Sorge um Menschen in Al-Faschir«Wir sehen nicht die Hunderttausenden, mit denen wir gerechnet hatten»
dpa
2.11.2025 - 21:08
Die paramilitärische Miliz RSF hat nun fast komplett die Kontrolle über die westliche Region Darfur. Der Konflikt zwischen der Armee und der RSF erreicht damit einen neuen Höhepunkt.
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Eine Hilfsorganisation hat mit wesentlich mehr Ankömmlingen aus der von der RSF eingenommenen Stadt gerechnet. Wer noch in Al-Faschir feststecke, habe schlechte Überlebenschancen.
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DPA, Redaktion blue News
02.11.2025, 21:08
02.11.2025, 21:14
dpa
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Weniger als 6000 Flüchtlinge aus der sudanesischen Grossstadt Al-Faschir haben es laut der Hilfsorganisation Norwegischer Flüchtlingsrat bisher in das nächstgelegene Vertriebenenlager geschafft.
«Wenn sich noch Menschen in Al-Faschir aufhalten, wird es für sie sehr schwer sein, zu überleben», sagte ein Vertreter.
Die RSF hatte am vergangenen Wochenende im sudanesischen Bürgerkrieg die Kontrolle über die Region Darfur im Westen des Landes übernommen.
Sie verdrängte das rivalisierende sudanesische Militär aus der Stadt Al-Faschir, die zuvor 18 Monate lang belagert worden war.
Die RSF hat nach Angaben von Augenzeugen und Hilfsorganisationen Gräueltaten an Zivilisten verübt – darunter Tötungen und sexuelle Übergriffe.
Nach der Einnahme der Stadt Al-Faschir im Sudan durch die paramilitärische Gruppe RSF am vergangenen Wochenende gibt es Sorgen wegen der möglichen Notlage Zehntausender Menschen vor Ort. Seit der Einnahme haben es laut der Hilfsorganisation Norwegischer Flüchtlingsrat nur weniger als 6000 Flüchtlinge in das nächstgelegene Vertriebenenlager in Tawila, etwa 65 Kilometer von Al-Faschir entfernt, geschafft. «Wir sehen nicht die Hunderttausenden, mit denen wir gerechnet hatten», sagte Vertreter Shashwat Saraf der Nachrichtenagentur AP. «Wenn sich noch Menschen in Al-Faschir aufhalten, wird es für sie sehr schwer sein, zu überleben.»
Eine UN-Behörde schätzte, dass seit der Übernahme von Al-Faschir durch die RSF 70'894 Menschen vertrieben worden sind. Die RSF hatte am vergangenen Wochenende im sudanesischen Bürgerkrieg die Kontrolle über die Region Darfur im Westen des Landes übernommen. Sie verdrängte das rivalisierende sudanesische Militär aus der Stadt Al-Faschir, die zuvor 18 Monate lang belagert worden war. Die RSF hat nach Angaben von Augenzeugen und Hilfsorganisationen Gräueltaten an Zivilisten verübt – darunter Tötungen und sexuelle Übergriffe. Unter anderem wurden laut Weltgesundheitsorganisation mindestens 460 Menschen in einem örtlichen Spital getötet.
Der Krieg zwischen RSF und Militär war im April 2023 ausgebrochen. Laut UN-Angaben sind seitdem mehr als 40'000 Menschen ums Leben gekommen. Hilfsorganisationen halten es aber für möglich, dass die echte Zahl wesentlich höher ist.
Hilfsorganisation: Ankommende Flüchtlinge sind desorientiert
Flüchtlinge, die es zu Fuss aus Al-Faschir geschafft haben, berichteten von schrecklichen Vorfällen. So hätten Bewaffnete auf sie geschossen, als sie geflohen seien. «Die Menschen, die in dem Lager eintreffen, sind grösstenteils desorientiert und dehydriert mit Prellungen überall», sagte Saraf. «Manchmal können sie sich nicht einmal an ihren Namen erinnern, sie müssen ins Krankenhaus gebracht werden und Infusionen bekommen.»
Saraf berichtete weiter, dass etwa 170 unbegleitete Kinder – manche gerade einmal drei Jahre alt – ohne ihre Familienmitglieder nach Tawila gelaufen seien. Sie seien zusammen mit älteren Kindern oder Erwachsenen angekommen, die nicht mit ihnen verwandt seien.
Sudanesischer Botschafter wirft Emiraten Bewaffnung der RSF vor
Der sudanesische Botschafter in Kairo, Imadeldin Mustafa Adawi, warf der RSF Kriegsverbrechen in Al-Faschir vor. Seine Regierung werde nicht mit der paramilitärischen Gruppe verhandeln. Er forderte die internationale Gemeinschaft auf, die RSF als Terrororganisation einzustufen.
Adawi erneuerte den Vorwurf der sudanesischen Regierung, wonach die Vereinigten Arabischen Emirate der RSF Waffen gegeben hätten. Die Emirate sollten an keinen Vermittlungsbemühungen beteiligt sein, sagte er.
Die Emirate haben die RSF unterstützt und sich gegen das sudanesische Militär gestellt. Sie begründeten das mit mutmasslichen Verbindungen des Militärs zu islamischen Kräften, die von den Emiraten seit langem abgelehnt werden. Die Vereinigten Arabischen Emirate bestreiten die Vorwürfe, dass sie der RSF Waffen gegeben hätten.
Miliz vertreibt Armee aus Region Darfur
STORY: Im Sudan hat sich die Armee nach 18-monatiger Belagerung aus der letzten grösseren Stadt der Region Darfur zurückgezogen. Mit der Eroberung von El-Faschir kontrolliert die paramilitärische RSF-Miliz fast den gesamten Westen des ostafrikanischen Staates. ABDEL FATTAH AL-BURHAN, ARMEEGENERAL: «Alle haben mitverfolgt, was in El-Fashir geschehen ist. Gewiss ist die dortige Führung, einschliesslich der Sicherheitskräfte, zu der Einschätzung gekommen, dass sie die Stadt angesichts der systematischen Zerstörung und Tötung von Zivilisten verlassen muss. Wir haben mit ihnen vereinbart, die Stadt zu verlassen und an einen sicheren Ort zu gehen, um die übrigen Bürger und den Rest der Stadt vor weiterer Zerstörung zu bewahren.» Der Sieg der RSF schürt Befürchtungen vor einer Teilung des Landes zwischen den beiden rivalisierenden Fraktionen. Zudem wird mit Racheakten gegen die schätzungsweise 250.000 in der Stadt verbliebenen Menschen gerechnet. Nach Berichten von Augenzeugen hindern RSF-Kämpfer Zivilisten an der Flucht und halten sie in nahe gelegenen Ortschaften fest. Rund 26.000 Menschen seien durch die Kämpfe vertrieben worden, teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) mit. Darfur ist die Hochburg der RSF. Die Paramilitärs haben dort eine Parallelregierung eingerichtet, und auch ihre Führungsriege um General Mohamed Hamdan Dagalo soll sich dort aufhalten. Die sudanesische Armee wirft den Vereinigten Arabischen Emiraten vor, die RSF militärisch zu unterstützen, was diese bestreiten.
28.10.2025
RSF könnte sich jetzt auf die Mitte des Sudans konzentrieren
Derzeit nehmen die Sorgen zu, dass die RSF sich nach der Einnahme von Darfur im Westen wieder auf das Zentrum des Sudans konzentrieren könnte.
Bei Angriffen der RSF auf zwei Vertriebenenlager in der zentralen Region Kordofan kamen nach Angaben der Medizinergruppe Sudan-Ärztenetzwerk, die den Krieg dokumentiert, zwölf Menschen ums Leben. Unter den Toten seien mindestens fünf Kinder, berichtete die Gruppe am Samstag.