US-Präsidentschaftswahl Fernduell ums Weisse Haus – Moderatorin nimmt Trump in die Zange

dpa/tjb

16.10.2020

US-Präsident Trump stellte sich im Fernsehsender NBC einer Fragestunde mit Wählenden – und wagte sich dabei erneut nahe ans Publikum – ohne Maske.
US-Präsident Trump stellte sich im Fernsehsender NBC einer Fragestunde mit Wählenden – und wagte sich dabei erneut nahe ans Publikum – ohne Maske.
Source: Evan Vucci/AP/dpa

Ein Fernsehabend als Sinnbild für den Wahlkampf: Statt sich gemeinsam den Fragen der Wähler zu stellen, treten Donald Trump und Joe Biden bei konkurrierenden Veranstaltungen auf. 

Nach der Absage ihres TV-Duells haben sich US-Präsident Donald Trump und sein Herausforderer Joe Biden zeitgleich in zwei Fernsehsendern bei sogenannten Town Hall Meetings, also Bürgerversammlungen, Fragen von Wählenden gestellt. Jene von Biden war schon seit einigen Tagen angekündigt, jene von Trump kam erst kürzlich hinzu – undenkbar offenbar für den Präsidenten, dass sein Konkurrent die ungeteilte Aufmerksamkeit erhält.

Knapp drei Wochen vor der Wahl am 3. November mussten die Amerikaner am Donnerstagabend entscheiden, ob sie Trump im Sender NBC oder Biden im Sender ABC verfolgen. Beide traten in Swing States auf, also in umkämpften Bundesstaaten, die bei der Präsidentenwahl am 3. November entscheidend sein könnten: Der Republikaner Trump in Miami im Bundesstaat Florida, der Demokrat Biden gut 1'600 Kilometer entfernt in Philadelphia im Bundesstaat Pennsylvania.

Hartnäckige Fragen

Moderatorin Savannah Guthrie nahm Trump in die Zange, der reagierte darauf mitunter gereizt. «Lassen Sie uns die ganze Show vergeuden», sagte Trump, als ihn Guthrie auf die Verschwörungstheoretiker von QAnon anspricht, die auch unter seinen Republikanern Unterstützer haben. «Es ist diese Theorie, dass die Demokraten ein satanischer Pädophilenring sind und dass Sie der Retter davor sind», sagte Guthrie.

Ob Trump sich davon «ein für alle Mal» distanziere? «Ich weiss nichts über QAnon», antwortete Trump genervt. «Lassen Sie mich Ihnen nur sagen, was ich darüber höre, ist, dass sie sehr entschieden gegen Pädophilie sind, und dem stimme ich zu.»

Biden räumt Fehler ein

Im weitgehend leeren Auditorium in Philadelphia beantwortete Biden in aller Ruhe die Fragen der Wähler – es ging um den Kampf gegen die Corona-Pandemie, die umstrittene Polizeiarbeit, die Ungleichheit in der amerikanischen Gesellschaft. Die Wähler konfrontierten ihn auch mit Themen, die ungemütlich für Biden sind: Zum Beispiel mit einem Gesetz zur Kriminalitätsbekämpfung aus den 1990er Jahren, das Biden unterstützte, und was viele für die Diskriminierung von Minderheiten verantwortlich machen.

Joe Biden stellte sich ebenfalls Wählerfragen – blieb dabei aber deutlich auf Abstand zu den wenigen Anwesenden.
Joe Biden stellte sich ebenfalls Wählerfragen – blieb dabei aber deutlich auf Abstand zu den wenigen Anwesenden.
Source: Heidi Gutman/Walt Disney Television/Getty

Biden räumte ein, es sei ein Fehler gewesen, das Gesetz zu unterstützen. Zudem sagte er auf Drängen des Moderators zu, vor der Wahl klarzustellen, was er von einer Ausweitung der Richterposten am Supreme Court hält. Am Ende vieler seiner teils langen Antworten sagte Biden in Richtung der Wähler, er hoffe, die Frage beantwortet zu haben.

Trump bestätigt Bericht über seine Schulden

Anders als bei Wahlkampfauftritten vor Anhängern musste Präsident Trump sich kritische Fragen gefallen lassen – etwa zu seinen finanziellen Verhältnissen. Seine Schulden beliefen sich nur auf «einen winzigen Prozentsatz meines Nettovermögens», sagte Trump. Die von der «New York Times» kürzlich berichtete persönliche Schuldenhöhe von 421 Millionen Dollar schien er in etwa zu bestätigen.

Der Präsident wollte sich zunächst zwar auf Nachfrage der Moderatorin nicht festlegen, sprach dann aber selber von «400 Millionen Dollar». Wie schon seit Jahren versprach er, er werde seine Steuererklärungen veröffentlichen, sobald eine Buchprüfung der Steuerbehörde IRS abgeschlossen sei.

Zur Pandemie äusserte sich der erst kürzlich an Covid-19 erkrankte Präsident einmal mehr widersprüchlich. «Ich sage, tragt die Masken. Ich habe kein Problem damit», betonte er. Trump wiederholte aber auch seine falsche Aussage, dass sich nach Angaben der Gesundheitsbehörde CDC 85 Prozent der Menschen, die eine Maske tragen, mit dem Virus infizierten. Richtig ist, dass bei einer CDC-Untersuchung 85 Prozent einer Gruppe von Infizierten angaben, sie hätten in den 14 Tagen zuvor oft oder immer eine Maske getragen.

Biden fordert Trump zu Corona-Test auf

«Er hat enorme Gelegenheiten verpasst und sagte immer wieder Dinge, die nicht wahr waren», warf Biden dem Republikaner mit Blick auf dessen Umgang mit der Corona-Pandemie vor. «Wenn ein Präsident keine Maske trägt oder sich über Leute wie mich (...) lustig macht, dann sagen die Leute: ‹Es wird schon nicht so wichtig sein›», sagte Biden. «Ich denke, es ist wichtig, was wir sagen.»

Mit Blick auf die für kommenden Donnerstag geplante Debatte zwischen den beiden Kandidaten machte Biden klar, dass er von Trump erwarte, sich wieder testen zu lassen. Der Anstand gebiete das einfach, sagte Biden. Es gehe ihm dabei nicht um ihn selbst, sondern um andere Menschen, die man gefährden könnte. «Ich denke, er (Trump) wird das machen», sagte er.

Der Präsident wollte sich wieder nicht darauf festlegen, wann er vor seiner Covid-Erkrankung zuletzt negativ getestet worden war. «Ich erinnere mich gar nicht daran», sagte er. Diese Frage ist wichtig, um zu klären, ob Trump womöglich noch an Veranstaltungen teilnahm, obwohl er von einer Infektion wusste. Dass auch das Weisse Haus und Trumps Ärzte Angaben dazu verweigern, gibt diesem Verdacht zusätzlichen Aufwind.

Gereizt reagierte Trump auch, als er nach seiner Haltung zu Rechtsradikalen gefragt wird – er ist unter Druck geraten, weil er sich von ihnen nicht eindeutig distanzieren wollte. «Jetzt geht das wieder los», sagte Trump sichtlich genervt – und behauptete dann, dass er «seit Jahren» Rechtsradikalismus verurteile. Zugleich betonte er aber, er verurteile auch die Antifa und «diese Menschen auf der Linken, die unsere Städte niederbrennen». 

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