Nordeuropa spannt zusammen Vor Putins Haustür entsteht gerade eine neue Super-Luftwaffe

Von Philipp Dahm

28.3.2023

In Zukunft zusammen: Drei schwedische JAS 39 Gripen und eine finnische F/A-18 Hornet bei Manöver.
In Zukunft zusammen: Drei schwedische JAS 39 Gripen und eine finnische F/A-18 Hornet bei Manöver.
Finnische Luftwaffe

Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland wollen sich zusammentun und eine der grössten europäischen Luftwaffen bilden. Auch andere europäischen Streitkräfte arbeiten zusammen, um Kosten zu sparen.

Von Philipp Dahm

28.3.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland wollen ihre Luftwaffe zusammenlegen
  • Die neue gemeinsame Luftwaffe soll rund 250 Kampfflugzeuge umfassen
  • EU- und Nato-Staaten sparen durch Zusammenarbeit auch in den Bereichen Heer und Marine beträchtliche Kosten ein

Die Neutralität ist ein kostspieliges Gut. Nicht nur politisch, etwa mit Blick auf die Weitergabe von Schweizer Waffen oder Munition, sondern auch, was militärische Spareffekte angeht.

Ganz anders die Nato-Staaten: Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland machen vor, wie man einerseits schlagkräftiger wird, während man andererseits die Ausgaben senkt. Die vier Länder wollen ihre Luftwaffen zusammenlegen und haben ein entsprechendes Abkommen unterzeichnet.

«Die Absicht ist, als eine gemeinsame Luftwaffe agieren zu können», schreibt die norwegische Zeitung «Aftenposten». «Es beinhaltet ein gemeinsames Training, mit einem gemeinsamen Unterstützungsapparat, Logistik und Planung.»

So soll ein gemeinsamer Pool entstehen, der dereinst rund 250 Kampfflugzeuge umfassen soll. Die Nordeuropäer würden damit «gleichauf mit europäischen Supermächten wie Frankreich und Grossbritannien» liegen, frohlockt «Aftenposten».

Vergleichbar mit grossen europäischen Ländern

Befeuert wird die Kooperation vom Krieg in der Ukraine, räumt Generalmajor Jan Dam von der dänischen Luftwaffe gegenüber «Reuters» ein. «Unsere zusammengelegte Luftwaffe kann mit denen der grossen europäischen Länder verglichen werden.»

Erstmals sei das Projekt im November bei einem Treffen der Verantwortlichen in Schweden diskutiert worden: Die resultierende Absichtserklärung sei vergangene Woche auf der US-Basis Ramstein in Deutschland unterzeichnet worden – im Beisein des US-Air-Force-Generals James Hecker.

Die Kooperation dreht sich nicht nur um fliegendes Gerät: «Wir wollen sehen, ob wir unsere Luftraumüberwachung besser integrieren können. Wir können Radar-Daten der anderen benutzen und gemeinsam auswerten. Das tun wir heute nicht», erklärt Dam.

Kooperation auch bei der Flugabwehr

Norwegen hat eine Flotte von 57 F-16- und 37 F-35-Jets. Finnland verfügt über 62 F/A-18 und 64 F-35, während Dänemarks Piloten 58 F-16- und 27 F-35-Jets zur Verfügung haben. Schwedens Luftwaffe hat über 90 Gripen-Kampfflugzeuge angeschafft. Wie viele der Jets derzeit flugtauglich sind, ist nicht bekannt.

Die Nordeuropäische Luftwaffe ist nur das jüngste Kooperationsprojekt in Europas Militär. Auch die European Sky Shield Initiative ist durch die russische Invasion der Ukraine angestossen worden: Im August hat der deutsche Kanzler Olaf Scholz angekündigt, mit anderen Staaten die Flugabwehr zusammenlegen zu wollen.

17 europäische Länder wollen bei der Luftabwehr zusammenarbeiten: Die Systeme Iris-T (im Bild), Patriot und Arrow 3 sollen den gemeinsamen Luftraum schützen.
17 europäische Länder wollen bei der Luftabwehr zusammenarbeiten: Die Systeme Iris-T (im Bild), Patriot und Arrow 3 sollen den gemeinsamen Luftraum schützen.
Bild: Commons/Matti Blume

Ziel ist es, ballistische Raketen, Drohnen und Marschflugkörper gemeinsam aufzuspüren und abzufangen. 15 Staaten, die ausser Finnland alle auch Nato-Mitglieder sind, haben im Oktober entsprechende Verträge unterzeichnet. Im Februar haben sich auch Dänemark und Schweden angeschlossen.

Deutsche Division mit Kräften aus Frankreich und den Niederlanden

«Die Nationen wollen gemeinsam die entsprechenden Waffensysteme beschaffen und deren Betrieb sicherstellen», erklärt das deutsche Verteidigungsministerium das Projekt. «Durch die gemeinsame Beschaffung werden Kosten gespart. Gemeinsame logistische Konzepte sowie gemeinsame Instandsetzung und Materialerhaltung können zudem die Betriebskosten reduzieren.»

Noch weiter geht die Kooperation zwischen den Niederlanden und Deutschland. Die Regierung in Den Haag hatte schon lange zwei ihrer drei Kampfbrigaden mit Berlins Militär zusammengelegt. Im Februar wurde schliesslich auch die dritte in die Bundeswehr integriert: Damit steht die 13. Leichte Brigade der Niederlande nun unter dem Oberkommando der 10. Panzerdivision Veitshöchheim bei Würzburg.

Deutschland und Niederlande wollen stärker zusammenarbeiten

Deutschland und Niederlande wollen stärker zusammenarbeiten

Dafür, dass sie wegen der Marathon-Sitzung des Koalitonsausschusses im Kanzleramt nicht wirklich geschlafen haben konnten, wirkten die Mitglieder der Bundesregierung am Montagabend noch ziemlich frisch. Beim Arbeitsessen mit der Vertretern der niederländischen Regierung in Rotterdam. Ergebnisse des Treffens gab es auch: Demnach wollen die Niederlande und Deutschland in den Bereichen Energie und Verteidigung enger zusammenarbeiten.

28.03.2023

Damit geben die Niederlande ihre eigenen Panzereinheiten auf und leasen fortan 18 Leopard 2 von der Bundeswehr. «Viele Leute realisieren gar nicht, wie einzigartig das ist, was wir tun», wird dazu Brigadegeneral Jean-Paul Duckers zitiert. Zur 10. Panzerdivision gehört auch die Deutsch-Französische Brigade, die rund 6000 Mann stark ist.

Auch im maritimen Bereich kann Zusammenarbeit massiv Kosten einsparen: Mit Norwegen kooperiert Deutschland bei der Beschaffung von See-Flugkörpern und bei der Beschaffung von U-Booten. Gemeinsam wurden U-Boote der Klasse 212 CD bestellt: Berlin nimmt dem ThyssenKrupp-Konzern zwei Boote ab. Oslo kauft derer vier.