Vom Laufsteg ins MachtzentrumSie wird zur gefährlichsten Frau in Trumps US-Justiz
Sven Ziegler
10.10.2025
Lindsey Halligan macht für Trump jetzt Jagd auf seine Gegner.
KEYSTONE
Einst Schönheitskönigin, dann Trumps Privatjuristin – und heute eine der mächtigsten Frauen im US-Justizsystem. Lindsey Halligan steht im Zentrum mehrerer brisanter Verfahren gegen die Gegner des Präsidenten – und gerät selbst zunehmend unter Druck.
Sie war Trumps Anwältin, Reality-erprobt und medienaffin – nun steht Lindsey Halligan im Fokus der amerikanischen Justizpolitik. Die 36-jährige Juristin aus Florida, einst Kandidatin bei Miss Colorado USA, wurde im Spätsommer 2025 von Präsident Donald Trump zur obersten Staatsanwältin des Eastern District of Virginia ernannt. Und das ohne jede Erfahrung als Strafverfolgerin.
Wie die New York Times schreibt, hatte Halligan zuvor vor allem Versicherungsfälle in Florida bearbeitet und in nur wenigen Bundesverfahren mitgewirkt – alle als Anwältin Trumps. Trotzdem setzte Trump sie ohne Senatsbestätigung ein, um «die Dinge ins Rollen zu bringen», wie er in einem Social-Media-Post schrieb.
Halligan übernahm damit eine der wichtigsten Staatsanwaltschaften des Landes, zuständig für nationale Sicherheitsfälle und Korruption. Nur vier Tage nach ihrem Amtsantritt erhob sie Anklage gegen den früheren FBI-Direktor James Comey – ein Mann, der Trump seit Jahren als politischer Gegner gilt.
Halligan war zuvor als loyale Trump-Vertraute aufgefallen. 2022 verteidigte sie ihn öffentlich nach der FBI-Durchsuchung von Mar-a-Lago: «Was das FBI tat, war ein schockierender Machtmissbrauch», sagte sie damals bei Fox News.
Comey muss im Januar vor Gericht
Wie die Washington Post schreibt, widersetzten sich erfahrene Bundesanwälte der Anklage gegen Comey. Halligan setzte sie trotzdem durch – ein Schritt, den CNN-Analystin Katelyn Polantz als «riskant und politisch heikel» bezeichnete.
Comey, der im Januar vor Gericht steht, versucht nun, die Anklage zu kippen, indem er Halligans Ernennung als unrechtmässig anfechtet. Seine Verteidigung beruft sich dabei auf ein Gesetz, das Interimsstaatsanwälte auf 120 Tage beschränkt. Diese Frist sei längst überschritten, zudem habe Halligan nie eine Bestätigung des Senats erhalten.
«Niemand steht über dem Gesetz»
Lindsey Halligan
Staatsanwältin
Ihre Berufung erfolgte, nachdem Trumps vorheriger Bezirksstaatsanwalt Erik Siebert zurückgetreten war. Siebert hatte sich geweigert, Anklagen gegen Trumps politische Rivalen zu erheben – etwa gegen die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James, die Trump in einem Betrugsprozess schwer belastet hatte.
Wenige Wochen später präsentierte Halligan auch in diesem Fall eine Anklage. James wird Bankbetrug vorgeworfen – ein Vorwurf, den sie als «völlig haltlos und politisch motiviert» zurückwies.
«Niemand steht über dem Gesetz», sagte Halligan nach der Anklage. Beobachter sahen darin jedoch weniger juristischen Eifer als vielmehr Loyalität gegenüber dem Präsidenten.
Werfen Gerichte die Anklage über Bord?
Halligans Ernennung sorgt inzwischen auch juristisch für Unruhe. Zwei US-Gerichte hatten in ähnlichen Fällen bereits entschieden, dass Trumps «interimistische» Staatsanwälte ohne Senatsbestätigung unrechtmässig im Amt waren. Sollte das Gericht in Virginia ähnlich urteilen, könnte die Anklage gegen Comey hinfällig sein.
Rechtsexperten wie die Juristin Nina Mendelson von der Universität Michigan verweisen darauf, dass «das Gesetz keine aufeinanderfolgenden Interimsberufungen durch den Justizminister erlaubt».
Seit ihrer Ernennung ist Lindsey Halligan zu einer der bekanntesten, aber auch umstrittensten Figuren der Trump-Regierung geworden. Ihre steile Karriere – von der Versicherungsanwältin zur obersten Strafverfolgerin – steht sinnbildlich für Trumps neuen Regierungsstil: Loyalität vor Erfahrung.