Trumps Schattenkrieg gegen DrogenJetzt fürchten Fischer in der Karibik um ihr Leben
dpa
10.10.2025 - 23:01
Fischer fürchten nach den US-Angriffen auf Boote in der Karibik um ihr Leben.
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Die von US-Präsident Trump angeordneten Militäraktionen gegen Drogenschmuggler aus Venezuela bringen Fischer in Trinidad und Tobago in eine schwierige Lage. Sie bangen um ihre Existenzgrundlage – und haben Angst um ihr Leben.
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DPA, Redaktion blue News
10.10.2025, 23:01
dpa
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Seit den US-Angriffe auf Drogen-Boote fürchten Fischer zunehmend um ihr Leben.
US-Präsident Donald Trump erklärte kürzlich einen «bewaffneten Konflikt» mit Drogenkartellen in der Karibik.
Venezuela wirft den USA indessen militärische Aggression vor.
Präsident Nicolás Maduro versetzte das Militär und alle kampfbereiten Zivilisten in höchste Alarmbereitschaft.
Kenrick Modie entwirrt sein Fischernetz und legt sich anschliessend in seinem Haus mit Blick auf das Karibische Meer in eine Hängematte. Er ist besorgt, dass sein Leben und seine Existenzgrundlage durch einen Militärangriff der USA zerstört werden könnten. Modie lebt im Inselstaat Trinidad und Tobago, der seit kurzem in eine geopolitische Konfrontation zwischen den Vereinigten Staaten und dem nur knapp 18 Kilometer entfernten Venezuela verwickelt ist.
US-Präsident Donald Trump gebe «Anweisungen, Menschen zu erschiessen», sagt Modie in Anspielung auf die jüngsten US-Angriffe auf Schiffe mutmasslicher Drogenschmuggler in der Karibik. Zudem erhöhte das US-Militär zuletzt seine Präsenz in der Region. «Was könnten wir tun? Wir sind nur ein kleiner Punkt.»
Seine Besorgnis ist noch gewachsen, seit Trump festlegte, dass sich die USA in einem «bewaffneten Konflikt» mit Drogenkartellen in der Karibik befänden und dass deren Mitglieder als unrechtmässige Kämpfer eingestuft würden. Er warf ihnen vor, «tödliches Gift» an die Küsten der USA bringen zu wollen. Am Freitag vergangener Woche gab Verteidigungsminister Pete Hegseth den bereits vierten Angriff auf ein kleines Boot mutmasslicher Drogenschmuggler vor der Küste Venezuelas bekannt.
Venezuela warf den USA eine militärische Aggression vor. Präsident Nicolás Maduro versetzte das Militär des Landes und alle kampfbereiten Zivilisten in höchste Alarmbereitschaft. Zwischen den Kontrahenten liegt Trinidad und Tobago, ein Land mit einer millionenschweren Fischereiindustrie, die Tausende Fischer beschäftigt. Sie werfen fast täglich ihre Netze aus, um sich und ihre Familien zu ernähren.
Die Ministerpräsidentin von Trinidad und Tobago, Kamla Persad-Bissessar, hat erklärt, dass Drogenkartelle zu Leid und Elend in ihrem Land beigetragen hätten. Sie forderte die USA auf, sie alle «gewaltsam zu töten». Sie sei bereit, den USA bei Bedarf auch Zugang zum Territorium von Trinidad und Tobago zu gewähren, damit die Amerikaner Guyana verteidigen könnten, denn Venezuela beansprucht zwei Drittel des benachbarten Guyana als eigenes Staatsgebiet.
Maduro sagte, Persad-Bissessars Bereitschaft, den USA Zutritt zu ihren Land zu gewähren, komme einer Kriegserklärung gegen Venezuela gleich. Der venezolanische Präsident forderte eine Rückkehr zu guten Beziehungen mit seinem karibischen Nachbarn. Die Regierung von Trinidad und Tobago hat indes erklärt, dass es zwischen beiden Ländern keine Feindseligkeiten gebe.
Trump: USA greifen Drogenschmuggler vor Küste Venezuelas an
STORY: Die USA haben ein aus Venezuela stammendes Boot in der Karibik angegriffen. Dabei wurden nach Angaben von US-Präsident Donald Trump elf Menschen getötet. Das Boot sei mit Drogen beladen gewesen und von einer venezolanischen Verbrecherbande betrieben worden, so Trump. «Der Angriff erfolgte, während sich die Terroristen auf hoher See in internationalen Gewässern befanden und illegale Drogen in die Vereinigten Staaten transportierten», schrieb der US-Präsident auf seiner Plattform Truth Social. «Dies soll als Warnung für jeden dienen, der auch nur daran denkt, Drogen in die Vereinigten Staaten von Amerika zu bringen." Zuletzt hatte sich der Konflikt zwischen den beiden Staaten verschärft. Die USA hatten angekündigt, ihre Seestreitkräfte in den Gewässern vor Venezuela zu verstärken, um Bedrohungen durch lateinamerikanische Drogenkartelle zu bekämpfen. Zuvor hatte die US-Regierung die Belohnung für Informationen, die zur Festnahme des venezolanischen Präsidenten Nicolas Maduro führen, auf bis zu 50 Millionen Dollar erhöht. Die US-Justiz wirft ihm vor, in den internationalen Drogenhandel verwickelt zu sein.
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«Wenn wir sterben, sterben wir, so ist das Leben»
Während sich die Politiker Wortwechsel liefern und Militärkommandeure sich verstärkt in Positur bringen, fühlen sich Dutzende Fischer in Trinidad und Tobago angesichts der anhaltenden US-Angriffe und der Eskalation der Spannungen mit Venezuela in ihrer Existenz bedroht. «Wenn wir sterben, sterben wir, so ist das Leben» sagt Modie.
Er befürchtet, beim Fischen von einem US-Angriff getötet zu werden, weil sein Boot für ein von Drogenschmugglern genutztes gehalten werden könnte. Er sagt, er kenne keine belastbaren Beweise dafür, dass die bei den US-Angriffen getöteten Menschen tatsächlich Drogen transportiert hätten. Er macht sich auch Sorgen, dass unschuldige Fischer getötet und von den Behörden fälschlicherweise als Drogenterroristen bezeichnet werden. Tote könnten ihre Unschuld schliesslich nicht mehr beweisen.
Fischer von Piraten bedroht
An der engsten Stelle trennen Trinidad und Venezuela lediglich gut elf Kilometer. An klaren Tagen ist Venezuela vom Dorf Icacos an der Südwestspitze Trinidads zu sehen. In der Umgebung von Icacos und dem Nachbardorf Cedros liegen Dutzende Boote am Strand – ein Zeichen dafür, wie stark diese Gemeinden von der Fischerei abhängig sind. Fischer in den beiden Dörfern sagen, sie würden bereits von Piraten bedroht, und mit der militärischen Aufrüstung auf See komme nun eine weitere Gefahr hinzu.
Kamal Bikeran beobachtet drei andere Fischer beim Entladen ihres Tagesfangs in Cedros und sagt, seine Bootsbesatzung bleibe wegen der Spannungen zwischen den drei Ländern nun in flacheren Gewässern und fahre nicht mehr so weit aufs Meer hinaus. Man müsse wachsam sein: «Dort draussen könnte man jederzeit ausgeschaltet werden.» Bikeran und andere Fischer berichten, dass die zunehmenden Spannungen in der Region ihre Lebensgrundlage zerstörten, da sie in flacheren Gewässern weniger Fisch fingen.
Trump: «Ich weiss nicht einmal, was mit den Fischern ist»
Trump sprach nach dem ersten Militärangriff der USA am 2. September, bei dem nach seinen Angaben elf mutmassliche Drogenterroristen getötet wurden, das Schicksal der Fischer direkt an. «Der Schiffsverkehr ist erheblich zurückgegangen», sagte Trump. «Ich weiss nicht einmal, was mit den Fischern ist. Vielleicht sagen sie: «Ich gehe nicht mehr aufs Boot.“»
Bei der Generaldebatte der UN-Vollversammlung Ende September bezeichneten Politiker aus der Region die Karibik als Zone des Friedens. Die Ministerpräsidentin von Barbados, Mia Mottley, rief zu einem Dialog auf mit dem Ziel, einen Krieg zwischen den USA und Venezuela zu verhindern. Der Ministerpräsident von St. Vincent und den Grenadinen, Ralph Gonsalves, bezeichnete die Militarisierung der Gewässer in der Nähe von Venezuela als «überaus beunruhigend».
In Angst zu fischen sei zur neuen Realität geworden, sagt Shyam Hajarie, der seit mehr als 40 Jahren Fischer ist. Der aus Cedros stammende Mann ist wie andere auch auf seinen täglichen Fang angewiesen, um seine Familie zu ernähren. Er ist sich nicht sicher, ob die militärische Aufrüstung in der Karibik bald Auswirkungen auf die Fischpreise auf dem Markt haben wird. «Ich bete nur, dass zwischen Venezuela und den USA alles aufgeht», sagt Hajarie. «Dass sie Frieden schliessen und keinen Krieg führen.»
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