Zahlreiche Bewohner fliehenHunderte Erdbeben in Santorini – das Schlimmste steht wohl noch bevor
Lea Oetiker
4.2.2025
«Ich fühle mich wie ein Flüchtling im eigenen Land», klagte eine Frau auf der Fähre.
Socrates Baltagiannis/dpa
Eine anhaltende Serie von Erdstössen auf der griechischen Insel Santorini löst eine Massenflucht aus. Mehr als ein Drittel der Einwohner hat die Insel bereits verlassen. Experten warnen vor einem möglichen Hauptbeben.
Auf der griechischen Ferieninsel Santorini haben mehr als ein Drittel der 16'000 Einwohner die Insel verlassen, nachdem seit Sonntag über 200 Erdstösse registriert wurden.
Seismologen warnen vor einem möglichen Hauptbeben mit einer Stärke zwischen 5,5 und 6, schliessen aber auch ein Beben der Stärke 7 nicht aus, was massive Schäden verursachen könnte.
Die Evakuierung läuft auf Hochtouren. Sonderflüge werden eingesetzt.
Immer mehr Menschen verlassen die griechische Ferieninsel Santorini. Grund dafür: Neue Erdstösse haben die Angst vor einem grossen Erdbeben verstärkt.
Allein von den rund 16’000 Einwohnerinnen und Einwohnern Santorinis soll mehr als ein Drittel nach Athen und zu anderen Festlandsorten geflohen sein, berichten griechische Medien. Unter den Passagieren auf den grossen Fähren sind vor allem Frauen und Kinder.
In der Nacht auf Dienstag wurden erneut zahlreiche Erdstösse gemessen. Der stärkste erreichte eine Stärke von 4,9.
Mehr als 200 Erdstösse seit Sonntag
Seit Sonntag wurden mehr als 200 Erdstösse registriert. In der Nacht auf Dienstag wurden erneut zahlreiche Erdstösse gemessen. Der stärkste erreichte eine Stärke von 4,9.
Der Ansturm auf die Fähr- und Flugtickets auf Santorini war und bleibt gross.
Socrates Baltagiannis/dpa
Dieses habe sein Zentrum rund 30 Kilometer vor Santorini im Ägäischen Meer gehabt, erklärte das Geodynamische Beobachtungsinstitut in Athen. Gut drei Stunden später gab es in der gleichen Region ein Beben der Stärke 4,7, weitere leichtere Beben folgten.
Auch in den kommenden Tagen ist laut Experten mit weiteren Erschütterungen zu rechnen.
«Es ist das erste Mal, dass so etwas passiert»
Wie lange die seismische Aktivität anhalten wird, sei aber unklar. «Es ist das erste Mal, dass so etwas passiert», sagte Athanassios Ganas vom Geodynamischen Beobachtungsinstitut im Fernsehen. Es habe innerhalb von 72 Stunden mehr als 40 Beben der Stärke 4,0 oder höher gegeben. «Wir haben so etwas bisher nicht erlebt.»
Griechische Seismologen rechnen damit, dass das Hauptbeben noch bevorsteht. Erst anschliessend könne gesagt werden, ob sich die aufgestaute seismische Energie in der Region entladen habe. Die Stärke solch eines Bebens könnte bei 5,5 bis 6 liegen.
Läden geschlossen, Strassen fast menschenleer: Santorini in Angst.
Petros Giannakouris/AP/dpa-tmn
In diesem Bereich sind die Gefahren weiterhin verhältnismässig gering; gefährdet seien dann vor allem schlecht gebaute Häuser, heisst es. Allerdings kann niemand mit Sicherheit sagen, ob ein Hauptbeben auch die Stärke 7 erreichen könnte, dann wäre mit massiven Schäden zu rechnen.
Die Experten können keine Entwarnung geben, zumal die Erdstösse in der Stärke tendenziell ansteigen. Auch vor Tsunamis warnen sie. Die Vorkehrungen beim Katastrophenschutz laufen auf Hochtouren.
Tausende Menschen auf der Flucht
Aus Angst verliessen bis Dienstag rund 6000 Menschen die Insel im Ägäischen Meer. 4640 Menschen brachen von Sonntag bis Dienstagmorgen an Board von vieren Fähren Richtung Festland auf, wie die AFP berichtet.
Die Fluglinie Aegean Airlines transportierte nach eigenen Angaben am Montag mit neun Flügen 1294 Passagiere von Santorini ab. Fünf der Flüge seien Sonderflüge gewesen. Für Dienstag setzte die Airline acht Flüge «mit einer Kapazität von mehr als 1400 Plätzen» an. Zudem sollten zwei Fähren die Insel verlassen.
«Ich habe seit Tagen nicht geschlafen, die Kinder und die Frauen weinen, es bebt alle fünf Minuten», wird ein Inselbewohner am Dienstag von der Deutschen Presse-Agentur zitiert.
Der Tourismus, der jedes Jahr mehr als drei Millionen Besucher auf die Insel führt, läuft zu dieser Jahreszeit auf Sparflamme, so dass fast nur Einheimische vor Ort sind.
Erinnerungen an 1956
Santorini liegt auf einem schlafenden Vulkan, der zuletzt 1956 ausgebrochen war. Damals hatten zwei Beben der Stärke 7,7 und 7,2 sowie die darauffolgenden Tsunamis in der Region Dutzende Opfer gefordert und schwere Schäden verursacht.
Ein Expertenkomitee erklärte allerdings am Montag, dass das aktuelle Phänomen «nicht in Zusammenhang mit vulkanischer Aktivität» stehe.