Festakt Vereinte Nationen feiern 75-jähriges Bestehen – ohne Trump

SDA

22.9.2020 - 01:53

Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, spricht zur Generalversammlung. 
Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, spricht zur Generalversammlung. 
Source: Keystone/UN Photo/Manuel Elias

Mit einem Festakt begehen die Vereinten Nationen den 75. Jahrestag ihrer Gründung. Wegen der Coronavirus-Pandemie geht das nur mit vorab aufgezeichneten Video-Reden. Kanzlerin Merkel passt sich dem Prozedere an, US-Präsident Trump düpiert alle.

Mit einem Festakt haben die Vereinten Nationen am Montag ihr 75-jähriges Bestehen gefeiert – und das überraschend ohne Donald Trump. Eigentlich hätte sich der US-Präsident mit einer vorab aufgezeichneten Video-Botschaft als erster Vertreter der 193 Mitgliedsstaaten äussern sollen. Stattdessen redete nur die amerikanische Vize-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Cherith Norman Chalet. Die ansonsten hochrangigen Vertreter beteuerten die Bedeutung der UN, verlangten aber auch Reformen. Wegen der Corona-Krise fiel der Festakt am UN-Sitz in New York viel bescheidener aus als geplant.

Bundeskanzlerin Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beschwor in ihrer Videobotschaft die Einigkeit und Reformbereitschaft der UN. «Die Vereinten Nationen können letztlich nur so gut sein, wie ihre Mitglieder sich einig werden», sagte Merkel in der vorab aufgezeichneten Botschaft. «Zu oft ist der UN-Sicherheitsrat blockiert, wenn es auf klare Entscheidungen ankommt. Wir brauchen Reformen.» Die UN müssten sich weiterentwickeln, um die globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts bewältigen zu können.

Zuvor hatte UN-Generalsekretär António Guterres zum Auftakt der Veranstaltung einen Appell für die internationale Zusammenarbeit gehalten. «Heute haben wir einen Überschuss an multilateralen Herausforderungen und ein Defizit an multilateralen Lösungen.» Es brauche eine effektive Zusammenarbeit mit Visionen und Ehrgeiz, um Problemen wie Klimawandel, Ungleichheiten und Benachteiligung von Frauen zu begegnen und den Kampf gegen Hass und Armut zu führen. Auch Merkel betonte den Stellenwert internationaler Zusammenarbeit, die allzu oft unter den «Interessen einzelner Mitglieder» leide.

Die amerikanische Vize-Botschafterin Chalet würdigte die UN ebenfalls, betonte aber auch ihren Reformbedarf und sprach von mangelnder Transparenz und Anfälligkeit gegenüber Autokratien. «Für die Trump-Regierung ist dieses Jubiläum ein wichtiger Moment, um die vielen Erfolge der Vereinten Nationen zu markieren – aber dies mit klaren Augen zu tun und mit einer erneuten Entschlossenheit, dieses wichtige Gremium seinen Zweck erfüllen zu sehen.»

Wegen Corona nur ein Vertreter pro Land

Wegen der Corona-Pandemie war im grossen UN-Saal für jedes Mitgliedsland nur ein Vertreter zugelassen. Die Staats- und Regierungschefs schickten vorab aufgezeichnete Videobotschaften. Noch am Sonntag hatten die UN mit einer solchen Videobotschaft auch von US-Präsident Trump gerechnet, wie ein UN-Sprecher am Montag noch einmal bestätigte. Wer für ein Mitgliedsland spreche, sei aber allein die Entscheidung dieses Landes. Bei Änderungen müsse keine Begründung angegeben werden.

Chinas Präsident Xi Jinping lobte in seinem Redebeitrag: «Diese Organisation hat eine Prüfung nach der anderen vorgelegt bekommen und ist daraus mit neuer Kraft und Lebhaftigkeit hervorgegangen.» Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan betonte seine Wertschätzung – mahnte aber gleichzeitig dringende Reformen an, unter anderem eine Umbildung des Sicherheitsrats. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderte einen «Multilateralismus der Taten mehr als der Worte». «Wenn wir den Vereinten Nationen die notwendigen Mittel gegeben haben, haben sie die in sie gesetzten Hoffnungen erfüllt.» In einer gemeinsamen Erklärung bekannten sich alle Mitgliedstaaten zur Arbeit der UN.

Eine weltweite Umfrage zum Jubiläum mit mehr als einer Million Teilnehmern zeigt nach Einschätzung der UN den grossen Bedarf an grundlegender Versorgung. «Inmitten der aktuellen Covid-19-Krise besteht für die meisten Befragten die unmittelbare Priorität darin, den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen zu verbessern – Gesundheitsversorgung, sauberes Wasser, sanitäre Einrichtungen und Bildung», heisst es in der Erhebung. Auch der Wunsch nach grösserer internationaler Solidarität und Hilfe für die von der Pandemie am stärksten Betroffenen spiele eine wichtige Rolle.

Die Vereinten Nationen wurden 1945 mit zunächst rund 50 Mitgliedern gegründet. Die Bundesrepublik Deutschland und die DDR traten 1973 bei. Am Dienstag beginnt die Generaldebatte der UN-Vollversammlung – normalerweise ein grosses alljährliches Treffen mit viel Gelegenheit zu Diplomatie auch auf den Gängen. Wegen der Pandemie fallen die allermeisten Begegnungen dieses Mal aus.

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