Die USA erklärt – Blick in die Late-Night-ShowsTrumps TV-Rede: «Jede Ähnlichkeit mit der Realität ist rein zufällig»
Philipp Dahm
9.1.2019
Fakt oder Fake? Nach (und vor) Donald Trumps jüngster Rede zerpflücken die grossen US-Talkmaster genüsslich die präsidiale Ansprache. Es gibt aber auch seriöse Auseinandersetzungen.
«Präsident Trump hat heute Abend seine erste live übertragene Ansprache aus dem Oval Office gehalten», beginnt der Moderator seine zurückliegende «Late Show with Seth Meyers». Erst am folgenden Witz merkt der Zuschauer, dass die Sendung aufgezeichnet worden ist. «Sie hätte vielleicht mehr Gewicht gehabt, wenn er nicht so begonnen hätte: Das ist also das Oval Office, hä??? Wow … So viel Geschichtliches …»
Es darf gemutmasst werden: Hätten Meyers und seine Redaktoren Trumps Ansprache wirklich gesehen, hätte der Talkmaster die Steilvorlagen aufgenommen, die der Republikaner in seiner Rede serviert hat.
Meyers TV-Kollege Stephen Colbert ist da schon ehrlicher. «Wir zeichnen um 17.40 Uhr auf», gesteht der frühere Weisse-Haus-Berichterstatter. «Wenn das gesendet wird, haben wir entweder einen Notstand – oder bleiben bei dem [Notstand], den wir seit November 2016 haben», sagt er in seiner «Late Show» – Colbert spielt auf den damaligen Wahlsieg des aktuellen US-Präsidenten an.
Krise, Krise, Krise
Der Kabelsender CBS habe für die Rede seine Serie «F.B.I.» unterbrechen müssen. Und: «Nicht das erste Mal, dass Trump bei einer FBI-Ermittlung dazwischenfunkt», kalauert Colbert mit Blick auf die Untersuchungen Robert Muellers. Doch tatsächlich gelingt dem Mann auch das Kunststück, eine Taktik Trumps richtig zu antizipieren: Es geht darum, wer die Verantwortung für den aktuellen Shutdown trägt, der die US-Regierung finanziell trockenlegt.
Zur Erinnerung: Trump hat in seiner Ansprache den Demokraten deswegen schwere Vorwürfe gemacht. «Es gibt die humanitäre Krise, eine Krise der Herzen und eine Krise der Seele», so hat es der 72-Jährige ausgedrückt. Weil der politische Gegner kein Geld für den von Trump versprochenen Grenzwall gebe, würden immer mehr Drogen ins Land kommen. «Jede Woche sterben allein durch Heroin 300 unserer Bürger. 90 Prozent davon (gemeint ist: Heroin) fluten über unsere südliche Grenze. Es werden mehr Amerikaner in diesem Jahr durch diese Drogen sterben als im gesamten Vietnamkrieg.»
Dann zeigt Colbert einen Clip, der gut einen Monat zuvor aufgenommen worden ist. Darin droht Trump im Weissen Haus dem Demokraten Chuck Schumer: «Ich bin stolz darauf, für die Grenzsicherheit den Shutdown der Regierung durchzuziehen. Ich werde derjenige sein, der den Shutdown macht. Ich werde nicht euch dafür verantwortlich machen.» Das sei jedoch durch Trumps «grössten Gegenspieler» vereitelt worden: «seinen Mund».
Und der Talkmaster Jimmy Kimmel? Er kann als Einziger seiner Zunft direkt auf das eingehen, was gesagt wurde. Denn Kimmel hat einen Zeit-Vorteil: Er zeichnet seine Show an der Pazifikküste auf, wartet dort bis zum Ende der Rede – und schlägt dann noch zurück.
Kimmel teilt aus
«Der Präsident hat das Programm auf allen Kanälen unterbrochen, um uns vor etwas komplett Erfundenem zu warnen. Seine Rede war etwa zehn Minuten lang. Laut Stormy Daniels waren das acht mehr als sonst», beginnt Kimmel. Die Sender hätten zuvor sogar einen Disclaimer ausstrahlen müssen, der natürlich erfunden, aber auch ziemlich deutlich ist:
«Die folgende Präsidentenrede ist ein fiktives Werk. Alle Personen, Vorfälle, Anlässe, Orte und Fakten wurden dem Präsidenten direkt aus dem Allerwertesten gezogen. Jede Ähnlichkeit mit der Realität ist rein zufällig.»
Die Frage jedoch bleibt: Was ist real, was ist fake? «PBS»hat die Aussagen überprüft. Die folgenden Punkte sind laut dem öffentlichen US-Sender nicht haltbar:
– Es gibt keinen allgemeinen Anstieg des Drogenschmuggels an der Grenze zu Mexiko. Zwar wurden in den Fiskaljahren 2017 und 2018 dort mehr Methamphetamin und mehr Fentanyl beschlagnahmt, doch der überwältigende Teil der Betäubungsmittel für den US-Markt kommt über die Häfen ins Land. – Trump sagte, über die Grenze kämen zudem jede Menge Kriminelle. Es gehe um 17'000 Personen. Tatsächlich beziehen sich die Zahlen jedoch auf Einreiseversuche im gesamten Land, die abgeschmettert wurden. – 3'000 Einreisewillige, die als Terroristen eingestuft sind, wurden vor allem an Flughäfen abgewiesen. – Trump behauptet, Terroristen würden Lager an der Grenze aufschlagen. Das Aussenministerium hat eine solche Aussage 2017 noch ins Reich der Fabeln verwiesen.
Auch das gehört zu Donald Trumps Führungsstil: Der US-Präsident entlässt oder vergrault einen Mitarbeiter nach dem anderen. Eine Auswahl.
Bild: Keystone/DPA
10. September 2019: Der Nationale Sicherheitsberater John Bolton wird entlassen. Bolton betont, er habe seinen Rücktritt angeboten, Trump erklärt, er habe ihn zum Rücktritt aufgefordert.
Bild: DPA
31. August 2019: Madeleine Westerhout, die persönliche Assistentin Trumps, räumt überraschend ihren Posten. Sie habe mit Reportern über seine Familie gesprochen, sagt der Präsident.
Bild: DPA
28. Juli 2019: Trump kündigt an, dass der Geheimdienstkoordinator Dan Coats seinen Posten am 15. August verlassen wird. Wenige Tage später teilt er mit, dass auch die stellvertretende Geheimdienstkoordinatorin Sue Gordon ihren Posten abgeben wird.
Bild: DPA
12. Juli 2019: Über die Affäre Epstein gestolpert: US-Arbeitsminister Alexander Acosta (rechts) bei der Bekanntgabe seines Rücktritts durch Präsident Donald Trump.
Bild: DPA
18. Juni 2019: Der geschäftsführende Verteidigungsminister Patrick Shanahan gibt bekannt, dass er das Amt nicht dauerhaft leiten will. Hintergrund waren offenbar Berichte über Gewalt in seiner Familie.
Bild: DPA
13. Juni 2019: Trump twittert, dass seine Pressesprecherin Sarah Sanders zum Monatsende ihr Amt aufgeben wird.
Bild: DPA
8. April 2019: Das Weisse Haus verkündet, dass auch der Direktor des Secret Service, Randolph Alles, abtreten wird – der Chef jener Behörde also, die unter anderem für den Schutz hochrangiger Politiker zuständig ist und dem Heimatschutzministerium untersteht.
Bild: DPA
7. April 2019: Die Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen verlässt die Regierung. Trump soll unzufrieden mit ihrem Einsatz für Grenzsicherung gewesen sein.
Bild: DPA
20. Dezember 2018: Ein Bild, das Bände spricht: US-Verteidgungsminister James Mattis schaut ziemlich resigniert drein. Am 20. Dezember 2018 reichte er seinen Rücktritt ein, weil er Trumps unberechenbare Aussenpolitik nicht mehr mittragen wollte. Ein Nachfolger soll spätestens Ende Februar 2019 vereidigt werden.
Bild: DPA
15. Dezember 2018: Mitte Dezember 2018 kam für Innenminister Ryan Zinke das Aus. Er war im März 2017 vom Senat im Amt bestätigt worden und gehört damit zu den Ministern, die sich sehr lange unter Trump haben halten können.
Bild: DPA
8. Dezember 2018: Trump kündigt den Anfang Dezember den Abgang von Stabschef John Kelly an. Kelly ist bereits der zweite Stabschef in Trumps Amtszeit als US-Präsident, der seinen Hut nehmen musste. Trumps Wunschkandidat für die Kelly-Nachfolge, Nick Ayers, kündigt eine Tag später seinen Rückzug aus dem Weissen Haus an.
Bild: DPA
7. November 2018: Nur einen Tag nach den Kongresswahlen in den USA musste US-Justizminister Jeff Sessions seinen Posten räumen. Trump hatte ihn immer wieder kritisiert. Hintergrund ist, dass sich Sessions wegen Befangenheit aus den Russland-Ermittlungen rausgehalten hatte.
Bild: DPA
9. Oktober 2018: Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, kündigt überraschend ihren Rücktritt von dem einfkussreichen Posten an.
Bild: DPA
21. August 2018: Lange war Michael Cohen als «Ausputzer» von Donald Trump bekannt - als der Anwalt, der seinem Mandanten alle Probleme aus dem Weg räumte. Er räumte vor Gericht ein, unter anderem gegen Gesetze verstossen zu haben, die Wahlkampffinanzierungen regeln. Vom jahrelangen Verbündeten ist der Anwalt zu einer möglichen Bedrohung für Trump geworden.
Bild: Keystone/Craig Ruttle
22. März 2018: John Dowd (Archivbild), Trumps führender Anwalt für die Russland-Ermittlungen, tritt zurück.
Bild: Keystone/AP/Richard Drew
13. März 2018: Trump verkündet auf Twitter, dass Aussenminister Rex Tillerson (l.) seinen Posten räumen müsse. Spekulationen gab es schon länger.
Bild: dpa
6. März 2018: Trumps Wirtschaftsberater Gary Cohn kündigt seinen Rückzug an. Er war gegen von Trump angedrohte Strafzölle.
Bild: Manuel Balce Ceneta/AP
28. Februar 2018: Der Abgang von Kommunikations-Chefin Hope Hicks kommt für Donald Trump zur Unzeit.
Bild: Jason Szenes/EPA
18. August 2017: Trumps Chefstratege und früherer Wahlkampfchef Steve Bannon verlässt das Weisse Haus.
Bild: Evan Vucci/AP
28. Juli 2017: Trumps Stabschef Reince Priebus verlässt seinen Posten. Er sagt, freiwillig. Andere sagen, Trump habe ihn gefeuert.
Bild: Jim Lo Scalzo/EPA/dpa
21. Juli 2017: Nach turbulenten sechs Monaten im Weissen Haus tritt der umstrittene US-Präsidentensprecher Sean Spicer zurück.
Bild: Andrew Harnik/AP/dpa
9. Mai 2017: Trump entlässt den FBI-Chef James Comey, eine folgenreiche Sensation. Die Russland-Affäre nimmt an Fahrt auf.
Bild: DPA
13. Februar 2017: Nach nur 23 Tagen im Amt tritt Trumps Sicherheitsberater Michael Flynn zurück. Er ist in die Russland-Affäre über eine etwaige Wahlbeeinflussung verstrickt.
30. Januar 2017: Sie ist das erste Opfer der Trump-Regierung: Bereits wenige nach Trumps Vereidigung muss Justizministerin Sally Yates gehen, nachdem sie sich kritisch über das Einreiseverbot für Bürger aus sieben überwiegend muslimischen Ländern geäussert hatte. Auf Facebook schrieb Trump damals, Yates habe «das Justizministerium verraten».
Deutsch-Russen sollen spioniert haben – Botschafter einbestellt
Ein neuer Fall mutmasslicher russischer Spionage schlägt hohe Wellen – auch in der Politik. In Bayern hat die Polizei zwei Männer festgenommen, die für Moskau mögliche Anschlagsziele in Deutschland ausgekundschaftet haben sollen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von einem besonders schweren Fall der mutmasslichen Agententätigkeit für Russland.
19.04.2024
Baerbock betont Rolle der USA bei weiterer Unterstützung der Ukraine
Aussenministerin Annalena Baerbock setzt auf eine rasche Zustimmung der USA zur Unterstützung der Ukraine mit Luftabwehr und finanzieller Hilfe im Krieg gegen Russland. Das sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstag am Rande des Treffens der Gruppe sieben grosser Industrienationen auf der italienischen Mittelmeerinsel Capri.
18.04.2024
Etliche Strassen in Dubai überschwemmt
Anhaltende Niederschläge haben in den Vereinigten Arabischen Emiraten zu weitreichenden Überschwemmungen geführt. Besonders Dubai war betroffen.
16.04.2024
Deutsch-Russen sollen spioniert haben – Botschafter einbestellt
Baerbock betont Rolle der USA bei weiterer Unterstützung der Ukraine