovs regierungskritische Posts gefunden worden waren, besuchte der russische Geheimdienst FSB die Schule, um das Mädchen einem weiteren Verhör zu unterziehen.
Über 500 Minderjährige verhaftet
Als Wiedergutmachung sollte die 12-jährige Maria eine Jugendgruppe zur Unterstützung der russischen Truppen anführen, doch ihr Vater lehnte den Ausgleich ab: Sie habe viele Unterrichtsstunden und sei in vielen Klubs, für so etwas habe sie keine Zeit übrig.
«Dreieinhalb Stunden lang sagten sie mir, dass ich ein Kind falsch erziehen würde, dass sie sie mir wegnehmen und mich ins Gefängnis werfen würden», so Moskaljow im Interview mit der unabhängigen Medienorganisation «OVD-Info».
Eine Sprecherin von OVD-Info gab im Gespräch mit dem «Guardian» an, dass mindestens 544 Minderjährige 2022 wegen Anti-Kriegs-Protesten verhaftet worden seien.