PandemieTrumps Infektion stellt Welt und Wahlkampf auf den Kopf
AP/phi
2.10.2020
Die Nachricht vom positiven Corona-Test des US-Präsidenten schlägt weltweit ein wie eine Bombe. Neben der Frage nach den möglichen Folgen stellt sich aber auch die, ob Trump fahrlässig andere angesteckt hat.
Nach der Corona-Infektion von Donald Trump stand im offiziellen Terminplan des US-Präsidenten für Freitag gerade einmal ein Termin. Ein Briefing der Geheimdienste, eine Veranstaltung für Wahlkampfspender, eine Wahlkundgebung in Sanford in Florida – alles abgesagt.
Bezeichnend war der einzige verbliebene Termin: Ein Telefonat, in dem es um die Unterstützung von Corona-kranken Senioren gehen sollte. Zu diesen muss sich der 74-jährige Staatschef nun ebenfalls zählen.
Die Infektion von Trump und First Lady Melania könnte in diesem Wahljahr die immer wieder beschworene «Oktober-Überraschung» sein, ein Ereignis, das kurz vor der Wahl noch einmal den gesamten Wahlkampf auf den Kopf stellt. Dabei sind die USA 2020 ohnehin von einer ganzen Reihe von Krisen erschüttert worden.
So viel ist klar, Trump muss sich erst einmal im Weissen Haus isolieren, kann wohl für Wochen keine Termine absolvieren und möglicherweise auch nicht am zweiten TV-Duell gegen seinen demokratischen Rivalen Joe Biden am 15. Oktober in Miami teilnehmen. Viel weiter könnten die Folgen aber reichen, sollte Trump tatsächlich schwer erkranken.
Am Freitag hiess es aus dem Weissen Haus, Trump habe «leichte» Symptome. Aber auch der britische Premier Boris Johnson, der wohl bisher bekannteste an Corona erkrankte Spitzenpolitiker, hatte zunächst nur über leichte Symptome geklagt, bevor er dann auf die Intensivstation verlegt werden musste. Und Johnson ist fast 20 Jahre jünger als Trump.
Nach Hicks Diagnose noch mit Spendern getroffen
Sollte der Präsident wirklich so schwer erkranken, dass er nicht mehr in der Lage ist, die Befugnisse und Pflichten seines Amts zu erfüllen, könnte er seinen Vize Mike Pence als Stellvertreter einsetzen. Pence und eine Mehrheit des Kabinetts könnten das auch auf eigene Faust entscheiden, wenn Trump etwa ins Koma fallen sollte. Pence jedenfalls wurde am Freitagmorgen negativ auf das Virus getestet, wie sein Sprecher mitteilte.
Trump wird seit langem vorgeworfen, die Gefahr durch das Coronavirus nicht ernst genug zu nehmen. Kurz vor Bekanntwerden seiner eigenen Infektion absolvierte er am Donnerstag auch noch einen Auftritt bei einer Wahlkampfveranstaltung mit potenziellen Spendern in New Jersey. Und das obwohl am Abend zuvor seine enge Beraterin Hope Hicks über leichte Covid-19-Symptome geklagt hatte und in der Präsidentenmaschine Air Force One isoliert worden war.
Dass Hicks krank war, wusste Trump also bereits, bevor er nach New Jersey aufbrach. Unklar war, ob ihm auch schon das positive Testergebnis vorlag. Der Präsident selbst wirkte gesund, als er am Donnerstagabend ins Weisse Haus zurückkehrte. Aber potenziell könnten sich die Teilnehmer der Veranstaltung in seinem privaten Golfklub in Bedminster in New Jersey angesteckt haben.
Hicks mit Kushner im Präsidentenhelikopter
Trumps Pressesprecherin Kayleigh McEnany und sein Social-Media-Beauftragter Dan Scavino hätten ihn dorthin eigentlich begleiten sollen, wurden aber kurzfristig durch Kollegen ersetzt. Ob sich noch weitere Personen aus Trumps engstem Kreis angesteckt haben, war zunächst noch unklar.
Hicks war am Mittwoch mit Trump und unter anderem auch mit dessen Schwiegersohn und Berater Jared Kushner im Präsidentenhelikopter «Marine One» und dann weiter in der «Air Force One» nach Minnesota geflogen. Dort traf Trump im Haus eines Unterstützers in Shorewood Wahlkampfspender und sprach anschliessend am Flughafen von Duluth vor Hunderten Anhängern.
Klar ist: Einen Monat vor der Wahl am 3. November liegt der Fokus der Amerikaner wieder dort, wo ihn die Demokraten haben wollen – auf der Corona-Pandemie, der unter Trump mehr als 200'000 Menschen in den USA zum Opfer gefallen sind. Und kurzfristig sind Trump grosse Ansprachen vor Anhängern verwehrt, die seinen Wahlkampf so bestimmt haben.