Russland Suche nach Toten in Dnipro – Polen macht wegen Waffen Druck in Berlin

SDA

16.1.2023 - 16:10

HANDOUT - Nach dem russischen Raketenangriff auf das Wohnhaus in Dnipro bergen Feuerwehrleute des ukrainischen Katastrophenschutzes Überlebende aus den Trümmern. Noch immer werden Menschen vermisst. Foto: Pavel Petrov/State Emergency Service of Ukraine/AP/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits
HANDOUT - Nach dem russischen Raketenangriff auf das Wohnhaus in Dnipro bergen Feuerwehrleute des ukrainischen Katastrophenschutzes Überlebende aus den Trümmern. Noch immer werden Menschen vermisst. Foto: Pavel Petrov/State Emergency Service of Ukraine/AP/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits
Keystone

Nach einem verheerenden russischen Raketentreffer in der ukrainischen Grossstadt Dnipro mit Dutzenden Toten haben Rettungskräfte im Frost weiter die Trümmer eines Hochhauses durchkämmt. Die Zahl der gefundenen Toten stieg am Montag auf 40, unter ihnen drei Kinder.

Das teilten ukrainische Behörden mit. Zuvor hatte der Militärgouverneur des Gebiets Dnipropetrowsk, Walentyn Resnitschenko, von 35 Toten gesprochen. In der Nacht seien weitere Leichen aus den Trümmern geborgen worden. Noch immer würden Dutzende Menschen vermisst. Ein Teil des neunstöckigen Hauses war am Samstag nach dem Einschlag einer Rakete eingestürzt.

Während in Berlin über die Nachfolge für die bisherige Verteidigungsministerin Christine Lambrecht gerätselt wurde, mahnte Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki bei einem Besuch in Berlin mehr deutsche Waffen für die Ukraine an. Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock sprach sich bei einem Besuch des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag dafür aus, den russischen Präsident Wladimir Putin wegen des Angriffskriegs vor ein Sondertribunal zu stellen.

75 Verletzte in getroffenem Wohnblock

Die Angriffswelle russischer Raketen vom Samstag hatte in der zentralukrainischen Stadt Dnipro schlimme Folgen. Weil Frost herrschte, wurden in den Ruinen des eingestürzten Wohnblocks kaum noch Überlebende vermutet. «Die Suche nach den Menschen unter den Trümmern geht weiter», sagte Militärgouverneur Resnitschenko aber. Er gab die Zahl der Verletzten mit 75 an, unter ihnen 14 Kinder. Demnach überlebten mehr als 100 Menschen den Einsturz des Hauses.

Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte am Sonntag, dass weiter um jedes Menschenleben gekämpft werde. «Und die Rettungsarbeiten werden so lange andauern, wie auch nur die geringste Chance besteht, ein Leben zu retten.» Der Angriff zeige aus Sicht der EU die russische Barbarei und Brutalität, sagte der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell in Brüssel.

Kreml weist Schuld zurück

Der Kreml wies jede Schuld an den vielen Toten zurück. «Russlands Streitkräfte greifen keine Wohngebäude oder Objekte der sozialen Infrastruktur an», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der russischen Nachrichtenagentur zufolge. Kiewer Vertreter hätten selbst gesagt, dass die Tragödie durch die ukrainische Luftabwehr verursacht worden sei, sagte Peskow.

Der ukrainische Präsidentenberater Olexij Arestowytsch hatte gesagt, womöglich sei die russische Rakete abgeschossen worden und auf das Haus gestürzt. Dies sei aber nur eine mögliche Erklärung, stellte er klar. Die ukrainische Luftwaffe erklärte, dass sie nicht in der Lage sei, den verwendeten Raketentyp abzufangen. Ungeachtet der Beteuerungen aus Moskau haben russische Geschosse in dem seit fast elf Monaten andauernden Angriffskrieg schon viele Zivilisten getötet.

Morawiecki will Freigabe für Panzer Leopard 2

Der polnische Ministerpräsident Morawiecki forderte in Berlin deutsche Unterstützung für weitere Waffenlieferungen an die Ukraine. «Eine Niederlage der Ukraine könnte das Vorspiel für einen dritten Weltkrieg sein», sagte er bei einer Veranstaltung der Unionsfraktion. Es gebe deswegen keinen Grund, Hilfe für Kiew zu blockieren.

Vor der Reise hatte er angekündigt, Gespräche über die Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard 2 führen zu wollen. Polen und mehrere andere EU-Länder sind bereit, der Ukraine mit den Panzern aus deutscher Produktion zu helfen. Allerdings sperrt sich Berlin bislang, selber Leopard 2 zu schicken oder anderen Ländern die Lieferung zu ermöglichen. Morawiecki sagte, er könne sich nicht vorstellen, dass die Zustimmung Berlins nicht schnell erteilt werde.

Der Kreml kritisierte unterdessen die Ankündigung Grossbritanniens, der Ukraine 14 Kampfpanzer vom Typ Challenger 2 zu geben. «Wir nehmen das sehr negativ auf», sagte Sprecher Peskow. Moskau behauptet immer wieder, dass westliche Waffenlieferungen das Leiden in der Ukraine nur in die Länge ziehen. Die Ukraine sieht dagegen in ausländischer Militärhilfe die einzige Chance, ihre Souveränität gegen die russischen Invasoren zu verteidigen.

Baerbock will Sondertribunal gegen Putin

Aussenministerin Baerbock will die russische Führungsriege mit einem internationalen Sondergericht für den Angriffskrieg in der Ukraine zur Rechenschaft ziehen. Das Gericht ausserhalb der Ukraine solle seine Rechtsprechung aus dem ukrainischen Strafrecht ableiten, machte die Grünen-Politikerin in einer Grundsatzrede an der Haager Akademie für Völkerrecht deutlich. Das Tribunal soll gegen die russische Führung ermitteln und sie vor Gericht stellen können. Schon vor einem möglichen Prozess soll die Drohung mit einem Sondertribunal russische Politiker und Militärs abschrecken, in der Ukraine weitere Verbrechen zu begehen.

Neue Milliardenhilfe für Kiew aus Brüssel

Die Ukraine erhält an diesem Dienstag einen neuen EU-Hilfskredit über drei Milliarden Euro. Wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mitteilte, ist er Teil eines insgesamt 18 Milliarden Euro umfassenden Darlehensprogramms. Es war im Dezember von den EU-Mitgliedstaaten für dieses Jahr vereinbart worden. Der Ukraine bei der Bewältigung ihres Finanzierungsbedarfs zu helfen, sei angesichts der russischen Aggression unerlässlich und dringend, kommentierte von der Leyen. Mit den neuen Finanzhilfen will die EU es dem ukrainischen Staat ermöglichen, weiter Löhne und Renten zahlen zu können.