«Riviera des Nahen Ostens» Trump beansprucht Gaza für USA – eine Übersicht in fünf Punkten

dpa

5.2.2025 - 04:06

Trump will Gazastreifen räumen – Umsiedlung der Palästinenser geplant

Trump will Gazastreifen räumen – Umsiedlung der Palästinenser geplant

Washington, 26.01.24: Eine Region in Trümmern: Für US-Präsident Donald Trump steht fest, dass der Gazastreifen keine Zukunft mehr hat. Statt auf Wiederaufbau setzt er auf Umsiedlung und schlägt vor, rund anderthalb Millionen Palästinenser sollen in umliegenden arabischen Staaten ein neues Zuhause finden. Trump sieht in diesem Plan die einzige Möglichkeit, den Menschen in der schwer zerstörten Region eine Perspektive zu geben. Erste Gespräche habe er bereits mit König Abdullah von Jordanien geführt, der bereits Millionen Palästinenser beherbert. Auch Ägypten soll laut Trump Teil des Vorhabens werden. Seit Beginn des Gaza-Krieges zwischen der islamistischen Hamas und Israel ist der Küstenstreifen sehr stark zerstört worden.

27.01.2025

In einem früheren Leben war Donald Trump Immobilienunternehmer. Nun ist er US-Präsident und erklärt den im Krieg zerstörten Gazastreifen zu einer Art Hochglanz-Bauprojekt. Er meint das ernst.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Bei einer Pressekonferenz mit Israels Premierminister Benjamin Netanjahu sagt der US-Präsident Donald Trump, die Vereinigten Staaten würden die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen und das Gebiet wirtschaftlich entwickeln.
  • Aus dem Gazastreifen könne so eine «Riviera des Nahen Ostens» werden.
  • Wie der Schritt rechtlich ablaufen soll, beantwortet er zunächst nicht.
  • Den Gazastreifen bezeichnete er nach gut 15 Monaten Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas als «elendes Loch».
  • Die rund zwei Millionen Palästinenser, für die der Gazastreifen ihre Heimat ist, sollen nach Trumps Willen künftig in anderen arabischen Staaten der Region leben.
  • Der Vorstoss ist höchst umstritten.

US-Präsident Donald Trump schockt mit einem neuen Vorstoss zum Nahost-Konflikt. Der 78-Jährige will, dass die Vereinigten Staaten die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen und das vom Krieg zerstörte palästinensische Küstengebiet wirtschaftlich entwickeln.

Das ist passiert

«Die USA werden den Gazastreifen übernehmen», sagte Trump nach einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im Weissen Haus in Washington. «Wir werden ihn besitzen», betonte er – und schloss nicht aus, zur Absicherung dieser Pläne im Zweifel auch US-Truppen dorthin zu schicken. Aus dem Gazastreifen könne so eine «Riviera des Nahen Ostens» werden.

Die rund zwei Millionen Palästinenser, für die der Gazastreifen ihre Heimat ist, sollen nach Trumps Willen künftig in anderen arabischen Staaten der Region leben. Diesen Vorschlag vertritt der Republikaner bereits seit einer Weile und stösst damit auf viel Kritik. Dass er dies nun zu einer Geschäftsidee weiterdreht, dürfte grosse Proteste auslösen. Ebenso wie die Drohung, im Zweifel auch das Militär einzuschalten. Auf die Frage, ob er US-Truppen in den Küstenstreifen entsenden würde, um das Sicherheitsvakuum zu füllen, sagte Trump: «Wenn es notwendig ist, werden wir das tun.»

Die aktuelle Situation in Gaza

Der Gazastreifen ist ein 365 Quadratkilometer grosses Gebiet am Mittelmeer zwischen Israel und Ägypten. Das abgeriegelte Küstengebiet, in dem schon vorher äusserst schwierige Lebensbedingungen für die Zivilbevölkerung herrschten, wurde im Krieg zwischen Israel und der Hamas in ein Trümmerfeld verwandelt. Auslöser des Krieges war ein verheerendes Massaker der Hamas, bei dem am 7. Oktober 2023 rund 1200 Menschen in Israel getötet und mehr als 250 nach Gaza verschleppt wurden. Israels Armee reagierte mit Angriffen auf die Terrorgruppe, die den Gazastreifen in Schutt und Asche legten.

Nach UN-Angaben wurden dort während des Krieges rund zwei Drittel aller Gebäude zerstört oder beschädigt. 90 Prozent der rund 2,1 Millionen Menschen im Gazastreifen wurden zu Binnenflüchtlingen. Nach palästinensischen Angaben, die von den Vereinten Nationen als glaubhaft eingestuft werden, wurden mehr als 47'000 Menschen getötet.

Trumps Visionen

Nun schwärmt der US-Präsident und ehemalige Immobilienunternehmer Trump öffentlich, dass ausgerechnet dieses Gebiet immenses Potenzial für Wirtschafts- und Immobilienentwicklung habe. «Ich denke, das Potenzial des Gazastreifens ist unglaublich», sagte er. Dort könnten künftig Menschen aus aller Welt leben. Das Ganze könne einfach «phänomenal» und «grossartig» werden – und auch «für die Palästinenser wunderbar».

Man werde sich darum kümmern, «alle gefährlichen nicht explodierten Bomben und andere Waffen auf dem Gelände zu beseitigen» und es «einebnen», um es dann wieder aufzubauen, führte Trump aus. Auf diese Weise sollten «eine unbegrenzte Anzahl von Arbeitsplätzen und Wohnraum für die Menschen in diesem Gebiet» geschaffen werden.

Trumps Vorstoss erinnert an eine Äusserung seines Schwiegersohnes Jared Kushner, der das Küstengebiet des Gazastreifens vor einem Jahr als «sehr wertvoll» bezeichnete. Der Ehemann Ivanka Trumps schlug vor, palästinensische Zivilisten vorübergehend umzusiedeln, um dort «aufzuräumen». Kushner war während Trumps erster Amtszeit dessen Nahost-Berater und knüpfte enge Bünde zu wichtigen Akteuren in der Region. Kritiker weisen darauf hin, dass Kushner, der in der Immobilienbranche tätig ist, wirtschaftliche Ambitionen im Nahen Osten hat – und zugleich weiter eine einflussreiche Stimme in Trumps Umfeld ist.

Die Reaktionen

Trump spricht sich schon länger dafür aus, den Gazastreifen komplett zu räumen und die dort lebenden Palästinenser in arabische Länder «umzusiedeln»: etwa nach Ägypten oder Jordanien. Die Umsiedlung von Menschen gegen ihren Willen wird als Zwangsumsiedlung oder Vertreibung bezeichnet.

Jordanien und Ägypten: Die Idee einer Zwangsumsiedlung der Palästinenser sorgte bereits vor der denkwürdigen Pressekonferenz für viel Empörung. Jordanien und Ägypten lehnten den Vorstoss ab, weil sie ihn als Ende der langen Bemühungen um einen Palästinenserstaat betrachten. Die islamistische Hamas, die 2007 die Kontrolle über den Gazastreifen übernommen hatte, warf Trump «Rassismus» vor und einen unverhohlenen Versuch, den Palästinensern ihre unveräusserlichen nationalen Rechte zu verweigern.

Saudi-Arabien: Das Königreich wende sich gegen «jegliche Verletzung der legitimen Rechte des palästinensischen Volkes, sei es durch israelische Siedlungspolitik, Annektierung von Land oder Versuche, das palästinensische Volk von seinem Land zu vertreiben», hiess es in einer Stellungnahme des Aussenministeriums in Riad.

Gaza: Vor allem aber die Menschen im Gazastreifen reagierten wütend auf Trumps Ansinnen, sie von dort zu vertreiben. Abdel Aziz Hana, ein Palästinenser aus Gaza, sagte: «15 Monate lang habe ich die Bombardierungen und Zerstörungen in Gaza-Stadt ertragen.» Er habe Dutzende Verwandte und geliebte Menschen verloren, weil sie den Gazastreifen nicht hätten verlassen dürfen, erzählte der 49-jährige Vater von sieben Kindern, der in einem Zelt neben den Trümmern seines Hauses lebt. «Also wie kann so ein dummer Mann denken, dass wir unser Land verlassen werden?»

Ein anderer Einwohner namens Abu Mahmoud sagte, wenn Trump glaube, dass die Palästinenser ihr Land verliessen, dann habe er Wahnvorstellungen. «Sie müssen uns erst umbringen», sagte er, «weder unsere Füsse noch unsere Herzen werden Gaza verlassen, selbst wenn wir darin getötet werden». Die Wut dieser Männer war schon gross, bevor Trump seine Idee weitertrieb und Gaza öffentlich quasi als Badeort der Zukunft anpries. Nun dürfte sie noch wachsen.

Netanjahu: Unterstützung für seine Gaza-Pläne bekommt Trump vom israelischen Ministerpräsidenten. «Er sieht eine andere Zukunft für dieses Stück Land, das der Ursprung von so viel Terrorismus war», sagte Netanjahu bei dem gemeinsamen Auftritt mit Trump. «Das ist etwas, das die Geschichte verändern könnte.» Netanjahu schwärmte generell über Trumps Abkehr von «konventionellen Denkweisen» und dessen «frische Ideen».

Für Netanjahu, der wegen der Kriegsführung im Gazastreifen international stark in die Kritik geriet, ist Trumps Rückkehr ein Segen. Der Republikaner empfing ihn als ersten ausländischen Gast seit seinem Amtsantritt. Eine solche Einladung direkt zu Beginn der Amtszeit ist eine starke Geste der Unterstützung für den rechten Ministerpräsidenten, der auf nationaler und internationaler Ebene in den vergangenen Monaten sehr in Bedrängnis geraten ist.

USA, Senator Chris Van Hollen: Der demokratische Senator Chris Van Hollen wertet den Plan von US-Präsident Donald Trump, den Gazastreifen unter Kontrolle der USA zu bringen und die dort lebenden Menschen zwangsweise umzusiedeln, als Ankündigung eines schweren Völkerrechtsbruchs.

«Ich denke, wir müssen wiederholen, was der Präsident der Vereinigten Staaten gerade gesagt hat», sagte Van Hollen beim US-Sender MSNBC kurz nach der denkwürdigen Pressekonferenz Trumps an der Seite des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. «Er hat gerade gesagt, dass es die Politik der Vereinigten Staaten sein wird, zwei Millionen Palästinenser gewaltsam aus dem Gazastreifen zu vertreiben – so etwas nennt sich auch ethnische Säuberung.»

Van Hollen bezeichnete Trumps Plan als «in vielerlei Hinsicht verabscheuungswürdig» und warnte, dass der Republikaner mit seinen Aussagen die Sicherheit von US-Soldaten und Botschaftspersonal in der Region massiv gefährde. «Das ist die wohl gefährlichste und giftigste Mischung von Ideen, die man aktuell zusammenbringen könnte. Und deshalb wird es ein Moment grosser Gefahr für Amerikaner sein», erklärte der Senator. Trump eskaliere die ohnehin angespannte Lage im Nahen Osten: «Was der Präsident hier tut, ist im Grunde, ein Streichholz in eine bereits äusserst volatile Region zu werfen.»

Trumps Pro-Israel-Politik

Die USA sind der wichtigste Verbündete Israels. Trumps Vorgänger Joe Biden hatte zwar trotz der zunehmenden Kritik am Vorgehen in Gaza zu Israel gehalten, gegenüber Netanjahus Regierung aber deutlich schärfere Töne angeschlagen. Das Verhältnis zwischen Biden und Netanjahu war angespannt und der demokratische US-Präsident ging zeitweise auffallend auf Distanz zu dem Israeli. Trump dagegen ist als enger Verbündeter Netanjahus bekannt.

Bereits in seiner ersten Amtszeit (2017 bis 2021) hatte Trump eine Reihe einseitig proisraelischer Entscheidungen getroffen und damit die Palästinenser gegen sich aufgebracht. Seine Positionierung in der Nahost-Politik war bislang also recht vorhersehbar. Doch Trumps neuen Vorstoss haben wohl selbst seine grössten Kritiker nicht kommen sehen.