Nach jahrelangen Spannungen gehen China und Japan wieder aufeinander zu. Mit seinem ersten bilateralen Besuch in Peking will der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe "eine neue Ära" in den schwierigen Beziehungen zu dem grossen Nachbarn einleiten.
"Da Probleme aufgetaucht sind, die ein Land nicht alleine lösen kann, ist es an der Zeit, dass Japan und China gemeinsam zum Frieden und Wohlstand in der Welt beitragen", sagte Abe am Donnerstag nach Angaben der Nachrichtenagentur Kyodo in einer Rede in Peking.
"Heute spielen Japan und China eine wesentliche Rolle für wirtschaftliches Wachstum nicht nur in Asien, sondern auch in der Welt", sagte der Premier bei einem Empfang mit Chinas Regierungschef Li Keqiang. Anlass war der 40. Jahrestag des Freundschaftsabkommens, das 1978 die Beziehungen nach der Kriegsfeindschaft normalisiert hatte.
Auch China hofft, dass beide Länder als Partner "einen neuen Entwurf für das künftige Wachstum unserer bilateralen Beziehungen zeichnen", wie die Aussenamtssprecherin Hua Chunying sagte.
Streit um Inseln
Es ist der erste Besuch eines japanischen Ministerpräsidenten in China seit 2011. Japans Premier und Chinas Präsident Xi Jinping haben sich zwar wiederholt am Rande internationaler Gipfel gesehen, doch war Abe seit seinem Amtsantritt 2012 noch nie zu einem bilateralen Besuch in Peking.
Das Verhältnis war wegen des rechtskonservativen Kurses von Abe und Japans Vergangenheit als Aggressor im Zweiten Weltkrieg frostig. Schwere Spannungen gab es zudem 2012, als sich der Territorialstreit um Inseln im Ostchinesischen Meer verschärfte.
Der Handelskrieg der USA mit China und der Druck von US-Präsident Donald Trump auch auf Japan, mehr aus den USA zu importieren, lässt die zweit- und die drittgrösste Volkswirtschaft aber wieder näher zusammenrücken.
"Die Beziehungen zwischen den USA und China erleben gerade grosse Probleme, besonders im Handel", sagte Zhou Weihong, Japan-Experte an der Pekinger Fremdsprachen-Universität. Auch Japan sei betroffen. Beide litten unter den Schwierigkeiten durch den Unilateralismus der "Amerika-Zuerst"-Politik von Trump.
Lob in Staatsmedien
Als Zeichen für die Annäherung begrüssten Chinas Staatsmedien den Besuch des japanischen Premiers mit wohlwollenden Kommentaren. "Es ist ein Meilenstein, der signalisiert, dass die Beziehungen zwischen China und Japan auf den richtigen Weg zurückkehren", schrieb die Zeitung "Global Times", die das Parteiorgan "Volkszeitung" herausgibt und früher häufig scharfe Kritik an Japan geäussert hatte. Am Freitag wird Abe von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping empfangen.
Bei einem vorausgegangenen Besuch von Chinas Premier Li Keqiang im Mai in Tokio hatten sich beide Seiten auf eine Zusammenarbeit bei Infrastrukturprojekten in Drittländern verständigt.
China - so vermuten japanische Experten - könnte versuchen, den Eindruck zu wecken, dass diese gemeinsamen Projekte ein Beleg dafür seien, dass sich Tokio jetzt an Chinas Initiative für eine "neue Seidenstrasse" beteilige oder sie zumindest befürworte.
Seidenstrasse als heikles Thema
Für Abe ist das eine schwierige Gratwanderung. Zum einen erhofft sich Japans Wirtschaft von einer Kooperation Chancen für heimische Firmen. Zum anderen muss Abe Rücksicht auf seine konservativen Unterstützer nehmen, unter denen es viele China-Gegner gibt.
Eine japanische Beteiligung an dem geostrategischen "Seidenstrassen"-Vorhaben Chinas könnte auch die Schutzmacht USA irritieren.
Mit der "Neuen Seidenstrasse" - einem gewaltigen Infrastrukturprojekt, das Peking vor fünf Jahren begonnen hat - sollen neue Wirtschaftskorridore von China nach Südostasien, Europa und Afrika entstehen.
Wegen mangelnder Transparenz, dem Einsatz von vornehmlich chinesischen Firmen, einer befürchteten hohen Verschuldung durch Kredite an die Empfängerländer und damit verbundener politischer Bedingungen Pekings ist das Vorhaben aber umstritten.
Als weiteres Zeichen für das Tauwetter wurde erwartet, dass sich Abe und Xi für den Fall von Finanzkrisen wieder auf einen erweiterten Währungsswap über rund 27 Milliarden Dollar einigen. Ein solches Tauschgeschäft war 2002 begonnen, aber angesichts der Spannungen 2013 nicht mehr verlängert worden.
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