Gipfel droht zu platzen Washingtons To-do-Liste vor Treffen mit Kim ist gewaltig

von Catherine Lucey, Zeke Miller und Matthew Lee, AP

20.5.2018

Die für den Gipfel mit Nordkorea verantwortlichen US-Diplomaten sind kaum zu beneiden. Tausende Details müssen stimmen, obwohl für die Planung nur wenige Wochen bleiben. Und am Ende ist nicht ausgeschlossen, dass doch wieder alles abgesagt wird.

Wer sitzt wo? Was passiert wann? Wie wird für Sicherheit gesorgt? Werden sie sogar gemeinsam essen? Sollten US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un wirklich nach Singapur reisen, wird nichts dem Zufall überlassen. Die Ankündigung des Treffens kam so überraschend, dass die Verantwortlichen nun unter grossem Druck stehen. Zumal es nicht nur auf die richtige Verhandlungstaktik ankommen dürfte, sondern wohl auch auf Details des Menüs.

Bei dem Gipfel in Singapur am 12. Juni werden, sofern alles nach Plan verläuft, zwei eigenwillige Politiker aufeinandertreffen - vor allem aber zwei unberechenbare Persönlichkeiten. Auch wenn die USA das weit mächtigere Land sind, spätestens seit der Absagedrohung in dieser Woche dürfte jedem im Weissen Haus klar sein, dass Nordkorea nicht alle etwaigen Vereinbarungen einfach abnicken wird.

Trump: «Vorbereitungen in vollem Gange»

Trump betonte am Donnerstag, die Vorbereitungen seien in vollem Gange. «Unsere Leute sind buchstäblich in diesem Moment damit beschäftigt, das Treffen zu organisieren», sagte er. Beide Seiten würden «weiter über den genauen Rahmen vor Ort, über die Art des Treffens, die Räume und alles andere» sprechen. «Sie verhandeln, als wäre nichts gewesen.»

Internationale Gipfel auf höchster Ebene sind natürlich fast immer mit einem grossen organisatorischen Aufwand verbunden. Und ähnlich wie bei einem Eisberg ist nur ein winziger Teil davon für alle sichtbar. Wenn es darüber hinaus denn um Staaten geht, die sich noch vor wenigen Monaten gegenseitig mit Krieg gedroht haben, macht das die Sache nicht einfacher. Logistik und Sicherheit sind grosse Schwerpunkte der Planer.

«Ich gehe davon aus, dass hunderte, wenn nicht tausende Stunden Arbeit in die Vorbereitung des Gipfels gesteckt werden», sagt Patrick McEachern, der früher im US-Aussenministerium tätig war und heute am Woodrow Wilson Center in Washington forscht.

Aus Sicht von Scott Mulhauser, einst Stabschef in der amerikanischen Botschaft in Peking, sind gerade die strategischen Experten gefordert. Sie müssten voraussehen, welche Positionen die Gegenseite einnehmen könnte, sagt er. «Wenn man das nicht im Vorfeld durchspielt, ist die Vorbereitung nicht ausreichend.» Die USA müssen sich auch Gedanken darüber machen, zu welchen Zugeständnissen sie bereit wären. Von Nordkorea fordern sie eine «Einstellung des Atomprogramms». Wann genau und in welcher Form dies geschehen könnte, bliebe noch zu klären.

Pjönjang verlangt Gegenleistung

Und Pjöngjang würde wohl in jedem Fall eine «Gegenleistung» erwarten. Trump verlässt sich bei diesen Fragen vor allem auf Mike Pompeo. Der hat sich bereits zweimal in Pjöngjang mit Kim getroffen - als Leiter des Geheimdienstes CIA und in seinem neuen Amt als Aussenminister. Für den bevorstehenden Gipfel hat Pompeo eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen. Sitz der Gruppe ist die CIA-Zentrale in Langley in Virginia.

Startschuss für die Vorbereitungen war im Prinzip der Tweet von Trump, in dem er die Welt über sein geplantes Treffen mit Kim informierte. Parallel zu den persönlichen Reisen von Pompeo wurde in den vergangenen Wochen auch der sogenannte New-York-Kanal intensiv genutzt - also der Kontakt mit den nordkoreanischen Diplomaten am dortigen UN-Sitz.

Erste Hürde war offenbar die Einigung auf einen Ort. Aus Regierungskreisen in Washington hiess es, Kim sei sehr darauf bedacht gewesen, nicht irgendwo hinzureisen, wo seine eigene Sicherheit in Gefahr sein könnte. Pjöngjang, wo die Nordkoreaner die volle Kontrolle über die Verhandlungsorte sowie über sämtliche Kommunikation gehabt hätten, sei dagegen für die Vereinigten Staaten nicht infrage gekommen.

Gegen die «Entmilitarisierte Zone» auf der Koreanischen Halbinsel hatten einige Mitarbeiter des Weissen Hauses Einwände, weil dann die Annäherung zwischen Nord und Süd vielleicht zu sehr das Thema nukleare Abrüstung überlagert hätte. Dass sich die Nordkoreaner schliesslich auf Singapur einliessen, hatte Experten zufolge wohl viel mit dem gerade erfolgreich absolvierten Besuch von Kim in China zu tun.

Wenig Kontakt mit Nordkorea

Dessen Reise in die Stadt Dalian war der erste offizielle Auslandsflug eines nordkoreanischen Machthabers seit Jahrzehnten - und somit eine Art Testlauf. Zuvor war Kim, wenn überhaupt, ähnlich wie sein Vater stets mit der Bahn nach China gereist. Nur äusserst wenige Amerikaner haben bisher direkten Kontakt mit Vertretern des Regimes in Pjöngjang gehabt. Entsprechend ist der Kreis derer, die Trump effektiv beraten könnten, sehr klein.

Nach Einschätzung von Bill Richardson, der einst als US-Botschafter bei den Vereinten Nationen mit den Nordkoreanern verhandelte, wird es sehr darauf ankommen, den Aufbau eines harmonischen Verhältnisses zwischen den beiden Hauptpersonen zu ermöglichen. Sein wichtigster Rat an die Gipfelorganisatoren: «Sorgt dafür, dass Präsident Trump und Kim Jong Un auch Zeit haben, sich ungestört zu unterhalten.»

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