RettungsmissionenSchweizer Botschaftspersonal nicht mehr in Sudans Hauptstadt
SDA/dpa/dor
24.4.2023 - 04:50
Die schweren Kämpfe im Sudan gehen weiter, die Lage in Khartum wird immer dramatischer. Der Schweiz gelang es am Sonntag, in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern und Drittstaaten das Botschaftspersonal aus der Hauptstadt zu evakuieren. Die Botschaft ist geschlossen.
Keystone-SDA, SDA/dpa/dor
24.04.2023, 04:50
24.04.2023, 12:02
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Das Wichtigste in Kürze
Im Sudan befindet sich kein Diplomat aus der Schweiz mehr.
Das Botschaftspersonal wurde aus der Hauptstadt Khartum ausgeflogen.
Aussenminister Cassis verkündete die Nachricht am Sonntagabend über Twitter.
Eine Übersicht über die Ereignisse vom Donnerstag findest du hier.
Das Botschaftspersonal der Schweiz im Sudan hat die Hauptstadt Khartum verlassen. Dies gab Aussenminister Ignazio Cassis am Sonntagabend auf Twitter bekannt. Die Botschaft sei geschlossen.
Sieben Schweizer Botschaftsmitarbeitende sowie fünf Begleitpersonen seien «in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern und Drittstaaten» evakuiert worden, schrieb das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA).
Zwei Personen sind den Angaben zufolge auf dem Weg nach Äthiopien, der Rest konnte dank der Unterstützung durch Frankreich nach Dschibuti evakuiert werden. Alle seien in Sicherheit, hob Cassis hervor. Der Aussenminister bedankte sich in seinem Tweet ausdrücklich bei Frankreich.
#Soudan: pour des raisons de sécurité, nous fermons notre ambassade à Khartoum. Notre personnel et leurs familles ont été évacués & sont en sécurité. L’exercice a été rendu possible grâce à une collaboration avec nos partenaires, notamment la France 🇫🇷. Merci pour leur soutien. pic.twitter.com/WCeMFFNFPp
Das EDA äusserte sich auch zur Situation anderer im Sudan lebender Schweizer Staatsangehöriger. Das Aussendepartement hat eine Telefon-Hotline eingerichtet, über die Betroffene auch nach der Schliessung der Botschaft in Khartum Hilfe erhalten. Die Schweiz führe selbst keine organisierte Ausreise für ihre Bürgerinnen und Bürger durch, arbeite aber in diesem Bereich eng mit Drittstaaten zusammen, hiess es.
Weitere Einzelheiten nannte das Aussendepartement nicht. Italiens Aussenminister Antonio Tajani hatte am Sonntagnachmittag angekündigt, im Rahmen einer Evakuierungsaktion des italienischen Militärs würden auch Schweizerinnen und Schweizer aus dem Sudan ausgeflogen.
Am Sonntagabend hob ein Transportflugzeug der italienischen Luftwaffe vom Flughafen Khartum in Richtung Dschibuti ab. Ob sich auch Schweizerinnen und Schweizer an Bord befanden, war zunächst unklar.
Die Nachrichtenagentur Ansa berichtete lediglich, die Maschine des Typs C130 bringe den Grossteil der zu evakuierenden italienischen Staatsangehörigen sowie einige Bürgerinnen und Bürger anderer Staaten ausser Landes.
Die Führer der Kriegsparteien im Sudan hatten sich am Samstag mit Evakuierungen einverstanden erklärt und laut Tajani Sicherheitsgarantien abgegeben.
Die französische Nachrichtenagentur AFP hatte bereits am frühen Abend unter Berufung auf Regierungsquellen berichtet, die Schweiz habe auch Frankreich um Hilfe bei der Evakuierung gebeten.
Nicht alle wollen ausreisen
Gemäss Angaben des EDA vom Freitag sind rund hundert Schweizerinnen und Schweizer bei den Schweizer Behörden als im Sudan lebend registriert.
Serge Bavaud, Chef des Krisenmanagements in EDA, sagte am Freitag in einem Hintergrundgespräch mit Journalisten in Bern, der Bund gehe nicht davon aus, dass alle diese Personen ausreisen wollten. Viele von ihnen hätten ihr Leben im Sudan, einige seien schweizerisch-sudanesische Doppelbürger.
Bis am Freitag hatten laut dem Diplomaten denn auch nur rund ein Dutzend Personen Interesse an einer organisierten Ausreise bekundet.
Botschaft in umkämpftem Quartier
Noch vor wenigen Tagen hatte das EDA die Sicherheitslage in Sudan als zu unübersichtlich für eine Evakuation des Botschaftspersonals oder eine organisierte Ausreise Schweizer Staatsangehöriger beurteilt.
Das Gebäude der Schweizer Vertretung in Khartum befindet sich in einem umkämpften Teil der Stadt. Bei Gefechten in der vergangenen Woche war unter anderem die Residenz des Schweizer Botschafters getroffen worden.
Im Sudan waren am Samstag vor einer Woche Kämpfe zwischen den zwei mächtigsten Generälen des Landes und ihren Einheiten ausgebrochen. Die zwei Männer führten das Land im Nordosten Afrikas mit rund 46 Millionen Einwohnern seit einem gemeinsamen Militärcoup im Jahr 2021.
Katastrophale humanitäre Lage
De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, kämpft mit dem Militär gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). Die Gefechte dauerten auch am Wochenende an.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verloren seit Beginn der Kämpfe mindestens 413 Menschen ihr Leben, mehr als 3500 wurden verletzt. Die tatsächliche Opferzahl ist vermutlich weitaus höher.
Die humanitäre Lage in Sudan ist vielerorts katastrophal. In Khartum sitzen viele Menschen in Khartum ohne Wasser, Lebensmittel oder Strom in ihren Wohnungen fest. Nur 35 Spitäler und Kliniken seien in dem Land mit 46 Millionen Einwohnern noch funktionstüchtig, berichtete das sudanesische Ärztekomitee.
Bundeswehr fliegt mehr als 200 Menschen aus
Die deutsche Bundeswehr flog mehr als 200 Menschen aus der umkämpften sudanesischen Hauptstadt Khartum aus. Am Sonntagabend hob als erste deutsche Maschine ein Militärtransporter mit 101 Evakuierten zum Rückflug ab, wie die Bundeswehr in der Nacht auf Twitter mitteilte. Später folgte demnach ein zweiter Flieger mit 113 Evakuierten. In Khartum war am Abend auch eine dritte deutsche Militärmaschine gelandet.
Deutschland hat wie andere Staaten in dem Land am Horn von Afrika eine militärische Evakuierung begonnen. Es sollen mehr als 300 auf einer Krisenliste registrierte Deutsche über den jordanischen Militärflugplatz Al-Asrak ausgeflogen werden. Auch Bürgern von Partnerstaaten soll geholfen werden. Der Einsatz, an dem insgesamt mehr als 1000 Männer und Frauen der Bundeswehr beteiligt sind, wurde über mehrere Tage hinweg vorbereitet.
Spanien evakuiert Zivilisten und Diplomaten
Auch Spanien flog am Sonntag eigene Zivilisten und Diplomaten sowie Menschen anderer Nationalitäten aus. Die Flugzeuge der spanischen Luftwaffe seien «gerade» von Khartum aus mit Spaniern und Mitarbeitern der spanischen Botschaft an Bord gestartet, teilte Aussenminister José Manuel Albares gegen 23:00 Uhr MESZ auf Twitter mit. Zudem habe man auch Bürger anderer europäischer Länder sowie Menschen aus Staaten Lateinamerikas in Sicherheit gebracht. Es habe dabei keine Zwischenfälle gegeben.
Acaban de despegar de Jartum los aviones @EjercitoAire con nuestros ciudadanos y @EmbEspSudan a bordo. También viajan otros ciudadanos europeos y latinoamericanos. Ningún incidente en el traslado de nuestro convoy.
Llamamos al alto el fuego y a retomar el diálogo en Sudán.
Verteidigungsministerin Margarita Robles hatte zuvor am Samstag mitgeteilt, dass Spanien im Rahmen der Evakuierungsaktionen insgesamt sechs Flugzeuge einsetzen wollte, die zunächst in Sudans Nachbarland Dschibuti geflogen waren. Medienberichten zufolge handelte es sich um Flugzeuge des Typs A400M sowie um einen Airbus 330 der spanischen Luftwaffe. Einige der Transportflugzeuge hätten Spezialkräfte und gepanzerte Fahrzeuge mitgeführt, hiess es.