Einstimmige Wahl Der «starke Mann» in China: Wie Xi seine Macht ausbaut

Andreas Landwehr und Jörn Petring, dpa

17.3.2018 - 04:02

Gefordert war ein Signal der Einigkeit. Angesichts der anhaltenden Bedenken im Volk wegen der Machtfülle von Xi Jinping bestätigte ihn Chinas Parlament sogar ohne Gegenstimme im Amt. Der «starke Mann» bringt auch einen gefürchteten Verbündeten in Position.

Mit ungewöhnlicher Einstimmigkeit ist Xi Jinping als Chinas Präsident und Militärchef für eine zweite Amtszeit bestätigt worden. Auf seiner Jahrestagung erhob der Volkskongress am Samstag in Peking auch seinen gefürchteten Vertrauten Wang Qishan zum neuen Vizepräsidenten. Das nicht frei gewählte Parlament billigte ferner einen weitgehenden Umbau der Regierung. Erstmals marschierte die Ehrengarde im Stechschritt in der Grossen Halle des Volkes auf. Die Soldaten begleiteten den neu eingeführten Amtseid, den der Präsident, sein Vize und der ständige Ausschuss des Volkskongresses ablegten.

Vor einer Woche hatte der Volkskongress dem Präsidenten den Weg frei gemacht, unbegrenzt viele Amtszeiten regieren zu können. Es gibt aber Kritik an der unbeschränkten Macht des «starken Mannes». So ging es am Samstag darum, demonstrativ ein Signal der Geschlossenheit zu senden, indem auch wirklich keiner der 2970 Delegierten gegen den 64-Jährigen stimmte oder sich enthielt. Normalerweise wird eine zumindest geringe Zahl von Gegenstimmen und Enthaltungen gezählt.

Während die Ergebnisse sonst auch nicht in den Staatsmedien berichtet werden, wurde das einstimmige Votum diesmal sogar live im Fernsehen übertragen. Schon bei der Aufhebung der Begrenzung der Amtszeiten auf zweimal fünf Jahre hatte sich der Volkskongress mit nur zwei Gegenstimmen und drei Enthaltungen selten einig gezeigt, obwohl eine unbegrenzte Herrschaft von Xi Jinping auf viele Bedenken stösst. Der letzte Führer, der so viel Macht in den Händen gehalten hatte, war Staatsgründer Mao Tsetung, der das Land in Chaos geführt hatte.

Als wichtiger Verbündeter steht Xi Jinping weiter der gefürchtete Politiker Wang Qishan zur Seite. Der 69-Jährige stand bisher an der Spitze des Anti-Korruptions-Kampfes, mit dem sich der Staats- und Parteichef auch seiner Gegner entledigt hatte. Trotz seines Pensionsalters zählt Wang Qishan jetzt weiter zum engsten Führungszirkel, obwohl er sich aus dem höchsten Machtgremium, dem Ständigen Ausschuss des Politbüros, zurückgezogen hat.

Allianz zwischen Xi Jinping und Wang Qishan

Beobachter sehen eine wichtige Allianz zwischen Xi Jinping und Wang Qishan. «Sie haben das Gefühl, dass sie sich gegenseitig brauchen», sagte der kritische Historiker Zhang Lifan. «Xi Jinping ist relativ isoliert im System und hat andere Fraktionen vor den Kopf gestossen.» Nur Wang Qishan könne ihm helfen und den Widerstand auffangen, meinte der Kommentator. Der in Ungnade gefallene frühere Vizechefredakteur eines Magazins der Parteischule, Deng Yuwen, sagte, Xi Jinping schätze Wang Qishan als «fähigen und verlässlichen Verbündeten».

Im Amt des Vizepräsidenten soll der erfahrene Krisenmanager nicht nur die Stellung von Xi Jinping stärken, sondern sich angesichts der unberechenbaren Politik von US-Präsident Donald Trump und der Handelsspannungen auch um die Beziehungen zu den USA kümmern. Wang Qishan geniesst den Ruf eines USA-Kenners, weil er früher als Vizepremier den strategischen Wirtschaftsdialog zwischen China und den USA geleitet hatte, den Trump aber abgeschafft hat.

Mit zwei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen billigte der Volkskongress auch die grösste Umbildung der Regierung seit langem. Die Zahl der Ministerien und Aufsichtsbehörden im Rang eines Ministeriums wird von 34 auf 26 zusammengestrichen. Ausgedient hat die Familienplanungskommission, die über Jahrzehnte für die Umsetzung der mittlerweile abgeschafften Ein-Kind-Politik zuständig war.

Das Ziel: die Erhaltung des Regimes

Die wichtigste Änderung ist die Zusammenlegung der Finanz- und Bankenaufsicht. Die neue Superbehörde soll die tief verzweigte Finanzbranche ohne Gezanke um Zuständigkeiten besser kontrollieren, um riskante Kreditvergaben und die hohe Verschuldung der Unternehmen einzudämmen. Beobachter sahen ein Zeichen, dass Peking den Kampf gegen Finanzrisiken verschärfen will. Erst im Dezember hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) China aufgefordert, entschiedener gegen die hohen Schulden heimischer Firmen vorzugehen.

Der Umbau der Regierung dient nach Angaben von Liu He, wichtigster Wirtschaftsberater von Xi Jinping, auch dazu, «tief verwurzelte Machtverhältnisse und Interessengruppen aufzurütteln», wie ihn die Nachrichtenagentur Xinhua zitierte. «Es gibt jetzt eine kleinere Regierung, wodurch es einfacher ist, alle zu kontrollieren», sagte auch der Historiker Zhang Lifan. «Das Ziel dahinter ist die Erhaltung des Regimes und der Partei.»

Militärische Supermacht China
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Andreas Landwehr und Jörn Petring, dpa