Von China bis KubaTrumps Aussenpolitik schafft Fakten auf den letzten Metern
phi
14.1.2021
Während es innenpolitisch jede Menge Gegenwind gibt, schafft Donald Trump aussenpolitisch vor seinem geplanten Abgang Tatsachen, die Joe Bidens Diplomaten vor Herausforderungen stellen werden.
Es ist ein Vorgang, der unter normalen Umständen ein diplomatischer Affront höchsten Ausmasses wäre. Eigentlich wollte US-Aussenminister Mike Pompeo am Mittwoch in Europa landen, doch die Abschiedstour musste in letzter Sekunde storniert werden.
Der Grund: Kein Politiker hatte sich bereit erklärt, den Amerikaner zu empfangen, berichtet Reuters.
Erster Stopp der Reise hätte Luxemburg sein sollen, doch das kleine Fürstentum hat der Grossmacht die kalte Schulter gezeigt. Stattdessen nannte Aussenminister Jean Asselborn US-Präsident Trump im Radiosender RTL wegen des Sturms aufs Kapitol ungewöhnlich deutlich einen «Kriminellen» und «politischen Brandstifter».
Neben dem Besuch in Luxemburg wollte Pompeo in Brüssel Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Belgiens Aussenministerin Sophie Wilmès treffen. Die späte Absage ist nicht zuletzt Kritik gestundet, Pompeo gefährde einen reibungslosen Übergang zur Administration des künftigen US-Präsidenten Joe Biden.
Dabei haben Trump und seine Entourage in den letzten Tagen auch aussenpolitische Fakten geschaffen, die seinen Nachfolger vor Probleme stellen werden.
Looking forward to my upcoming travel on January 13-14 to Brussels, to reaffirm the deep and enduring partnership between the U.S. and Belgium.
Handelskrieg, Coronavirus, Konfrontationen im Pazifik: Die Beziehungen zwischen Washington und Peking sind angespannt. Wird der Nachfolger sofort von Trumps Kurs abweichen?
«Ich denke, die Biden-Administration wird nicht schnell von den Strafzöllen Abstand nehmen, und das ist nur eine kluge Politik», glaubt Politikberater Brian Pomper auf Nachfrage von «Politico». «Jeder Zug, der keine Eskalation ist, wird von den Republikanern als Schwäche gegenüber China kritisiert werden.»
Ins selbe Horn stösst Raffaello Pantucci von der School of International Studies in Singapur. Eine Kehrtwende könnte Biden «zu Hause politisches Kapital kosten», weil die Skepsis der Amerikaner gegenüber Peking gross sei, erklärte er CNN.
Auch China selbst könnte den Druck erhöhen: «Wenn sich die USA dazu entscheiden, mit China etwa beim Klimawandel zusammenzuarbeiten, kann China verlangen, dass die USA ihre Position zu Taiwan überdenken», verdeutlicht Pantucci.
Taiwan
In Sachen Taiwan goss Pompeo Öl ins Feuer, als er für diese Woche einen Besuch der amerikanischen UNO-Botschafterin auf der Insel ankündigte. Der Vorgang hat historische Ausmasse: Zuletzt hatte 1968 ein US-Diplomat die aussenpolitisch isolierte Region besucht.
Für China ist das ein Schlag ins Gesicht: Peking protestierte im Vorfeld heftig und warnte Washington nachdrücklich, den Status quo zu ändern. Die kommunistische Führung sieht das heute demokratische Taiwan als Teil der Volksrepublik an.
Dass die USA das anders sehen, zeigte sich erst kürzlich: Am 30. September 2020 sind zwei US-Zerstörer durch die Strasse von Taiwan gefahren, die China als Hoheitsgewässer betrachtet, die die USA aber wie internationales Gewässer behandeln.
Iran
Mit dem Iran verhält es sich ähnlich wie mit China: Eine Lockerung der Zügel würde von den Konservativen in den USA nur akzeptiert, wenn es dafür substanzielle Zugeständnisse gäbe. Dass sie akzeptieren, dass das Atomabkommen wieder aufgenommen wird, ohne dass verbindliche Zusagen gemacht werden, scheint ausgeschlossen.
Teheran selbst trägt mit seiner Politik zu den verhärteten Fronten bei: Schiitische Truppen mischen bei den Bürgerkriegen im Jemen und Syrien mit. Israel fühlt sich von dem Raketen- und Atomprogramm des Irans bedroht. Die EU könnte womöglich zwischen den Parteien vermitteln, ein etwaiger Kompromiss müsste aber auch die Hardliner in den USA überzeugen.
Jemen
Anfang der Woche kündigte Mike Pompeo an, die jemenitischen Huthi-Rebellen zu einer «ausländischen Terrororganisation» zu erklären, was Sanktionen gegen die Gruppe ermöglicht. Die Massnahme werde «zusätzliche Werkzeuge liefern, um terroristischen Aktivitäten durch [Huthis] zu begegnen», die von Iran gestützt würden.
Der Norwegische Flüchtlingsrat gab zu bedenken, dass die Einstufung den Einsatz von Hilfsorganisationen behindern könnte. «Der schwächelnden Wirtschaft des Jemens wird ein weiterer verheerender Schlag versetzt», teilte der Direktor des Flüchtlingsrats für den Jemen, Mohamed Abdi, mit. «Lebensmittel und Medikamente in den Jemen zu bekommen – einem Land, das zu 80 Prozent von Importen abhängig ist – wird noch schwieriger werden.»
Auch EU und UNO kritisierten den Schritt. Stéphane Dujarric warnte in New York vor der «Gefahr einer Hungersnot»: Die UNO befürchtet, dass Nahrungsmittel-Lieferungen zu den Millionen hungernden Menschen in dem Bürgerkriegsland unmöglich werden. In Saudi-Arabien, dem Verbündeten der USA, der die Huthis im Jemen bekämpft, dürfte die Massnahme dagegen mit Freude aufgenommen worden sein.
Kuba
Das Weisse Haus hat die Entspannungspolitik gegenüber Kuba revidiert, die unter Barack Obama eingeleitet worden ist, und das Land wieder auf die Liste der Terrorstaaten gesetzt, auf der bis dato Syrien, der Iran und Nordkorea geführt wurden. «Mit dieser Massnahme werden wir die kubanische Regierung erneut zur Rechenschaft ziehen und eine klare Botschaft senden», erklärte Pompeo.
Als Begründung führte das Aussenministerium an, dass die Führung gerade mit Blick auf Venezuela «bösartiges Verhalten in der Region» an den Tag lege. Kuba habe Maduro darin unterstützt, seinen «Würgegriff» über sein Volk aufrechtzuerhalten, und ein «freizügiges» Umfeld für internationale Terroristen geschaffen, die Havanna schütze.
«Das Castro-Regime muss seine Unterstützung des internationalen Terrorismus und die Unterwanderung der US-Justiz beenden», forderte Pompeo. Es wird jedoch erwartet, dass der neue Präsident diese Massnahme zurücknehmen wird.