Auf dem Republikaner-Parteitag glänzte die alte Garde der Konservativen durch Abwesenheit. Donald Trump pfeift auf jenes «Establishment», nutzt dafür aber unverhohlen offizielle Kanäle für den eigenen Wahlkampf.
Obwohl: Ganz so einhellig war die Veranstaltung dann doch nicht. Die alte Garde der Partei glänzte bei dieser Kür durch Abwesenheit. Grössen aus den Administrationen von Reagan und Co. fehlten auf der Rednerliste. Nicht nur Ex-Präsident wie George W. Bush, sondern auch der frühere Vizepräsident Dick Cheney, einstige Aussenminister wie Condoleeza Rice oder James Baker oder Parteigranden wie Bob Dole hielten sich betont fern.
«Ihre Abwesenheit beweist, wie sehr [Trump] die Partei übernommen hat», schreibt die «New York Times». Ein Sprecher des Präsidenten betonte dagegen, man habe die Altvorderen bewusst aussenvorgelassen. «Der Parteitag hat sich auf echte Leute aus der echten Welt konzentriert, die von Donald Trumps Politik profitiert haben», sagte Tim Murtaugh.
Das Weisse Haus als Parteizentrale
«Trump reagiert allergisch auf das republikanische Establishment», weiss Mark McKinnon, der frühere Medienberater von Georg. W Bush. «Es ist keine Überraschung, dass sie aus dem Parteitag herausgeschnitten worden sind. Trump hat die Partei nach seiner Vorstellung umgekrempelt, und ich glaube nicht, dass er gerne daran erinnert wird, was vor ihm kam.»
Die Abneigung beruht auf Gegenseitigkeit, glaubt Matthew Dowd, der ebenfalls Berater von George W. Bush war. «Fast alle von denen, die beim Parteitag gesprochen haben, wären 2004 nicht als Redner eingeladen worden – inklusive Donald Trump.»
Neue Wege gehen die Republikaner auch bei der Vermischung von Regierungsämtern und Partei: Obwohl es in den USA die Norm ist, dass sich Kabinettsmitglieder auf ihre öffentliche Funktion beschränken, hat Aussenminister Mike Pompeo nonchalant – und notabene zugeschaltet vom steuerfinanzierten Staatsbesuch in Israel – die Werbetrommel für das Weisse Haus gerührt.
Parteitag als Familienfest
Der Regierungssitz wiederum diente Melania Trump als Kulisse, als sie vom Rosengarten aus zu den Republikanern sprach. Und der Hausherr wiederum hat mir nichts, dir nichts eine Verleihung der Staatsbürgerschaft medienwirksam in seinen Amtssitz verlegt: Einige der fünf handverlesenen neuen US-Staatsbürger wussten nicht einmal, dass die Zeremonie auf dem Parteitag – und damit auch im nationalen Fernsehen – zu sehen ist.
Doch selbst wenn Normen übertreten werden, drohen Trump keine Konsequenzen: Diejenigen Republikaner, die ihn 2016 noch kritisiert haben, wurden entweder entsorgt oder auf Linie gebracht. Dabei dominiert bei den Reden des Parteitags ohnehin die eigene Familie. Sohn Eric wandte direkt an seinen Senior: «Ich bin stolz, wenn ich sehe, wie du Ihnen die Hölle heiss machst.» «Mein Vater» fiel bei der Ansprache 15 Mal.
Nach Beginn der Rede von Donald Trump Junior schoss hingegen ein Wort bei den Twitter-Trends empor, dass den glasigen Augen des Erstgeborenen geschuldet war: Kokain. Der so Verdächtigte wies die Mutmassungen zurück, verteidigte sich später mit dem Verweis auf die schlechte Beleuchtung der Bühne – die allerdings nur ihm glasige Augen zu geben schien.
Angst ist Trumpf
Im Gegensatz zu den Töchtern Ivanka und Tiffany, die sich als arbeitssuchende Uni-Abgängerinnen in ähnlicher Lage wähnten wie die Millionen von Coronaentlassenen, gelang es nur Trumps Ehefrau Melania, die wirklich breite Öffentlichkeit zu erreichen: Die First Lady war die einzige Rednerin, die den Opfern der Pandemie ihr Mitgefühl aussprach und auf Angriffe auf den politischen Gegner verzichtete.
Neben der Huldigung Trumps waren Attacken auf die Demokraten programmatischer Kernpunkt der Veranstaltung – und die Überzeichnung des Gegners hat zuweilen groteske Züge angenommen. Die Wahl wird extrem polarisiert: entweder wir – oder es droht Chaos, Anarchie und wirtschaftlicher Untergang.
Zitat aus dem Clip: «Wo auch immer Sie leben: Ihre Familie wird nicht sicher sein!»
«Trump ist aber nicht der Grund dafür, dass die GOP dort steht, wo sie steht, sondern bloss die Auswirkung davon», glaubt Bush-Berater Matthew Dowd. Den Stein habe eine Politikerin schon im Jahr 2008 ins Rollen gebracht, die designierte Vizepräsidentin von Präsidentschaftskandidat John McCain war: Sarah Palin. «Vergessen Sie nicht, dass Palin, die eine Vorgängerversion von Trump war, 2008 sehr viel mehr Republikaner angezogen hat als McCain.»
Being Trump
Am Ende des Parteitages soll einer ein Fazit ziehen, der nicht im Verdacht steht, den US-Präsidenten abzulehnen. «Ich habe nun eineinhalb Stunden zugesehen», sagte «Fox»-Moderator Chris Wallace bereits am Tag eins des Treffens, «und was mich wirklich verblüfft, ist, dass wir das Ganze einen republikanischen Parteitag nennen, obwohl es eigentlich Trump-Tage sind.»
Der angesehene Journalist schlussfolgerte: «Er hat sich scheinbar überlegt, dass der beste Sprecher und der beste Verkäufer von Donald Trump Donald Trump ist. Und damit liegt er bei der Trump-Basis wahrscheinlich vollkommen richtig.»