Lockdown vermieden Darum ist Finnland im Kampf gegen Corona so erfolgreich

tafu

21.12.2020

Helsinki im Juli 2020: Der Weg Finnlands durch die Coronakrise scheint bisher zu funktionieren. (Archivbild) 
Helsinki im Juli 2020: Der Weg Finnlands durch die Coronakrise scheint bisher zu funktionieren. (Archivbild) 
Bild: Keystone/EPA/Kimmo Brandt

Immer mehr europäische Länder verhängen im Kampf gegen die Pandemie einen erneuten Lockdown. Doch einige wenige Länder haben das Virus scheinbar im Griff, besonders Finnland sticht mit seinem Weg durch die Krise heraus.

Obwohl in immer mehr Ländern Impfstoffe zugelassen werden und Impfungen kurz bevorstehen oder bereits begonnen haben, befindet sich ein Grossteil der europäischen Länder in einem Lockdown – schon wieder. Nachdem man noch am Ende des Sommers überall den Eindruck gewinnen konnte, die Pandemie sei langsam endlich unter Kontrolle, schlug die zweite Welle umso härter zu.

Politiker sehen sich in einer Zwickmühle: Welche Massnahmen müssen zwingend ergriffen werden? Wie weit kann man die Wirtschaft herunterfahren, ohne dass sie langfristigen Schaden nimmt? Und wie viel Kontaktbeschränkung kann man der Bevölkerung auferlegen, ohne dass ihr Unmut, besonders an den Weihnachtsfeiertagen, zu gross wird?

Die perfekte Lösung gibt es nicht

«Die Schlüsselfrage besteht nun darin, das optimale Paket von Richtlinien zu ermitteln, um den Nutzen für die Gesundheit bei minimalen Kosten zu maximieren», erklärt Thomas Hale von der Universität Oxford auf CNN. Dabei sei es wichtig zu berücksichtigen, dass es nicht die eine magische Formel gebe, sie kann von Land zu Land sehr unterschiedlich sein.

Allerdings gebe es drei Länder, die bei einer von CNN durchgeführten Analyse der Massnahmen ganz besonders herausstechen. Drei Länder in Europa, die den Virus seit drei Monaten unter Kontrolle haben, ohne einen erneuten Lockdown zu verhängen: Finnland, Norwegen und Dänemark. Doch warum? Was haben diese Länder anders gemacht als der Rest Europas?



Aus der Analyse der Daten der Universität von Oxford und der Johns-Hopkins-Universität geht hervor, dass alle drei Länder, obwohl ihre Restriktionen zu den mildesten auf dem Kontinent gehören, ihre Todesraten pro Tag sehr niedrig halten konnten. Der Grund liege unter anderem darin, dass Dänemark, Finnland und Norwegen schon beim kleinsten Anstieg der Infektionen schnell reagierten.

So konnte das Virus während des Sommers fast ausgerottet werden und man trat dem Herbst in einer viel stärkeren Position als andere Länder entgegen. Ausserdem, so erklären Experten weiter, seien klare Richtlinien und die Bereitschaft der Bevölkerung, diesen zu folgen, der Schlüssel zum Erfolg. Ein Ausbau der Testkapazitäten und bei der Nachverfolgung sowie eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall taten ihr Übriges.

Finnen vertrauen ihrer Regierung

Am besten in Europa mit der Krise klargekommen ist Finnland, das Land verzeichnet die niedrigsten Durchschnittswerte an Infektionen und Todesfällen pro Kopf. Und das, obwohl das Reisen innerhalb des Landes nicht eingeschränkt war, Schulen und Büros von allen, die es für notwendig hielten, aufgesucht werden durften und es keine Maskenpflicht gab.

«Daran gibt es nichts Magisches – wir haben einfach nur einen pragmatischen Ansatz», erklärt Professor Pekka Nuorti von der Universität Tampere. Natürlich waren die lokalen Gegebenheiten dabei hilfreich: eine geringe Bevölkerungsdichte, wenig Reisetätigkeit und grosses Vertrauen in die Regierung.



Doch den Unterschied habe tatsächlich die Arbeit der Gesundheitsämter gemacht, so Nuorti. Finnland baute während des Sommers ein bewährtes epidemiologisches Vorgehen auf: Testen, Isolieren, Kontaktverfolgung, Quarantäne sowie Verhindern von Superspreader-Events auf lokaler Ebene. Von Mai bis August vervierfachte Finnland die täglichen Tests, Ende November wurde bis zu 23'000-mal pro Tag getestet.

Finnland hat sich auf die zweite Welle vorbereitet

Ausserdem nutzte Finnland den Sommer, um sich auf eine zweite Welle vorzubereiten. Man reagierte mit vorbeugenden Massnahmen, anstatt auf einen Lockdown zu setzen. Internationale Reisen während fast des ganzen Sommers einzuschränken wurde zum Erfolgsrezept, um im Herbst gut dazustehen.

Damit die Menschen im Falle einer Ansteckung oder eines Kontakts mit einer infizierten Person zu Hause bleiben und sich isolieren konnten, wurden sie vom Staat wirtschaftlich unterstützt. Tausende, die dem Coronavirus ausgesetzt waren, konnten daheim bleiben, da die Regierung ihre finanziellen Verluste kompensierte.



«Es ist nicht so, dass wir keine Ausbrüche gehabt hätten», erklärt Pekka Nuorti. Auch in Finnland gab es lokale Hotspots und Superspreader-Events. Doch die lokalen Gesundheitsbehörden konnten, koordiniert durch die Regierung, mithilfe von Echtzeitdaten eine Ausbreitung verhindern.

Allerdings, so gibt Nuorti zu bedenken, mit steigenden Zahlen wird es zunehmend schwerer, alle Quellen einer Ansteckung auszumachen. Sollte sich die Lage verschlechtern, ist auch in Finnland ein Lockdown nicht ausgeschlossen, erklärt Mika Salminen, Direktor für Gesundheitssicherheit am Finnischen Institut für Gesundheit und Soziales.

Dass es den einen perfekten Weg nicht gibt und die Lage immer wieder neu bewertet werden muss, zeigt nun die Entwicklung in Dänemark: Während das Land die Krise ähnlich wie Finnland offenbar hervorragend meisterte, kippt nun die Situation. Aufgrund steigender Infektionszahlen und Todesfällen hat Dänemark die Restriktionen im Land wieder hochgefahren und einen landesweiten Lockdown verhängt.

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