Ungebetener Gast in GrönlandSecond Lady mit unterschätzter Macht – das ist Usha Vance
Dominik Müller
27.3.2025
Usha und J.D. Vance tanzen im Januar nach der Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump auf dem Liberty Ball in Washington, D.C.
Keystone
Sie lächelt, ihr Mann provoziert: Doch hinter der Fassade von Usha Vance steckt mehr als eine loyale Gattin. Nun gibt ihr geplanter Besuch in Grönland Einblick in ihre stille Rolle im Machtgefüge der USA.
Der Besuch von Usha und J.D. Vance in Grönland ist auf eine US-Militärbasis beschränkt worden, um diplomatische Spannungen mit Dänemark und Grönland zu entschärfen.
Der ursprünglich angekündigte Solobesuch der Second Lady hatte wegen Grönlands geopolitischer Bedeutung Unmut in Kopenhagen ausgelöst.
Usha Vance, eine Juristin mit indischen Wurzeln, tritt öffentlich meist zurückhaltend auf. Ihre Rolle in der aktuellen Kontroverse wirft jedoch neue Fragen zu ihrer politischen Position auf.
Die Ankündigung aus dem Weissen Haus lässt Kopenhagen aufatmen: US-Vizepräsident J.D. Vance und seine Frau Usha Vance werden diese Woche nur den Aussenposten der US-Raumfahrtbehörde in Pituffik an der Nordwestküste Grönlands besuchen. Ursprünglich war eine Solofahrt von Usha Vance zu einem traditionellen Hundeschlittenrennen angekündigt.
Sie wolle «historische Stätten besuchen» und «das grönländische Erbe kennenlernen», verlautete das Büro von Usha Vance am vergangenen Wochenende. Ihr Ehemann zog am Dienstag nach und sagte, er wolle seine Frau nicht «den ganzen Spass alleine haben lassen».
Grönland und Dänemark reagierten verschnupft. Zur Erinnerung: Grönland ist ein autonomer Teil Dänemarks, liegt an strategisch wichtigen Luft- und Seerouten im Nordatlantik und verfügt über reiche Vorkommen an seltenen Erden. US-Präsident Donald Trump hat schon in seiner ersten Amtszeit ein Auge auf die grösste Insel der Welt geworfen und nach seinem Wahlsieg im November wiederholt erklärt, sie werde «so oder so» eines Tages zu den USA gehören.
Vor diesem Hintergrund war sein Sohn Donald Trump Jr. Anfang Januar medienwirksam für einen Tag nach Grönland gereist. Und nun betont die grönländische Regionalregierung erneut, sie habe «keine Einladungen für Besuche ausgesprochen, weder privat noch offiziell». Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen sagte, der Besuch sei «inakzeptabler Druck».
Mit den geänderten Reiseplänen umgehen die USA nun das diplomatische Tabu, offizielle Vertreter uneingeladen in ein fremdes Land zu schicken und sie dort mit der Bevölkerung zusammentreffen zu lassen. Der Sprecher der Konservativen Fraktion für grönländische Angelegenheiten im dänischen Parlament, Rasmus Jarlov, schrieb auf der Plattform X, der Besuch einer amerikanischen Militärbasis sei dagegen völlig unumstritten.
Während First Lady Melania Trump regelmässig Schlagzeilen macht, war es bis anhin um die Second Lady trotz der lauten Politik ihres Gatten relativ ruhig. Usha Vance hält sich zumeist im Hintergrund, vertritt ein traditionelles Rollenbild und kümmert sich um die Familie.
Wer ist die Frau, die sich nun mit einer offiziellen Auslandsreise plötzlich in ein politisches Minenfeld wagt?
Topanwältin mit indischen Wurzeln
Die Tochter indischer Einwanderer wuchs im US-Bundesstaat Kalifornien auf, ihr Geburtsname ist Chilukuri. Sie sei in einem religiösen Haushalt gross geworden, ihre Eltern seien Hindus, sagt sie über ihre Kindheit. Ihren zukünftigen Ehemann traf sie an der Eliteuniversität Yale, wo beide Jura studierten.
Das Paar, das mittlerweile drei Kinder hat, heiratete 2014 in einer interreligiösen Zeremonie – die Hochzeit vereinte Elemente aus dem Katholizismus und dem Hinduismus. Damals war sie der «New York Times» zufolge noch als Demokratin registriert.
Die Juristin arbeitete nach dem Studium als Referendarin am Supreme Court für den Richter John Roberts. Später wurde Vance Anwältin in einer Kanzlei, die unter anderem auf Schadenersatzklagen spezialisiert ist und grosse Firmen vertritt.
Jung und kameratauglich
Bereits im Wahlkampf setzte J.D. Vance auf die Aussenwirkung seiner Frau und liess sie das Bild eines nahbaren Ehemannes zeichnen. «Ich meine, wer wollte nicht mit J. D. befreundet sein. Er war damals wie heute der interessanteste Mensch, den ich kannte, ein Typ aus der Arbeiterklasse, der Kindheitstraumata überwunden hatte», sagte die 39-Jährige.
J.D. sei immer noch derselbe Mann, den sie damals kennengelernt habe. «Bis auf den Bart», scherzte sie. Wie man sich jung und kameratauglich inszeniert, weiss das Ehepaar bestens.
Als Grundlage ihrer Wertevorstellungen bezeichnete Usha Vance in einer Rede auf dem Parteitag der Republikaner 2024 die Traditionen und Praktiken des Hinduismus. Wie dieses Ethos und ihre Migrationsbiografie mit der politischen Haltung ihres Mannes einhergeht, stellt auch Politexperten in US-Medien vor Rätsel.
Mit Freundlichkeit zur Deeskalation?
Zumal sich der US-Vizepräsident strikt an den Trump-Kurs hält und wiederholt mit migrationskritischen Aussagen auf sich aufmerksam machte. Allerdings durchlebte J. D. Vance im vergangenen Jahrzehnt selbst einen politischen Wandel. Im Jahr 2016 verglich er Donald Trump noch mit Adolf Hitler.
Ob seine Frau eine ähnliche politische Kehrtwende vollzogen hat, ist unklar. Unverändert bleibt ihr stets freundliches Gesicht inklusive breitem Lächeln an offiziellen Anlässen. Ob sie damit die Spannungen zwischen den USA und Grönland respektive Dänemark entschärfen kann, wird sich weisen.
Mit Material der Nachrichtenagentur DPA
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