Madrid
Das katalanische Parlament wird womöglich am Montag die Unabhängigkeit der Region von Spanien ausrufen. Die Sprecher der katalanischen Koalitionsparteien einigten sich bei einem Treffen am Mittwoch in Barcelona auf die Einberufung einer Plenarsitzung am 9. Oktober.
Dies berichteten mehrere spanische Medien. Sprecher der Parteien bestätigten auf Anfrage den Termin. Einziger Tagesordnungspunkt sei die "Analyse" der Ergebnisse des Referendums über die Loslösung von Spanien und "deren Auswirkungen", hiess es. Ob es am Montag bereits eine Abstimmung über die Unabhängigkeit geben wird, wurde nicht mitgeteilt.
Die separatistischen Allianz Junts pel Sí ("Gemeinsam fürs Ja") und die kleine Linkspartei CUP, die Katalonien gemeinsam regieren, haben im Regionalparlament in Barcelona eine absolute Mehrheit der Sitze.
Der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont hatte am Dienstag bekräftigt, Katalonien wolle sich innert weniger Tage unabhängig erklären. Ein mögliches Eingreifen der Zentralregierung in Madrid halte er für einen Fehler. Er betonte, derzeit bestehe kein Kontakt zwischen Barcelona und Madrid.
Brüssel will nicht vermitteln
Trotz der Zuspitzung der Katalonienkrise will sich Brüssel weiterhin nicht in die Auseinandersetzung einmischen. "Für die EU-Kommission ist das eine interne Angelegenheit von Spanien", bekräftigte der Vizepräsident der Brüsseler Behörde, Frans Timmermans, in Strassburg. Er sprach zum Auftakt einer Dringlichkeitssitzung des EU-Parlaments über die Lage in Spanien.
Im Europaparlament wurde massive Kritik am Vorgehen der spanischen Polizei laut. Vor allem Grüne und Linke warfen der Polizei vor, mit ihrem teilweise gewaltsamen Vorgehen gegen Bürger die Stimmung in Katalonien zusätzlich angeheizt zu haben.
Das "brutale Vorgehen der spanischen Polizei" müsse auf die Tagesordnung des anstehenden EU-Gipfeltreffens in zwei Wochen gesetzt werden, verlangte die österreichische Grüne Ulrike Lunacek, die zu den Vizepräsidenten des Parlaments gehört.
"Skandalöse" Ereignisse
"Was passierte, ist skandalös", sagte der schwedische Konservative Peter Lundgren. Mitten in Europa seien Polizisten mit "brutaler Gewalt" gegen friedliche Bürger vorgegangen. Die Krise in Spanien sei "viel ernster als der Brexit", meinte der Ko-Vorsitzende der Grünen, der Belgier Philippe Lamberts. Sie schade dem "Geist der europäischen Integration".
Der Spanier Miguel Urban Crespo von der Linksfraktion machte die Zentralregierung in Madrid für die Eskalation verantwortlich. Sie habe sich "systematisch geweigert", dem katalanischen Volk eine Perspektive anzubieten.
Timmermans sagte dazu: "Gewalt löst in der Politik nichts." Dennoch müsse eine Regierung die Rechtsstaatlichkeit durchsetzen. "Manchmal macht das den verhältnismässigen Einsatz von Gewalt notwendig." Timmermans forderte die Beteiligten auf, in Dialog zu treten.
Befürchtungen eines Dominoeffekts
Diese Forderung wies der spanische Christdemokrat Esteban Gonzales Pons entschieden zurück. Spanien brauche weder einen "Vormund", noch einen Vermittler. Es sei allein Sache der Spanier zu entscheiden, ob ihr Land auseinanderbrechen oder vereint bleiben wolle.
Gonzales Pons warnte zugleich vor einem "Bruch der spanischen Einheit". Dies würde einen "Dominoeffekt auf dem ganzen Kontinent" bewirken. "Statt eines Europa der 27 werden wir dann ein Nicht-Europa aus Zwergstaaten haben."
Am Mittwoch wurde zudem bekannt, dass die spanische Justiz Ermittlungen gegen den Chef der katalanischen Polizei eingeleitet hat. Josep Lluis Trapero und weiteren Vertretern der Unabhängigkeitsbewegung wird Volksverhetzung vorgeworfen, teilte ein Justizsprecher mit.
Bei den Ermittlungen gehe es um eine Grossdemonstration gegen die spanische Polizeieinheit Guardia Civil in Barcelona am 20. September. Der katalanischen Regionalpolizei wird vorgeworfen, nicht gegen die Demonstranten vorgegangen zu sein.
Wirtschaftsminister versucht zu beruhigen
Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos versuchte derweil, Bankkunden und Unternehmen zu beruhigen. "Katalanische Banken sind spanische Banken, und europäische Banken sind stabil, und ihre Kunden haben nichts zu befürchten", sagte Guindos am Mittwoch in Madrid.
Die Worte von König Felipe zu der Lage seien "korrekt und sehr deutlich" gewesen, fügte er hinzu. Der König hatte die katalanische Regionalregierung am Dienstagabend in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache kritisiert. Führende Vertreter hätten demokratische Prinzipien zerschlagen und die katalanische Gesellschaft gespalten.
Die Katalanen hatten am Sonntag ein Referendum über die Loslösung von Spanien abgehalten, das zuvor von der Zentralregierung und dem Verfassungsgericht für illegal erklärt worden war. Dabei stimmten nach Angaben der Regionalregierung 90 Prozent der Wähler für eine Abspaltung.
Zurück zur Startseite