Geplatzter Rohstoff-Deal So dreist wollte Trump Selenskyj übers Ohr hauen

Philipp Dahm

19.2.2025

USA und Russland treiben Ukraine-Lösung voran

USA und Russland treiben Ukraine-Lösung voran

Die Gespräche zwischen den ranghohen Delegationen der USA und Russlands in der saudiarabischen Hauptstadt Riad sind russischen Angaben zufolge nach viereinhalb Stunden beendet worden. Sie seien erfolgreich verlaufen, zitieren staatliche Medien den Kreml-Berater Juri Uschakow. Es sei ernsthaft über alle Themen diskutiert worden. Unter anderem sei es um die Voraussetzungen für ein Treffen zwischen den Präsidenten Donald Trump und Wladimir Putin gegangen.

18.02.2025

Wolodymyr Selenskyj bringt bei Donald Trump die ukrainischen Rohstoffe ins Spiel, und der schlägt zu – aber anders als von Kiew gedacht: Das Angebot war schlechter als der Versailler Vertrag für das Deutsche Reich.

Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Wolodymyr Selenskyj hat selbst eine gemeinsame Ausbeutung der ukrainischen Rohstoffe mit den USA vorgeschlagen – wohl in der Erwartung von amerikanischem Schutz.
  • Die Ukraine verfügt über 22 von 50 Rohstoffen, die die USA als kritisch erachten – darunter wertvolle Stoffe wie Lithium und Titan.
  • Ein Rohstoff-Deal mit der Biden-Administration wurde im Dezember angeblich verzögert, um Trump den Abschluss zu überlassen.
  • Trump überrascht im Februar mit der Forderung von einem Äquivalent von 500 Milliarden Dollar in Seltenen Erden. Sie wird bald darauf auf 50 Prozent der Rohstofferträge erhöht.
  • Der konservative «Telegraph» empört sich über die «wirtschaftliche Kolonisierung», die Kiew eine höhere Last aufbinde als der Versailler Vertrag nach dem Ersten Weltkrieg für das Deutsche Reich.

Man könnte vielleicht sagen, dass Wolodymyr Selenskyj selbst schuld ist. Immerhin war es der ukrainische Präsident, der Donald Trump mit dem Thema geködert hat: Als der 47-Jährige im Oktober mit seinem sogenannten Siegesplan ist den USA und Europa hausieren gegangen ist, betraf einer der bekannten Punkte die gemeinsame Ausbeutung der ukrainischen Rohstoffe.

Man darf spekulieren, dass Kiew dabei auf den Geschäftssinn des US-Präsidenten gesetzt hat – und Amerika einladen wollte, Präsenz in dem kriegsgebeutelten Land zu zeigen, die einen Wladimir Putin von zukünftigen Attacken abhalten könnte.

Die Bodenschätze der Ukraine
Die Bodenschätze der Ukraine
SRDE Geoinform of Ukraine

Ein genauerer Blick auf die Rohstoff-Karte zeigt, dass gerade in den russisch besetzten Gebiete potenziell einträgliche Bodenschätze schlummern: In Donezk gibt es neben Kohle, Kalium und Quecksilber auch Gold und das für Hochindustrie und Rüstung wichtige Graphit. Im Oblast Saporischschja winken neben Eisen und Mangan auch Seltene Erden.

Fokus auf die russisch besetzten Gebiete in der Ostukraine.
Fokus auf die russisch besetzten Gebiete in der Ostukraine.
SRDE Geoinform of Ukraine

Neben jenen Seltenen Erden kann Kiew weiter mit gefragten Bodenschätzen wie Tellur, Titan, Indium und Lithium aufwarten. Stoffe wie Blei, Beryllium, Silber, Uran und Zink runden das Angebot ab.

«Donald Trump wird einen Deal machen»

Von 50 Rohstoffen, die die USA als kritisch einstufen, bietet die Ukraine Trump 22: «Diese Mineralien sind unerlässlich für die Produktion lebenswichtiger Güter – von Flugzeugen über Handys und Elektrofahrzeuge bis hin zu Stahl und Atomkraft», schreibt die «Washington Post». Der Wert der Bodenschätze wird in der «New York Times» (NYT) auf 11,5 Billionen Dollar geschätzt. Andere Quellen schreiben von 26 Billionen.

Noch im Dezember vor Donald Trumps Amtsantritt tut die Ukraine viel, um dem 78-Jährigen zu schmeicheln, weiss die NYT. Der Politiker Oleksandr Merezhko schlägt ihn hoffnungsfroh für den Friedensnobelpreis vor. Sein Präsident verschiebt dann noch den Abschluss eines Abkommens über die gemeinsame Ausbeutung von Rohstoffen, die mit der Biden-Administration ausgehandelt wurde: Selenskyj will Trump den Deal machen lassen.

Vergebene Liebesmüh: Wolodymyr Selenskyj reist noch vor der US-Wahl in die USA, um am 27. September in New York Donald Trump zu treffen. Die Bemühungen des Ukrainers haben sich nicht ausgezahlt, wie sich jetzt zeigt.
Vergebene Liebesmüh: Wolodymyr Selenskyj reist noch vor der US-Wahl in die USA, um am 27. September in New York Donald Trump zu treffen. Die Bemühungen des Ukrainers haben sich nicht ausgezahlt, wie sich jetzt zeigt.
Bild: Keystone

Kiews Strategie zahlt sich scheinbar aus: «In diesem Krieg geht es um Geld – man redet nicht viel darüber», sagt Trumps Parteifreund Lindsey Graham gegenüber «Fox News». «Donald Trump wird einen Deal machen, um unser Geld zurückzubekommen und uns mit seltenen Erden zu bereichern. Ein gutes Geschäft für die Ukraine und uns, und er wird Frieden bringen.»

«Vielleicht sind sie eines Tages russisch»

Es kommt anders, als Selenskyj es sich wohl erhofft hat. Donald Trump lässt die Bombe am 10. Februar in einem «Fox News»-Interview platzen: «Ich habe ihnen gesagt, dass ich das Äquivalent von 500 Milliarden Dollar in Seltenen Erden will, und sie haben dem im Prinzip zugestimmt.» Immerhin hätten die USA «mehr als 300 Milliarden Dollar» in Kiew investiert.

Trump weiter: «Sie machen vielleicht einen Deal, sie machen vielleicht keinen Deal. Vielleicht sind sie eines Tages russisch, oder vielleicht sind sie eines Tages nicht russisch.» Subtil ist das nicht. Mit Blick auf das Geld fügt er an: «Ich will es zurück.» Und weiter betont der 78-Jährige, es gebe inzwischen «enorme Fortschritte» auf dem Weg hin zu einer Waffenruhe.

Bald wird klar, dass Washington den Draht zu Moskau aufgenommen hat – und Trump und Putin sich näherkommen. Selenskyj ist vor den Kopf gestossen: Er hat gar keine Wahl, weil er nicht die Macht hat, Trump die Hälfte seiner Verkäufe von kritischen Rohstoffen abzugeben, wie die USA bald darauf fordern.

«Kolonisierung der Ukraine, und zwar für immer»

Es ist, als würde Washington die Schweiz auffordern, die Hälfte ihrer Erträge aus der Wasserkraft abzugeben, ohne auf die Betreiber wie Axpo Power, die Kraftwerke Oberhasli oder die Kraftwerke Hinterrhein einzugehen: Dem ukrainischen Präsidenten bleibt nichts anderes übrig, als Trumps Angebot «höflich abzulehnen», schreibt «Meduza».

Der konservative «Telegraph» findet deutliche Worte für diesen Vorgang: Der Vorschlag grenze an eine «wirtschaftliche Kolonisierung der Ukraine durch die USA, und zwar für immer», staunen die Briten, die Einblick in das entsprechende vertrauliche Dokument genommen haben wollen. So würden die 50 Prozent nicht nur für aktuelle, sondern auch alle zukünftigen Lizenzen zum Rohstoffabbau gelten.

Weiter hätte Kiew in Vorleistung gehen müssen – auch wenn noch keine Gelder eingegangen wären. Zudem hätten die USA ein Vetorecht, was die Empfänger der Mineralien angeht. Die Forderungen gingen so weit, dass sie einen höheren Betrag vom Bruttoinlandsprodukt einforderten, als es die Alliierten im Versailler Vertrag mit dem Deutschen Reich gemacht hätten.

Auch die Summe von über 300 Milliarden Dollar, die geflossen sein sollen, stimmt nicht. Bewilligt seien 175 Milliarden Dollar, von denen bisher nur 70 Milliarden ausgegeben worden seien. Und die Erkenntnis, dass sein Rohstoff-Köder für Trump nach hinten losgeht, kommt Selenskyj zur gleichen Zeit, in der er erkennen muss, dass Trump und Putin über Frieden verhandeln, ohne dass die Ukraine mit am Tisch sitzt.

Wolodymyr Selenskyj ist dieser Tage nicht zu beneiden.


Mit spöttischen Worten: Trump macht Ukraine für Andauern des Kriegs verantwortlich

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«Ich denke ich habe die Macht, den Krieg zu beenden.» Donald Trump will den Ukraine-Krieg so schnell wie möglich beenden. Ein erstes Treffen ohne Vertreter Kiews soll einen Grundstein dafür gelegt haben.

19.02.2025