Serbien Unruhen in Serbien wegen Corona-Politik von Präsident Vucic

SDA

9.7.2020 - 10:54

dpatopbilder – Demonstranten stossen bei Protesten mit Polizisten zusammen. Nach massiven Protesten in der Nacht zum Mittwoch hat Serbiens Präsident Vucic eine von ihm angekündigte Ausgangssperre wegen der Corona-Pandemie zurückgenommen. Foto: Darko Vojinovic/AP/dpa
dpatopbilder – Demonstranten stossen bei Protesten mit Polizisten zusammen. Nach massiven Protesten in der Nacht zum Mittwoch hat Serbiens Präsident Vucic eine von ihm angekündigte Ausgangssperre wegen der Corona-Pandemie zurückgenommen. Foto: Darko Vojinovic/AP/dpa
Source: Keystone/AP/Darko Vojinovic

Die inkonsequente Politik des serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic zur Bekämpfung der Corona-Pandemie hat am Mittwochabend zum zweiten Mal in Folge Unruhen im Zentrum von Belgrad ausgelöst.

Wie schon am Vorabend kam es zu Strassenschlachten zwischen Demonstranten und Bereitschaftspolizisten. 19 Beamte und 17 Demonstranten erlitten Verletzungen, berichtete der Fernsehsender N1 unter Berufung auf Krankenhausärzte.

Tausende protestierten gegen mögliche neue Einschränkungen des Alltags, die Vucic wegen der steigenden Ansteckungszahlen angekündigt hatte. Dabei hatte der Staatschef seine Ankündigung vom Dienstag, eine Ausgangssperre über das gesamte kommende Wochenende zu verhängen, am Tag darauf wieder zurückgezogen. Demonstrationen gegen Vucic mit tausenden Teilnehmern fanden am Mittwochabend erstmals auch in anderen serbischen Grossstädten statt, so etwa in Novi Sad, Nis und Kragujevac.

In Belgrad demonstrierten Tausende Menschen am Mittwochabend zunächst friedlich, wie Medien berichteten. Eine kleinere Gruppe militanter Demonstranten sonderte sich jedoch ab und suchte den Konflikt mit der Polizei. Sie warfen Steine und Feuerwerkskörper auf die Polizisten, diese trieben die Menge mit Tränengas und Schlagstöcken auseinander. Fernsehsender zeigten Live-Bilder von chaotischen Szenen. Der Geruch von Tränengas hielt sich noch für Stunden in den Strassen der Innenstadt. Am Donnerstagmorgen war die Lage wieder ruhig.

Am Dienstagabend, dem ersten Protesttag, waren die Militanten sogar kurzzeitig ins Parlamentsgebäude eingedrungen, vor dem die Menschen demonstriert hatten. Die Polizei hatte sie damals ebenfalls unter Einsatz von Tränengas und Schlagstöcken von dort vertrieben.

Die Regierung versucht, die Proteste als «Putschversuch» und als Ergebnis der angeblichen Wühlarbeit nicht näher bezeichneter ausländischer Mächte darzustellen. «All dies ist nur als nackte Gewalt zu bezeichnen, die darauf abzielt, die Macht zu übernehmen», erklärte Innenminister Nebojsa Stefanovic in der Nacht zum Donnerstag.

Tatsächlich richten sich die Proteste gegen die inkonsequente und widersprüchliche Politik von Präsident Vucic bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Von Mitte März bis Anfang Mai hatte er einen Ausnahmezustand verhängt, der umfassende Ausgangssperren und drakonische Strafen für Verstösse gegen Bewegungsverbote und Quarantäneauflagen einschloss. Die Massnahmen, die viel härter waren als etwa in den Nachbarländern Kroatien und Ungarn, waren unbeliebt, führten aber zu einer signifikanten Eindämmung der Pandemie.

Ende Mai hob Vucic den Ausnahmezustand auf und setzte die im April geplanten und verschobenen Parlamentswahlen für den 21. Juni an, die seine Regierungspartei SNS – unter dem Boykott der meisten Oppositionskräfte – haushoch gewann. Mit dem Ende des Ausnahmezustands fielen praktisch übergangslos alle bisherigen Einschränkungen.

Es gab Wahlkampf auf öffentlichen Plätzen, Fussballspiele vor bis zu 20 000 Zuschauern, die Nachtgastronomie durfte wieder öffnen. Seit etwa zwei Wochen stecken sich jedoch in Serbien wieder durchschnittlich 300 Menschen am Tag mit dem Coronavirus an. Besonders die Hauptstadt Belgrad ist betroffen. Am Dienstag hatte Vucic davon gesprochen, dass dort die Krankenhäuser bereits an den Grenzen ihrer Kapazitäten angelangt seien.

Für den Donnerstag kündigte der Präsident die Bekanntgabe von neuen Anti-Corona-Massnahmen an. Eine Ausgangssperre wie zur Zeit des Ausnahmezustands schloss er ausdrücklich aus.

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