Politik Serbien wählt neues Parlament – Präsident Vucic will Macht festigen

SDA

17.12.2023 - 15:49

Der serbische Präsident Aleksandar Vucic spricht mit den Medien, nachdem er seine Stimme bei den vorgezogenen Parlamentswahlen abgegeben hat. Foto: Darko Vojinovic/AP
Der serbische Präsident Aleksandar Vucic spricht mit den Medien, nachdem er seine Stimme bei den vorgezogenen Parlamentswahlen abgegeben hat. Foto: Darko Vojinovic/AP
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Bei vorgezogenen Wahlen haben die Bürger in Serbien am Sonntag über ein neues Parlament entschieden.

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Bis zum frühen Nachmittag gaben 32,4 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, wie die Wahlkommission in Belgrad mitteilte. Das waren um 0,8 Prozentpunkte mehr als zum gleichen Zeitpunkt vor 17 Monaten. Damals hatten vorgezogene Parlamentswahlen zusammen mit einer regulären Präsidentschaftswahl stattgefunden. Die Beteiligung an der Wahl im April 2022 hatte am Ende des Tages bei 59 Prozent gelegen.

Rund 6,5 Millionen Wahlberechtigte waren am Sonntag aufgerufen, die 250 Abgeordneten der Volksversammlung (Skupstina) zu wählen. Die rechts-nationale Serbische Fortschrittspartei (SNS) von Präsident Aleksandar Vucic galt als klare Favoritin. Letzten Meinungsumfragen zufolge könnte sie auf bis zu 45 Prozent der Stimmen kommen. Zusammen mit ihrem langjährigen Koalitionspartner, der Sozialistischen Partei Serbiens (SPS) von Aussenminister Ivica Dacic, dürfte sie weiterhin die bestimmende Kraft im Land bleiben.

Die SPS kann nach diesen Angaben mit neun Prozent der Stimmen rechnen. Das liberale Oppositionsbündnis «Serbien gegen Gewalt» läge demnach bei einem Stimmenanteil von 24 Prozent. Ins Parlament einziehen könnte auch die eine oder andere rechtsextreme Partei. Mit einer parlamentarischen Vertretung rechnen können zudem die Parteien der ethnischen Minderheiten – Ungarn, Bosniaken, Albaner, Kroaten -, für die die Sperrklausel von drei Prozent nicht gilt.

Vucic hatte das letzte Parlament nach nicht einmal zwei Jahren aufgelöst. Der Präsident, der seit 2012 in wechselnden Funktionen die Politik des Landes bestimmt, nutzt vorgezogene Wahlen immer wieder, um sich der Loyalität seiner Funktionäre und Anhänger zu versichern. Kritiker werfen ihm einen autoritären Regierungsstil vor.

Vucic missbraucht diesen Stimmen zufolge den Regierungsapparat, Polizei und Geheimdienste, um politische Konkurrenten wirtschaftlich zu ruinieren und in der Öffentlichkeit zu diffamieren. Zugleich seien die Machthabenden um Vucic mit der organisierten Kriminalität im Bunde, lauten Vorwürfe der Kritiker. Tätliche Angriffe auf Oppositionelle würden häufig von Schlägertrupps aus diesem Milieu durchgeführt.

Auslöser der vorgezogenen Wahl waren vor allem zwei Amokläufe im Mai mit 18 Toten sowie Konflikte in dem seit 2008 unabhängigen Kosovo. Serbien beansprucht seine einstige, heute fast ausschliesslich von Albanern bewohnte Provinz weiterhin für sich.

Die Amokläufe im Mai hatten eine massive Protestbewegung gegen die Vucic-Regierung ausgelöst. Sie warf der Regierung und ihren Medien vor, ein Klima des Hasses und der Gewaltverherrlichung zu schüren. Die liberale Opposition schloss sich infolgedessen zum Wahlbündnis «Serbien gegen Gewalt» zusammen. Ihre Politiker und Anhänger hoffen darauf, bei gleichzeitig stattfindenden Kommunalwahlen die Hauptstadt zu erobern. Ein Sieg in Belgrad und ein besseres Ergebnis im Landesschnitt als sonst würden den Niedergang der Vucic-Herrschaft einleiten, glaubt die Opposition.

Gewählt wurden am Sonntag auch die Abgeordnetenkammer der halbautonomen Nordprovinz Vojvodina sowie 65 von 197 Gemeindevertretungen im Land, darunter die in Belgrad. Die Wahllokale sollten um 20.00 Uhr MEZ schliessen. Mit ersten Ergebnissen wurde am späten Abend gerechnet.