Mysteriöse Anschlagsserie Vergiftungswelle von iranischen Schulmädchen nimmt kein Ende

AFP/dpa/tpfi

5.3.2023

Ein Mädchen geht an einer Häuserfassade entlang. Hunderte Schulmädchen sind in den vergangenen drei Monaten im Iran vergiftet worden. Immer noch gibt es keine offizielle Erklärung. 
Ein Mädchen geht an einer Häuserfassade entlang. Hunderte Schulmädchen sind in den vergangenen drei Monaten im Iran vergiftet worden. Immer noch gibt es keine offizielle Erklärung. 
Bild: Keystone

Aus mehreren Regionen im Iran sind am Sonntag weitere Fälle von mysteriösen Vergiftungen von Schulmädchen gemeldet worden. So hätten in den Städten Abhar im Westen und Ahwas im Südwesten des Landes an zwei Oberschulen mehrere Mädchen Vergiftungen erlitten, berichtete die iranische Nachrichtenagentur Isna unter Berufung auf Vertreter der örtlichen Gesundheitsbehörden. Auch eine Grundschule in Sandschan im Westen des Iran war demnach betroffen.

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Die Nachrichtenagenturen Mehr und Ilna berichteten, von den neuen Vergiftungsfällen seien unter anderem Schulen in Maschhad im Nordosten des Landes, im zentraliranischen Isfahan sowie im südlichen Schiras betroffen.

In den vergangenen drei Monaten waren mehrere hundert Fälle von Vergiftungen von Mädchen in dutzenden Schulen gemeldet worden. Nach Behördenangaben waren insgesamt 52 Schulen betroffen.

Am Freitag hatte Präsident Ebrahim Raisi das Innen- und das Geheimdienstministerium angewiesen, den Vergiftungsfällen nachzugehen. Er bezeichnete diese als «Verschwörung des Feindes, um Angst und Verzweiflung in der Bevölkerung zu schüren». Der iranische Innenminister Ahmed Wahidi teilte am Samstagabend in einer Erklärung mit, bei der «Suche vor Ort» seien «verdächtige Proben» gefunden worden. Nähere Angaben dazu machte er nicht.

Eine offizielle Erklärung gibt es nicht

Vize-Innenminister Madschid Mirahmadi sagte der Nachrichtenagentur Fars, die Drahtzieher der Vergiftungen verfolgten das Ziel, Mädchenschulen zu schliessen. Sie wollten die iranische Führung dafür verantwortlich machen und «die gelöschte Flamme der Unruhen wieder anfachen».

Damit bezog sich der stellvertretende Innenminister auf die Massenproteste, die vergangenes Jahr durch den Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini ausgelöst worden waren. Sie war im September von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie ihr Kopftuch nicht ordnungsgemäss getragen haben soll. Aktivisten erheben den Vorwurf, dass Amini von der Polizei misshandelt wurde.

Mihramadi versicherte, dass nur «ein sehr kleiner Anteil» der Vergiftungen durch «absichtliche Aktionen» herbeigeführt worden seien. Ein «bedeutender Anteil» der betroffenen Schülerinnen habe allerdings infolge von «Ängsten und Stress» mit Komplikationen zu kämpfen. Die Vergiftungsfälle, die im Iran hohe Wellen schlagen und besorgte Eltern auf den Plan rufen, sorgen auch international für Empörung.

Kulturschaffende fordern Aufklärung

Hunderte Kulturschaffende im Iran haben nach der jüngsten Vergiftungswelle an Mädchenschulen Aufklärung gefordert. Wie die Tageszeitung «Shargh» am Sonntag berichtete, unterzeichneten 500 Prominente einen entsprechenenden Appell. Eltern demonstrierten am Wochenende und forderten Erklärungen, die Wut gegen Irans Führung steigt.

«Die vorsätzlichen Massenangriffe auf Mädchenschulen im Land sind eine neue Katastrophe, die nichts anderes bezweckt, als Terror zu erzeugen und die Kosten für die selbstverständlichen Rechte der Mädchen in der Gesellschaft zu erhöhen», zitierten iranische Medien aus dem Appell. «Wir verurteilen diese Tragödie und fordern die Verhaftung und Bestrafung der Täter.»