Russland blamiert sich erneut Ukrainische Drohnen-Boote schlagen in Spionageschiff ein

Von Philipp Dahm

26.5.2023

Das ist auch Informationskrieg: Die «Iwan Churs» am 24. Mai im Schwarzen Meer steht im Visier eines ukrainischen Drohnen-Bootes.
Das ist auch Informationskrieg: Die «Iwan Churs» am 24. Mai im Schwarzen Meer steht im Visier eines ukrainischen Drohnen-Bootes.

Russland meldet einen Drohnen-Angriff im Schwarzen Meer, doch alle feindlichen Boote seien zerstört worden. Kiew kontert mit einem Video, das das Gegenteil beweist – und den Kreml schlecht aussehen lässt.

Von Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für doch zusammen

  • Russland meldet am 24. Mai, ein Aufklärungsschiff sei im Schwarzen Meer von drei Drohnen-Booten angegriffen worden.
  • Diese sind laut Kreml zerstört worden, die Iwan Churs sei intakt. 
  • Die ukrainischen Streitkräfte veröffentlichten daraufhin ein Video, das zeigt, wie eines der Boote die Iwan Churs sehr wohl trifft.
  • Angeblich wird das Schiff nun in einen russischen Hafen geschleppt, weil es schwer beschädigt sein soll.
  • Der Angriff steht für Kiews asymmetrische Kriegsführung auf See.

Den Erfolg vermeldet das russische Verteidigungsministerium am 24. Mai auf Telegram: Um 5:30 Uhr am Morgen habe die ukrainische Marine mit «drei unbemannten Schnellbooten» ein Schiff im Schwarzen Meer angegriffen.

Es handelt sich um die «Iwan Churs»: Das Aufklärungsschiff der Juri-Iwanow-Klasse ist erst vor fünf Jahren vom Stapel gelaufen und wurde im Juni 2018 in Dienst gestellt. Laut Kreml bewacht die Iwan Churs die Gas-Pipelines Turkish Stream und Blue Stream, als sie 140 Kilometer vor dem Bosporus attackiert wird.

Der Angriff schlägt jedoch fehl, meldet Moskau: «Alle feindlichen Boote wurden durch das Feuer der Bordwaffen des russischen Schiffes zerstört.» Dazu wird ein kurzes Video gezeigt, auf dem zu sehen ist, wie ein Drohnen-Boot von Kugeln getroffen wird und explodiert. Die Iwan Churs ist mit Maschinengewehren und Flugabwehr-Raketen bewaffnet.

Plumpe Lügen enttarnt

Doch der russische Clip wirft Fragen auf: Warum scheint die Sonne, obwohl diese am 24. Mai in Istanbul erst um 5:40 Uhr aufgeht? Warum greifen die Ukrainer überhaupt bei Tageslicht an? Bestätigt werden kann bloss, dass das Video auf der Iwan Churs entstanden ist. Wann und wo es gedreht wurde, bleibt vorerst offen.

Auch der Gegner trägt nichts zur Aufklärung bei: Kiews Militär hält sich zunächst bedeckt. Und es ist auch klar, warum: Die ukrainischen Streitkräfte veröffentlichen ein eigenes Video, das zeigt, wie eine der Drohnen die Iwan Chrus erreicht und am Heck auf der Backbordseite einschlägt.  

Die Ukraine hat Moskau anscheinend ganz bewusst ins offene Messer laufen lassen: Um die russische Propaganda offenzulegen, wurde erst der «Erfolgsrapport» des Kreml abgewartet, um diesen dann prominent ad absurdum zu führen.

Asymmetrische Kriegsführung auf See

Welchen Schaden die Drohnen angerichtet haben, ist unklar. Angeblich sind Matrosen ums Leben gekommen und er Rumpf beschädigt worden sein. Weiter soll das Schiff nun den Hafen von Noworossijsk geschleppt werden, wo monatelange Reparaturen anstehen. Die Angaben lassen sich nicht überprüfen.

Auch wenn der Angriff vorbei ist, geht der Informationskrieg weiter. Im Internet taucht ein Bild der unbeschädigten Iwan Churs im Hafen auf. Es ist alt. Dann soll sie auf einem Video zu sehen sein – intakt. Zu sehen ist allerdings ein Minen-Jagdboot.

Dass es den ukrainischen Streitkräften gelungen ist, den Angriff wohl vom gut 400 Kilometer entfernten Odessa offenbar erfolgreich durchzuführen, ist bemerkenswert. Es darf spekuliert werden, dass sie dabei Schützenhilfe von der Nato bekommen haben, die über dem Schwarzen Meer regelmässig Aufklärungsflüge durchführt.

Die Aktion passt zum neuen Kurs Kiews im Schwarzen Meer, weiss das Center for Maritime Strategy: «Asymmetrisch werden: Wie die Ukraine Russland in Schach hält», heisst ein Artikel der US-Denkfabrik, der einen Tag nach dem Angriff erscheint. Die Ostsee-Anrainer könnten von der Taktik lernen, lautet das Fazit.