Berg-Karabach Schwere Gefechte – Armenien ruft Kriegszustand aus

Agenturen/tafi

27.9.2020 - 13:11

Armenien und Aserbaidschan melden heftige Kämpfe im umstrittenen Kaukasusgebiet Berg-Karabach. Es handelt sich um die schwerste Eskalation seit Jahrzehnten.

Das armenische Verteidigungsministerium teilte in Eriwan mit, bei einem aserbaidschanischen Angriff in der Kaukasusregion Berg-Karabach seien zwei gegnerische Hubschrauber und drei Panzer abgeschossen worden. Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium wies diese Angaben zurück. Präsident Ilham Alijew sagte aber in einer Fernsehansprache, es habe «Verluste unter den aserbaidschanischen Truppen und der Zivilbevölkerung as Ergebnis des armanischen Bombardements» gegeben.

Fest steht: Zwischen den verfeindeten Nachbarländern kam es nach Angaben beider Seiten am Sonntagmorgen zu schweren Gefechten. Es soll zahlreiche Verletzte und rund zehn Tote unter den Soldaten in dem Südkaukasus-Gebiet geben. Die Hauptstadt Stepanakert sei beschossen worden, die Menschen sollten sich in Sicherheit bringen, teilten die Behörden in Berg-Karabach mit. Zahlreiche Häuser in Dörfern seien zerstört worden. Nach Darstellung aus Baku und Eriwan dauerten die Kämpfe an.

Armenien und Aserbaidschan haben am Sonntag erneut Kämpfe in dem seit dem Ende der Sowjetunion umstrittenen Kaukasusgebiet Berg-Karabach gemeldet.
Armenien und Aserbaidschan haben am Sonntag erneut Kämpfe in dem seit dem Ende der Sowjetunion umstrittenen Kaukasusgebiet Berg-Karabach gemeldet.
Keystone/AP/Armenian Defense Ministry/Uncredited

Hohe Militärpräsenz

Seit dem Ende des Krieges um Berg-Karabach 1994 ist das überwiegend von Armeniern bewohnte Kaukasusgebiet unter armenischer Kontrolle, darüber hinaus auch einige angrenzende aserbaidschanische Gebiete. Beide Seiten haben entlang der entmilitarisierten Zone um die Exklave eine hohe Militärpräsenz aufgebaut. 

Berg-Karabach liegt 50 Kilometer von der armenischen Grenze entfernt. In der Sowjetunion hatte Berg-Karabach den Status eines autonomen Gebiets. Die von Armenien kontrollierte Region gehört völkerrechtlich zum islamisch geprägten Aserbaidschan. In einem Krieg nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verlor Aserbaidschan die Kontrolle über das Gebiet. Es wird heute von christlichen Karabach-Armeniern bewohnt. Beide Seiten haben entlang einer entmilitarisierten Zone um die Exklave eine hohe Militärpräsenz aufgebaut.

Seit 1994 gilt eine brüchige Waffenruhe. Das völlig verarmte Armenien setzt auf Russland als Schutzmacht, die dort Tausende Soldaten und Waffen stationiert hat. Das ölreiche Aserbaidschan hat die Türkei als verbündeten Bruderstaat.

Spielball der Schutzmächte

Die Türkei stellte sich umgehend an die Seite Aserbaidschans. Der Sprecher der Regierungspartei AKP, Ömer Celik, verurteilte per Twitter «vehement Armeniens Angriff auf Aserbaidschan». Das sei eine weitere armenische Provokation. Die Türkei werde Aserbaidschan beistehen, erklärte er, und fügte hinzu: «Armenien spielt mit dem Feuer und gefährdet den regionalen Frieden.» Der türkische Präsidentensprecher Ibrahim Kalin warf Armenien ebenfalls per Twitter vor, «mit einem Angriff auf zivile Siedlungen» den Waffenstillstand verletzt zu haben.

Russland hat die verfeindeten Südkaukasusrepubliken Armenien und Aserbaidschan zu einem sofortigen Ende der Kampfhandlungen um die Region Berg-Karabach aufgefordert. Aussenminister Sergej Lawrow führe intensive Gespräche, um die Konfliktparteien zur Einstellung des Feuers um die Konfliktregion zu bewegen, teilte die Behörde am Sonntag in Moskau mit.

Auch EU-Ratschef Charles Michel und der Europarat haben Armenien und Aserbaidschan dazu aufgefordert, die Gefechte in der Konfliktregion Berg-Karabach sofort zu beenden. Michel zeigte sich in einem Tweet am Sonntag tief besorgt. «Um eine weitere Eskalation zu verhindern, müssen militärische Handlungen dringend aufhören.» Der einzige Ausweg sei die unverzügliche Rückkehr zu Verhandlungen ohne Vorbedingungen.

Internationale Vermittlungsversuche in dem Konflikt sind ohne Erfolg geblieben, nach dem Waffenstillstand 1994 gab es immer wieder Kämpfe. Im Juli wurden bei den schwersten Gefechten seit Jahren von beiden Seiten 16 Tote gemeldet.

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