Den Fakten zum Trotz Trump nutzt deutschen Asylstreit für seine Zwecke

dpa

18.6.2018

Innen- und Aussenpolitik zu vermischen, ist gegen die Etikette der internationalen Diplomatie. Donald Trump tut es dennoch. Um seine umstrittene Ausländerpolitik zu rechtfertigen, führt er Deutschland als Negativbeispiel an - und macht dabei Fehler.

US-Präsident Donald Trump hat die Regierungskrise in Deutschland zur Rechtfertigung seiner in den USA höchst umstrittenen Migrationspolitik herangezogen. «Die Menschen in Deutschland wenden sich gegen ihre Führung, weil das Migrationsthema die ohnehin schon schwächelnde Koalition durchschüttelt», schrieb Trump in Bezug auf den unionsinternen Streit zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer.

Die Kriminalität in Deutschland sei deutlich gestiegen, behauptete Trump. Diese Behauptung ist allerdings nachweislich falsch. Die Zahl der Straftaten in Deutschland sank 2017 nach der polizeilichen Kriminalstatistik auf das niedrigste Niveau seit 25 Jahren.

«Es war ein grosser Fehler in ganz Europa, Millionen von Menschen hereinzulassen, die die Kultur so stark und gewaltsam verändert haben», fügte Trump hinzu. «Wir wollen nicht, dass das, was mit der Immigration in Europa passiert ist, uns auch passiert», fuhr der US-Präsident fort.

Donald Trump nimmt den Asylstreit in Deutschland als Rechtfertigung für seine Ausländerpolitik her.
Donald Trump nimmt den Asylstreit in Deutschland als Rechtfertigung für seine Ausländerpolitik her.
Keystone

Familientrennungen an der US-Grenze

Trump steht derzeit wegen seiner Null-Toleranz-Politik gegen Migranten unter Druck, die über die Südgrenze aus Mexiko in die USA einreisen. Am Freitag war bekannt geworden, dass die US-Behörden fast 2000 Kinder von ihren Eltern getrennt haben. Die Eltern wurden als illegale Einwanderer inhaftiert, ihre Kinder kamen in Aufnahmelager oder zu Pflegefamilien.

Die deutsche Politik reagierte ablehnend auf Trumps in Teilen sachlich falsche Kritik. Nordrhein-Westfalens Regierungschef Armin Laschet (CDU) erklärte auf Twitter sarkastisch: «Jetzt erklärt uns auch noch der amerikanische Präsident den 63-Punkte-Plan, der uns noch gar nicht vorliegt.» SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil empfahl Trump, in Urlaub zu gehen.

Trump sucht einen Sündenbock

Trump selbst weist den oppositionellen Demokraten die Schuld für die von ihm selbst und seinem Justizminister Jeff Sessions eingeführte Praxis zu. Sie würden ein besseres Einwanderungsgesetz im Kongress blockieren. Mehrere Gruppen von republikanischen Abgeordneten wollen noch in dieser Woche Alternativ-Gesetze einbringen. Allerdings schreibt auch die bisherige Gesetzgebung der Regierung nicht vor, Kinder von ihren Eltern zu trennen.

Trump argumentierte am Montag, die Kinder würden von kriminellen Schleppern benutzt. Südlich der US-Grenze herrschten kriminelle Machenschaften in grossem Stil, einige der Länder südlich der USA zählten zu den gefährlichsten der Welt, erklärte Trump. «In den USA wird das nicht passieren», schrieb Trump. Auch US-Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen rechtfertige die Null-Toleranz-Politik. Sie sehe keinen Anlass zu einer Entschuldigung.

Die in der vergangenen Woche bekannt gewordenen Zahlen zur Familientrennung hatten auch in den USA grosse Entrüstung ausgelöst. Unter anderem hatte sich Trumps Ehefrau und First Lady Melania gegen die Praxis gewandt. «Wir müssen uns in den USA an alle Gesetze halten, aber wir müssen auch mit Herz regieren», liess sie über ihr Büro verbreiten. Auch das Simon-Wiesenthal-Zentrum kritisierte das Vorgehen der USA. «Es ist keine Frage von einigen Tagen oder Wochen, sondern es könnte sich um Jahre handeln», schrieb das Zentrum. «Dies ist unhaltbar. Letztlich muss das kaputte Immigrationssystem repariert werden.»

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