Seit 300 Jahren existiert das Schloss Hindelbank bei Bern, seit 125 Jahren wird als Frauenanstalt genutzt.
Blick in die Glätterei von Hindelbank, um 1928.
Vom «Weiberhaus» zur JVA: 125 Jahre Frauengefängnis in Hindelbank - Gallery
Seit 300 Jahren existiert das Schloss Hindelbank bei Bern, seit 125 Jahren wird als Frauenanstalt genutzt.
Blick in die Glätterei von Hindelbank, um 1928.
Das einzige Frauengefängnis der Deutschschweiz in Hindelbank BE blickt zurück auf eine 125-jährige Geschichte. Das einstige «Weiberhaus» ist heute eine Justizvollzugsanstalt mit 107 Plätzen für Frauen, die sich auf ihre Resozialisierung vorbereiten.
Zum Jubiläum präsentierte der Kanton Bern am Donnerstag ein Buch und eine Ausstellung in Hindelbank. Beide setzen sich mit der wechselvollen Geschichte der Anstalt auseinander. Die Ausstellung ermöglicht für kurze Zeit auch den Zutritt zum sonst nicht öffentlich zugänglichen Schloss Hindelbank.
Es war eine Berner Patrizierfamilie, die das Schloss vor 300 Jahren erbauen liess. Im 19. Jahrhundert erwarb es der Kanton und machte es zu einer Anstalt. Im «Weiberhaus» wurden nicht nur strafrechtlich Verurteilte untergebracht, sondern auch Frauen, deren Lebensweise nicht den vorherrschenden Normen und Wertvorstellungen entsprach.
Bis 1981 gab es hierzulande solche fürsorgerische Zwangsmassnahmen. Sie gelten als ein dunkles Kapitel der Schweizer Sozialgeschichte, wie Bundesrätin Karin Keller-Sutter im Vorwort des Buchs in Erinnerung ruft. Auch in Hindelbank lebten viele Frauen, die ohne Gerichtsurteil weggesperrt wurden.
Eine räumliche Trennung von Verurteilten und «Versorgten» gab es nicht. Strafgefangene lebten und arbeiteten zusammen mit Frauen, denen etwa Arbeitsscheu, liederliches Leben, Vernachlässigung der Familien, Trunksucht oder Prostitution vorgeworfen wurde – nach den Massstäben bürgerlich-patriarchaler Moralvorstellungen.
Theologin an der Spitze
Heute bietet die JVA Hindelbank insgesamt 107 Haftplätze im offenen und geschlossenen Straf- und Massnahmenvollzug, und sie beschäftigt 110 Mitarbeitende. Direktorin ist seit zehn Jahren die Theologin und Sozialarbeiterin Annette Keller.
«Wir stehen dezidiert für humanistische Werte», sagt sie in dem im Buch abgedruckten Interview. Das beginne bereits bei der Ankunft einer neuen Insassin. Die Frauen «sollten bereits in der ersten Minuten spüren: Hier bin ich willkommen», sagte Keller – auch wenn das für ein Gefängnis seltsam klinge.
Der lange Weg zurück
«Unsere Aufgabe ist es, Sicherheit zu schaffen – jetzt und für später, wenn die Frauen dereinst wieder in die Gesellschaft integriert sind.» Als Orientierung dient ein Vollzugsplan. Die Fortschritte werden in Standortgesprächen immer wieder überprüft.
«Für die Deliktprävention ist zentral zu erkennen, woran eine Eingewiesene arbeiten muss, damit sie nicht rückfällig wird», sagt Keller. Doch nicht alle Frauen schaffen es, sich nach der Entlassung ein neues Leben aufzubauen.
Gemäss Statistik werden 20 Prozent rückfällig und wieder eingewiesen. Eine grosse Hürde sei Drogensucht, die oft erneut in die Beschaffungskriminalität führe. «Von den anderen 80 Prozent wissen wir nicht, wie sie ihr Leben in Freiheit meistern», sagte Direktorin Keller.
Insgesamt gibt es in der Schweiz rund 250 Gefängnisplätze für Frauen. Die JVA Hindelbank nimmt Eingewiesene aus der ganzen Deutschschweiz ab einer Vollzugsdauer von drei Monaten auf. Bei freien Kapazitäten werden auch Frauen aus der Romandie aufgenommen. Dort befindet sich in Lonay VD ein Frauengefängnis mit 82 Plätzen.