Söder hält in Flugblattaffäre vorerst an Aiwanger als Minister fest
Söder hält in Flugblattaffäre vorerst an Aiwanger als Minister fest
29.08.2023
Die Affäre um ein antisemitisches Flugblatt bringt die Koalition im deutschen Bundesland Bayern ins Wanken. Ministerpräsident Söder setzt Freie-Wähler-Chef Aiwanger mit einem Fragenkatalog unter Zugzwang.
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- Der Ministerpräsident des deutschen Bundeslandes Bayern hat seinen Stellvertreter massiv unter Druck gesetzt - und damit den Druck auf den Wirtschaftsminister in der Flugblatt-Affäre erhöht.
- Der Freie-Wähler-Chef soll 25 Fragen schriftlich beantworten, sagte Söder nach einer Sondersitzung des Koalitionsausschusses in München. Zum Inhalt des Fragenkatalogs sagte Söder zunächst nichts.
- Aiwanger hatte am Samstagabend schriftlich zurückgewiesen, zu Schulzeiten in den 1980er Jahren ein antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben, über das die «Süddeutsche Zeitung» berichtet hatte.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat in der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt mit einem Fragenkatalog den Druck auf seinen Stellvertreter Hubert Aiwanger erhöht. Der Freie-Wähler-Chef solle 25 Fragen schriftlich beantworten, sagte Söder nach einer Sondersitzung des Koalitionsausschusses in München. Aiwanger habe zugesagt, die Fragen zu beantworten.
Erst danach könne man den Fall abschliessend bewerten, sagte Söder. Eine Entlassung aus dem Amt des Wirtschaftsministers und stellvertretenden Ministerpräsidenten wäre zum jetzigen Zeitpunkt «ein Übermass», so der CSU-Chef. Eine Frist zur Beantwortung der Fragen nannte er zunächst nicht. Auch zum Inhalt des Fragenkatalogs sagte Söder zunächst nichts.
Söder: Ruf Bayerns schon jetzt beschädigt
Bayerns Ministerpräsident betonte aber die Schwere der Vorwürfe gegen seinen Vize. «Allein der Verdacht beschädigt das Ansehen Bayerns und natürlich die persönliche Glaubwürdigkeit des bayerischen Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger», sagte Söder. Schon jetzt sei der Schaden für den Ruf Bayerns hoch. Der Fragenkatalog sei «kein Freispruch».
Söder hatte am Dienstag eine Sondersitzung des Gremiums einberufen, Aiwanger sollte dort persönlich Stellung nehmen zu den Vorwürfen. Der 52-Jährige hatte am Samstagabend schriftlich zurückgewiesen, zu Schulzeiten in den 1980er Jahren ein antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben, über das die «Süddeutsche Zeitung» berichtet hatte.
Gleichzeitig räumte er aber ein, es seien «ein oder wenige Exemplare» in seiner Schultasche gefunden worden. Kurz darauf gestand Aiwangers älterer Bruder ein, das Pamphlet geschrieben zu haben. Später sagte er, er glaube, dass sein Bruder Hubert die Flugblätter wieder habe einsammeln wollen. Söder reichen diese Erklärungen aber bislang nicht aus.
Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, gibt nach dem Sonder-Koalitionsausschuss ein Statement zum Fall des stellvertretenden Ministerpräsidenten Aiwanger ab.
Wegen der Vorwürfe gegen seinen Vize Hubert Aiwanger hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Freien Wähler zu einer Sondersitzung «einbestellt».
Söder erhöht Druck auf Aiwanger: 25 Fragen an den Vize - Gallery
Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, gibt nach dem Sonder-Koalitionsausschuss ein Statement zum Fall des stellvertretenden Ministerpräsidenten Aiwanger ab.
Wegen der Vorwürfe gegen seinen Vize Hubert Aiwanger hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Freien Wähler zu einer Sondersitzung «einbestellt».
Opposition will das Thema in den Landtag bringen
Ähnlich sehen das Vertreter von Grünen, SPD, und FDP im bayerischen Landtag. Die drei Parteien wollen deshalb eine Sondersitzung im bayerischen Landtag zu dem Thema einberufen. Bei der Sondersitzung solle der sogenannte Zwischenausschuss zusammenkommen. Der Zwischenausschuss behandelt unter anderem nach der letzten Plenarsitzung vor Wahlen dringliche Angelegenheiten. Nur ein Teil der Landtagsabgeordneten sind Mitglied des Gremiums.
In Bayern wird am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt. Die CSU hatte bislang stets erklärt, die Koalition mit den Freien Wählern nach der Wahl fortsetzen zu wollen. Alle Umfragen hatten bis zuletzt auch fast keinen Zweifel daran gelassen, dass dies möglich sein wird – wobei die Freien Wähler zuletzt bei 11 bis 14 Prozent lagen. Die CSU regiert im Freistaat seit 2018 zusammen mit den Freien Wählern.
Ja zur Koalition
Söder bekannte sich am Dienstag trotz der Vorwürfe gegen Freie-Wähler-Chef Aiwanger klar zur Koalition. «Die Zusammenarbeit mit den Freien Wählern als Ganzes hat sich bewährt und ist gut, und wir wollen sie auch fortsetzen. Es gibt auch keinen Anlass, etwas an der Zusammenarbeit zu ändern.». Koalitionen hingen auch nicht an einer einzelnen Person, betonte Söder.
Auch die Landtags-CSU wollte die Koalition am Dienstag grundsätzlich fortsetzen. Ein schwarz-grünes Bündnis wurde bei Online-Beratungen des erweiterten CSU-Fraktionsvorstandes am Dienstagfrüh ausgeschlossen, wie die Deutsche Presse-Agentur von Teilnehmern erfuhr. Allerdings gab es in der Runde demnach ebenfalls den Ruf nach weiterer Aufklärung.