Landtagswahlen SPD stärkste Kraft in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern 

dpa/phi

27.9.2021

Mecklenburg-Vorpommerns Landes-Mutter Manuela Schwesig von der SPD wurde gestern von den Wählern bestätigt.
Mecklenburg-Vorpommerns Landes-Mutter Manuela Schwesig von der SPD wurde gestern von den Wählern bestätigt.
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Nicht nur über eine Neubesetzung des Bundestags haben Deutsche gestern abgestimmt, sondern auch über die Länder-Parlamente von Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Siegerin ist die SPD.

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Die SPD hat die Abgeordnetenhauswahl in Berlin gewonnen – und die Hauptstadt bekommt erstmals eine Regierende Bürgermeisterin. Das geht aus dem vorläufigen amtlichen Endergebnis hervor, das die Landeswahlleiterin am Montagmorgen veröffentlichte.

Die Partei mit Spitzenkandidatin Franziska Giffey erreichte 21,4 Prozent und landete damit vor den Grünen, die mit 18,9 Prozent ihr bisher bestes Ergebnis bei einer Berlin-Wahl erzielten. Die CDU erreichte 18,1 Prozent, die Linke kam auf 14,0 Prozent, die AfD erreichte 8,0 Prozent, die FDP 7,2 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 75,7 Prozent.

Für Diskussionen sorgte die Abgeordnetenhauswahl wegen organisatorischer Probleme. Fehlende und vertauschte Stimmzettel und Probleme bei Nachlieferungen hatten zur Folge, dass einige Wähler lange warten mussten und ihre Stimme erst deutlich nach 18 Uhr abgaben. Gezählt wurde bis in die Morgenstunden.

Berlin: «Es gibt ein klares Votum für SPD und Grüne»

Am Sonntagabend schien zunächst für die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch das Amt der Regierungschefin für ihre Partei in Reichweite. Dann aber schob sich im Lauf des Abends in Hochrechnungen die SPD mit Spitzenfrau Giffey nach vorn. Beide Parteien könnten wie bisher weiter miteinander und mit der Linken koalieren.

Wahlsieg: SPD-Frau Franziska Giffey wird Berlins erste Bürgermeisterin werden.
Wahlsieg: SPD-Frau Franziska Giffey wird Berlins erste Bürgermeisterin werden.
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«Wir haben hier ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und Grünen, das heisst, es gibt ein klares Votum für SPD und Grüne, damit müssen wir umgehen», sagte Giffey dem Sender Phoenix. Man werde im Falle des Wahlsieges auch mit allen anderen Parteien sprechen, aber der Wählerwille sei deutlich.

Grünen-Spitzenkandidatin Jarasch sagte demselben Sender, sie wolle an einem «progressiven Regierungsbündnis» mit SPD und Linken festhalten. «Wir haben in dieser rot-rot-grünen Koalition viele Dinge angefangen, die die Leute gut finden», sagte Jarasch. «Deswegen habe ich auch von Anfang an gesagt, dass ich diese progressive Koalition gerne fortsetzen möchte, aber eben unter grüner Führung.»

Denkbare Berliner Koalitionen

Denkbar waren aber auch andere Dreierbündnisse. CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner sagte am Sonntagabend, seine Partei sei angetreten, um Rot-Rot-Grün zu beenden, und die Zahlen könnten das vielleicht auch noch hergeben. Die CDU erreichte aber wieder eines der schlechtesten Ergebnisse der Nachkriegszeit.

FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja bekräftigte die Bereitschaft, mit allen Parteien bis auf Linke und AfD zu sprechen. Deren Frontfrau Kristin Brinker betonte, im Wahlkampf hätten viele Bürger Interesse an den AfD-Themen gezeigt.

In der Hauptstadt war der Sonntag ein Superwahltag. Die Berliner konnten neben dem Abgeordnetenhaus auch den neuen Bundestag und zwölf neue Bezirksparlamente wählen. Topthemen im Wahlkampf waren Mieten und Wohnen, Verkehr, Klimaschutz, Bildung und Corona. Bei einem angenommenen Volksentscheid ging es zudem darum, ob grosse Wohnungskonzerne enteignet werden sollen.

Mecklenburg-Vorpommern: Schwesig hat die freie Wahl

Nach ihrem sehr deutlichen Sieg bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern wird die bisherige und zukünftige Ministerpräsidentin Manuela Schwesig heute in Berlin erwartet.

Nach der traditionellen Blumenübergabe im Willy-Brandt-Haus um 9 Uhr tagen erst das SPD-Präsidium und anschliessend der SPD-Bundesvorstand. Am frühen Abend kommt dann der SPD-Landesvorstand in Güstrow zusammen. Dort soll über das weitere Vorgehen im Nordosten beraten werden, etwa mit wem und wann sondiert werden soll.

Manuela Schwesig (mit ihren Kindern Julian und Julia sowie Ehemann Stefan gestern bei der Wahlparty der SPD im Brinkamas.
Manuela Schwesig (mit ihren Kindern Julian und Julia sowie Ehemann Stefan gestern bei der Wahlparty der SPD im Brinkamas.
KEYSTONE

Möglichkeiten hat Schwesig mehrere: Die 47-Jährige kann mit der von den Wählerinnen und Wählern heftig abgestraften CDU weiterregieren oder aber mit den ebenfalls gerupften Linken koalieren. Durch den Wiedereinzug von FDP und Grünen in den Schweriner Landtag ist auch eine sogenannte Ampel-Koalition möglich.

Am Wahlabend wollte sich Schwesig nicht festlegen. Vor der Wahl hatte sie stets betont, dass die neue Regierung auf einer soliden Mehrheit fussen solle. Auch der CDU-Landesvorstand will sich am Montag treffen. Bei dieser Sitzung dürfte es jedoch vor allem um die Frage gehen, was die Gründe für das Wahldebakel waren.

Philipp Amthor als neuer Landeschef der CDU?

Im Mittelpunkt wird dabei auch die Rolle von Parteichef und Spitzenkandidat Michael Sack stehen, dessen politische Zukunft auf dem Spiel steht. Der 48-Jährige Landrat aus dem Landkreis Vorpommern-Greifswald hatte den Parteivorsitz erst vor gut einem Jahr übernommen, allerdings nicht für Aufbruchstimmung sorgen können.

Viele, vor allem jüngere Parteimitglieder wollten schon im Sommer 2020 den heute 28-jährigen bisherigen Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor als Parteichef. Doch der redegewandte CDU-Jungstar hatte wegen einer Lobbyismus-Affäre und auf Druck der alten Führungsriege einen Rückzieher gemacht.

Skandalumwoben: CDU-Mann Philipp Amthor hatte gestern bei der Wahlparty der CDU in der Orangerie im Schweriner Schloss nichts zu lachen. 
Skandalumwoben: CDU-Mann Philipp Amthor hatte gestern bei der Wahlparty der CDU in der Orangerie im Schweriner Schloss nichts zu lachen. 
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Ob nun seine Stunde schlägt ist fraglich, konnte er doch das erhoffte Direktmandat bei der Bundestagswahl bei weitem nicht für sich gewinnen. Er landete in seinem Wahlkreis hinter SPD und AfD. Neben SPD und CDU wollen sich auch die Vertreter aller weiteren Parteien, die künftig im Landesparlament vertreten sind, in einer Sonder-Landespressekonferenz den Fragen der Journalisten stellen.

Das Wahlergebnis in Mecklenburg Vorpommern

Nach Auszählung aller 2003 Wahlbezirke in Mecklenburg-Vorpommern erhielt die SPD 39,6 Prozent der Stimmen, wie am Montagmorgen auf der Homepage der Landeswahlleitung zu sehen war. Es ist das zweitbeste SPD-Ergebnis in Mecklenburg-Vorpommern überhaupt.

Der bisherige Koalitionspartner CDU fuhr mit 13,3 Prozent sein historisch schlechtestes Ergebnis im Bundesland ein und landete erneut hinter der AfD, die auf 16,7 Prozent kam.

Für die Linken stimmten 9,9 Prozent der Wähler, ihr schlechtestes Ergebnis im Nordosten überhaupt. Sowohl die FDP als auch die Grünen schafften mit 5,8 und 6,3 Prozent den Wiedereinzug in den Schweriner Landtag. Die Wahlbeteiligung lag bei 70,8 Prozent - nach knapp 62 Prozent im Jahr 2016.