Ein halbes Jahr Krieg Sowohl Putin als auch Selenskyj stecken im Dilemma

gbi

24.8.2022

Selenskyj warnt vor «brutalen Angriffen»

Selenskyj warnt vor «brutalen Angriffen»

Rund um den Unabhängigkeitstag am Mittwoch rechnet der ukrainische Präsident mit verstärkten Angriffen Russlands. Die amerikanische Botschaft hat US-Bürger aufgefordert, die Ukraine zu verlassen.

24.08.2022

Eine Pattsituation, aus der weder Moskau noch Kiew so schnell herausfinden: Die Bilanz eines ETH-Strategen ein halbes Jahr nach Kriegsbeginn in der Ukraine fällt ernüchternd aus. 

gbi

24.8.2022

Am 24. Februar sind die russischen Truppen in die Ukraine eingefallen. Dass der Krieg auch sechs Monate später noch andauern würde, das hat auch viele westliche Expert*innen überrascht. So räumt Marcel Berni, Strategie-Experte der ETH Zürich, im Interview mit Blick TV ein, dass auch er zu Beginn einen ganz anderen Kriegsverlauf erwartet habe. Sprich: ein rascheres Vorankommen der russischen Invasoren.

Insbesondere zwei Dinge hätten ihn überrascht, sagt Berni: «Dass die Russen ihre Lufthoheit nicht ausspielen konnten, und dass sie keine grosse Cyber-Kampagne gegen die Ukraine lanciert haben.»

Der Krieg habe sich mittlerweile in einen Stellungskrieg gewandelt. Und auf ein rasches Ende deutet nichts hin: «Es wird jetzt spannend zu sehen, ob einer der beiden Seiten in den nächsten Wochen ein Durchbruch gelingt.» Berni selbst rechnet aber eher damit, dass die Pattsituation noch länger andauern wird.

Sowohl Kreml-Chef Wladimir Putin als auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj steckten in einem «Dilemma», so der Militärexperte. «Beide haben weiterhin das Gefühl, sie könnten mit der militärischen Karte mehr erreichen als mit der diplomatischen. Darum wird nicht verhandelt, sondern weitergekämpft.»

Dass die ukrainischen Truppen sich als so widerstandsfähig erwiesen haben, führt der Experte auf die Waffenlieferungen und die Schulung durch westliche Staaten zurück. In der aktuellen Kriegsphase seien dabei nicht mehr Kurzdistanz-, sondern Langdistanzwaffen von entscheidender Bedeutung – etwa die Himars-Raketenwerfer der USA. Die Aufrechterhaltung der westlichen Unterstützung sei die «Achillesferse» der Ukraine. Wolle Putin einen Erfolg erzielen, müsse er diese Unterstützung kappen. 

Ein halbes Jahr nach Kriegsbeginn schwört Präsident Wolodymyr Selenskyj die Ukrainer*innen auf einen harten Kampf ein.
Ein halbes Jahr nach Kriegsbeginn schwört Präsident Wolodymyr Selenskyj die Ukrainer*innen auf einen harten Kampf ein.
Bild: DPA