Angeblich geleakte AgendaWarum Trumps Friedensplan das Aus der Ukraine bedeuten würde
Philipp Dahm
8.2.2025
US-Hilfen nur gegen Bodenschätze: Trump wittert Deal mit Ukraine
Washington/Kiew, 04.02.2025: US-Hilfen nur gegen wertvolle Bodenschätze: Präsident Donald Trump wittert die Chance auf einen lukrativen Deal mit der von Russland angegriffenen Ukraine.
Donald Trump:
24:15
«Wir streben einen Deal mit der Ukraine an, in dem unsere Hilfen mit ihren seltenen Erden und anderen Dingen bezahlt/absichert.»
Seltene Erden werden etwa für die Herstellung von Halbleitern und die Produktion von Smartphones und Elektroautos benötigt.
Die USA sind der wichtigste Unterstützer und Waffenlieferant der Ukraine. Trump hat allerdings schon mehrfach angedeutet, dass er die Unterstützung der USA drastisch zurückfahren könnte.
05.02.2025
Eine britische Zeitung will erfahren haben, wie Donald Trump den Krieg in der Ukraine beenden will. Wenn der Bericht stimmt, wäre es aber vielmehr das Ende der Ukraine selbst.
Wenn es stimmt, was die «Daily Mail» schreibt, sind die Tage der Ukraine gezählt. Das britische Boulevardblatt will Einblick in Donald Trumps Friedensplan genommen haben, mit dem der 78-Jährige den Krieg in Osteuropa zu beenden sucht. Für Kiew ist der Vorschlag ein Alptraum.
Laut Washingtons Agenda sollten Wolodymyr Selenskyj und Wladimir Putin dieser Tage Kontakt via Telefon aufnehmen. Ende Februar bis Anfang März stünde das erste Treffen an. Ab dem 20. April würde eine Waffenruhe ausgerufen. Der Frieden sollte dann am 9. Mai erklärt werden – dem symbolträchtigen «Tag des Sieges» der Sowjetunion über Nazideutschland.
Für Kiew wäre dieser Frieden teuer: Die Ukraine würde nicht nur jene vier Regionen verlieren, die Russland annektiert hat – es sind Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja. Selenskyj müsste auch den Anspruch auf die Oblaste aufgeben – und die ukrainischen Truppen aus Kursk abziehen. Kiew müsste weiter umgehend das Kriegsrecht aussetzen und demobilisieren.
Leaked Trump peace plan?#Zelensky cancels decree against negotiation w/Putin
Wer garantiert nun die Sicherheit der Ukraine? Die Nato schon mal nicht: Eine Mitgliedschaft soll Kiew dauerhaft verwehrt bleiben. Dafür soll eine demilitarisierte Zone zwischen den dann ehemaligen Kriegsparteien gezogen werden, die europäische Truppen – womöglich mit britischen Soldaten – sichern sollen.
Statt der Nato-Aufnahme soll der Ukraine ein Beitritt zur EU bis 2030 ermöglicht werden. Die USA wollen der «Daily Mail» zufolge keine Truppen abstellen, aber beim wirtschaftlichen Wiederaufbau helfen, dessen Kosten auf 486 Milliarden Dollart geschätzt werden.
Donald Trump trifft am 27. September in New York Wolodymyr Selenskyj.
Bild: KEYSTONE
Die letztgenannten Punkte könnten Kiew kaum versöhnlich stimmen. Die Ukraine müsste durch die Annexion der vier Oblaste heimisches Territorium räumen und wirtschaftlich bedeutende Gebiete verlieren. Die Streitkräfte müssten zudem in diesen Teilen ihre befestigten Stellungen übergeben. Nicht zuletzt soll die Aufgabe dieser Regionen auch noch vertraglich bindend besiegelt werden.
Das Gebiet zwischen dem schwarzen Strich und der Frontlinie müssten die Ukrainer räumen, wenn Trumps geleakter Friedensplan echt ist0.
DeepStateMap/phi
Auch der Umstand, dass die Schutztruppen ohne US-Beteiligung auskommen sollen, macht wenig Mut: Sie wären eine Voraussetzung für eine glaubwürdige Abschreckung Russlands. Dass sich Moskau von der Anwesenheit von Briten oder Franzosen abhalten liesse, nachdem der Kreml sich militärisch erholt hätte, scheint fraglich.
Ein Angriff auf Briten und Franzosen ausserhalb des Nato-Territoriums würde noch nicht mal einen Bündnisfall auslösen. Und selbst wenn Artikel 5 bemüht wird: Die Nato-Mitglieder sind auch dann nur zu einer angemessenen Unterstützung verpflichtet. Wie diese aussieht, definiert jeder selbst.
Ein weiteres Problem: Zwischen der Waffenruhe und der Erklärung des Friedens liegen nur 20 Tagen. In dieser kurzen Zeit die Schutztruppe zu organisieren, scheint unmöglich. Kiew hingegen wäre wegen der umgehenden Demobilisierung dabei völlig schutzlos, denn Moskau muss dagegen seine Vertragssoldaten nicht entlassen.
Die Präsidenten Xi Jinping (links) und Wladimir Putin im Oktober im russischen Kasan: Was macht China, wenn die USA Russland in Osteuropa gewähren lassen?
KEYSTONE
Ob Trump Selenskyj tatsächlich derlei harte Konditionen aufbürden will, muss sich zeigen. Ist das aber tatsächlich sein Plan, wäre die Aussenwirkung fatal: Russland würde mit seinem Vorhaben durchkommen, einem Nachbarland Territorien in einem völkerrechtswidrigen Krieg abzunehmen. Andere Länder wie China könnten sich mit Blick auf Taiwan bestärkt fühlen.
Für den ukrainischen Präsidenten kann man nur hoffen, dass der Bericht der «Daily Mail» eine Ente ist.