Welcher Shutdown?Keine Essensmarken für Millionen – doch Trump prasst weiter wie gewohnt
dpa
31.10.2025 - 19:04
US-Präsident Donald Trump in seiner Limousine, bekannt als «The Beast», auf dem Weg ins Wochenende nach Mara-a-Lago .
AP Photo/Luis M. Alvarez/Keystone
Am Alltag des US-Präsidenten lässt sich kaum erkennen, dass die meisten Behörden geschlossen und viele Bundesbeschäftigte im Zwangsurlaub sind. Bei einem Shutdown in seiner ersten Amtszeit war das noch anders.
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DPA, Redaktion blue News
31.10.2025, 19:04
31.10.2025, 19:06
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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Wegen der Haushaltssperre in den USA sind Hunderttausende Beamte in den Zwangsurlaub geschickt worden.
Zudem läuft ein Lebensmittelhilfe-Programms aus – die ausreichende Versorgung von Millionen Amerikanern ist bedroht.
US-Präsident Trump hingegen nimmt sich kaum zurück.
Weder schränkte er – wie etwa während seiner ersten Amtszeit – sein Reisepensum ein, noch verzichtet er auf sonstige Annehmlichkeiten.
Eine Einigung zwischen den Demokraten und den Republikanern um ein Ende des «Shutdowns» ist indessen weiterhin nicht in Sicht.
Der anhaltende «Shutdown» in den USA wirkt sich auf das Leben von Millionen Amerikaner*innen aus. Doch trotz der Haushaltssperre in den USA hat Präsident Donald Trump sein Reisepensum nicht eingeschränkt. Er spielt weiter Golf und begnügt sich im Weissen Haus nicht mit einer Notbesetzung von Mitarbeitenden. Sogar die dort servierten Hamburger werden – anders als beim sogenannten Shutdown in seiner ersten Amtszeit – nicht vom Schnellrestaurant geliefert, sondern direkt im Haus zubereitet.
Bei früheren Haushaltssperren fuhren Präsidenten ihr Programm normalerweise zurück. «Nicht unbedingt nötige» Mitarbeitende wurden nach Hause geschickt, und das Weisse Haus bemühte sich oft, verständnisvoll gegenüber Amerikanern zu wirken, die wegen geschlossener Behörden von Ausfällen im Gesundheitswesen, bei Leistungen für Veteranen und anderen wichtigen Dienstleistungen betroffen waren.
Millionen von Hunger bedroht
Durch die derzeitige Haushaltssperre sind rund 750'000 Bundesangestellte zwangsbeurlaubt, andere arbeiten ohne Bezahlung. Die Finanzierung des Lebensmittelhilfe-Programms Snap («Supplemental Nutrition Assistance Program») läuft nach Freitag aus – davon betroffen sind nach Regierungsangaben rund 42 Millionen Menschen, die auf diese Hilfe angewiesen ist, um Lebensmittel einzukaufen.
Bislang gibt es keine Pläne, einen entsprechenden Notfallfonds anzuzapfen, um die Finanzierung ihrer Unterstützung sicherzustellen. Betroffen sind vor allem Familien mit geringem Einkommen, Alleinerziehende und Ältere, die auf monatliche Leistungen des Programms angewiesen sind . Dutzende Städte klagen deswegen gegen die Regierung.
Doch für Trump verliefen die vergangenen Tage seit Einsetzen des Shutdowns am 1. Oktober weitgehend wie gewohnt.
Shutdown bedroht Nahrungsmittelhilfe für US-Bürger
STORY: Nationalgardisten im Einsatz bei einer Tafel in Los Angeles am Donnerstag: Der US-Bundesstaat Kalifornien hat die uniformierten Kräfte als Helfer geschickt, um bei der Lebensmittelversorgung mit anzupacken. Durch den Regierungsstillstand in den USA, den sogenannten «Shutdown», hatte sich hier eine Lücke aufgetan. David May, Marketingchef Los Angeles Regional Food Bank «Wir sind sehr dankbar für die Hilfe der Nationalgarde. Schauen Sie auf die COVID-19-Pandemie zurück, da hatte sie rund zwei Jahre lang eine ähnliche Rolle inne. Sie helfen dabei, die Lebensmittel vorzubereiten und sorgen dafür, dass diese gesund und sicher sind, wenn wir sie an die Bevölkerung verteilen.» Aber nicht nur die Verteilung der Lebensmittel ist für die Helfer eine Herausforderung. Auch die staatliche Nahrungsmittelhilfe SNAP könnte zum Erliegen kommen. Das Programm, über das Bedürftige Lebensmittelmarken bekommen, läuft am Samstag aus. Der Notfallplan des US-Landwirtschaftsministeriums hatte ursprünglich Reservemittel für SNAP vorgesehen. Am vergangenen Wochenende teilte die Behörde jedoch mit, dass ab 1. November keine Leistungen mehr ausgezahlt würden. Eine Koalition von demokratisch geführten US-Bundesstaaten reichte am Dienstag Klage dagegen ein. David May, Marketingchef Los Angeles Regional Food Bank «Das muss dringend gelöst werden. Wir halten uns aus der Politik heraus. Wir wissen nur, dass es Menschen gibt, die mit Ernährungsunsicherheit zu kämpfen haben. Es gibt Menschen in unseren Gemeinden, die Hunger leiden. Und als Tafel wollen wir das nicht sehen. Wir möchten, dass die Menschen die Lebensmittel bekommen, die sie brauchen. Wir möchten nicht, dass Menschen hungern.» Demokraten und Republikaner im Kongress geben sich gegenseitig die Schuld für den seit 30 Tagen andauernden Shutdown. Im Zuge des Stillstands ist auch die Zahl der Menschen gewachsen, die Hilfe in Anspruch nehmen müssen, so wie hier in der US-Hauptstadt Washington reihen sich auch Bundesbedienstete in die Warteschlangen ein. Anthony Spade, Bundesangestellter «Normalerweise hätte ich heute mein Gehalt bekommen. Aber auf meinem Konto war nichts zu sehen. Ich muss Rechnungen bezahlen. Ich habe eine Familie, für die ich sorgen muss. Das bringt eine Menge Unsicherheit mit sich. Ich bin froh, dass ich hier die Gelegenheit habe, Hilfe zu bekommen.» Landesweit sind 750.000 Bundesbedienstete seit dem Ende der Finanzierung beurlaubt. Die Trump-Regierung hat zwar Massnahmen ergriffen, um Soldaten, Bundespolizisten und Einwanderungsbeamte zu bezahlen, andere Bundesangestellte bleiben jedoch weiter ohne Bezahlung.
31.10.2025
Trump hält an Golf und Spendengalas fest
Trump war gerade auf einer mehrtägigen Asienreise, nachdem er zuvor einen Blitzbesuch im Nahen Osten absolviert hatte, um das von den USA vermittelte Waffenruheabkommen im Krieg Israels mit der Hamas im Gazastreifen zu feiern. Er veranstaltete eine Gala für Grossspender, die den Bau seines 300 Millionen Dollar teuren Ballsaals im Weissen Haus unterstützen, für den Bauarbeiter gerade dessen Ostflügel abgerissen haben, und hielt eine weitere Spendengala in seinem Anwesen Mar-a-Lago in Florida ab. Auch zahlreiche Mitglieder seines Kabinetts waren unterwegs.
Laut einem Krisenplan des Haushaltsbüros des Weissen Hauses sollten während der aktuellen Haushaltssperre nur 32 Prozent der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Exekutivbüro des Präsidenten beurlaubt werden. Während der letzten Haushaltssperre 2018-19, in Trumps erster Amtszeit, waren es noch 61 Prozent. Derzeit ist etwa die Hälfte des Teams aus Haushälterinnen und Dienern des Amtssitzes im Einsatz. Beim letzten Mal wurden mehr als 70 Prozent in Zwangsurlaub geschickt.
Es ist eine Abkehr von Trumps erster Amtszeit, als er während des Shutdowns 2018, der sich bis ins neue Jahr hinzog, seine Golfspiele am Wochenende absagte und eine geplante Reise nach Mar-a-Lago zu Weihnachten strich. Damals stattete er den Truppen im Irak einen Überraschungsbesuch ab, strich jedoch seine Pläne für eine Reise zum Weltwirtschaftsforum in der Schweiz.
Weiterzumachen, als gäbe es keinen Shutdown, habe für Trump einige politische Vorteile, sagen seine Verbündeten: So könne er sich präsidial geben und gleichzeitig Streitereien im Kongress vermeiden. «Das ist ein viel klügerer Ansatz», sagt Marc Short, Stabschef des ehemaligen Vizepräsidenten Mike Pence.
Während der Haushaltssperre in seiner ersten Amtszeit lehnte Trump einen Kompromiss des Kongresses ab, um einen Stillstand der Behörden zu erzwingen – ein Versuch, Mittel für eine Mauer entlang der Grenze zwischen den USA und Mexiko zu erhalten. Dann ernannte er Pence zum Verhandlungsführer, um den Shutdown zu beenden, und bezog seinen Schwiegersohn Jared Kushner mit ein. «Beim ersten Mal war er vor laufenden Kameras ziemlich deutlich: Er sagte, er wolle den Shutdown. Er übernahm die Verantwortung dafür», sagt Short. Und dieses Mal? «Das Weisse Haus hat klar gemacht, dass es keine Verantwortung dafür übernimmt.»
Clintons «Gary-Cooper-Moment»
Paul Begala, einstiger Berater des früheren demokratischen Präsidenten Bill Clinton, erinnert sich an ein Strategiegespräch im Jahr 1995. Er habe dem damaligen Präsidenten gesagt, dass der damalige republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Newt Gingrich, und dessen Partei «glauben, sie könnten Sie unter Druck setzen», um Kürzungen bei der Krankenversicherung Medicare durchzusetzen, indem sie mit einer Schliessung drohten. Clinton habe geantwortet: «Mein Lieblingsfilm ist «High Noon"», erinnert sich Begala. In dem Western von 1952 setzt sich ein Marshal gegen Gesetzlose zur Wehr. «Wenn sie das tun, dann habe ich einfach einen Gary-Cooper-Moment wie in «High Noon».»
Als Gingrich später zu Verhandlungen ins Weisse Haus kam, weigerte sich Clinton laut Begala, nachzugeben, obwohl einige Berater ihn dazu drängten, einen Kompromiss einzugehen. Letztlich gaben die Wähler eher den Republikanern im Kongress als dem Weissen Haus die Schuld für den Stillstand der Behörden, und Clinton wurde 1996 problemlos wiedergewählt. «Das hätte für Clinton wirklich schlecht ausgehen können», sagt Begala.
Warnung vor Reiseproblemen zu Thanksgiving
Während einer 16-tägigen Haushaltssperre 2013 sagte der damalige Präsident Barack Obama eine Reise durch asiatische Länder ab und verzichtete auf eine glamouröse Galaveranstaltung. Sein Terminkalender war mit Veranstaltungen gefüllt, die die Auswirkungen der Schliessung verdeutlichen sollten, darunter der Besuch einer Baufirma in Maryland, die von den durch die Schliessung der Regierung gefährdeten staatlichen Geschäftskrediten profitierte.
Als sich 2019 die Haushaltssperre hinzog, räumten Trumps Mitarbeiter ein, dass sie sich unter Druck gesetzt fühlten, sie zu beenden, da sie befürchteten, dass Trumps Umfragewerte darunter leiden könnten. Diesmal hat die Regierung in ihren öffentlichen Verlautbarungen den Demokraten die Schuld zugewiesen und gleichzeitig signalisiert, dass sie bereit sei abzuwarten – und sogar vor möglichen Reiseproblemen während der Thanksgiving-Feiertage Ende November gewarnt.
Die gesamte Regierung, einschliesslich des Präsidenten, werde weiterhin auf die Arbeiter und Familien aufmerksam machen, die unter der Entscheidung der Demokraten litten, die Regierung lahmzulegen, erklärte eine Sprecherin des Weissen Hauses, Abigail Jackson.
Trump wirke nicht, als fühle er sich politisch genötigt nachzugeben, sagt Bill Daley, ein Stabschef Obamas in den Jahren vor der Haushaltssperre von 2013. «Ich vermute, er glaubt, dass es ihm hilft», sagt Daley.
Die Demokraten fordern in dem Streit eine Verlängerung auslaufender Steuergutschriften, die Millionen von Menschen dabei geholfen haben, sich eine Krankenversicherung leisten zu können. Die Republikaner lehnen Verhandlungen darüber ab, solange die Schliessung der Behörden nicht wieder aufgehoben ist. Trump hat die Schliessung auch genutzt, um Stellen im öffentlichen Dienst zu streichen und Programme zu kürzen, die von den Demokraten favorisiert werden, während er Mittel für seine eigenen Prioritäten umgeleitet hat.
Die US-Bevölkerung ist in ihrem Urteil gespalten, wer die Schuld trägt. Etwa sechs von zehn Befragten geben an, dass Trump und die Republikaner im Kongress «eine grosse» oder «ziemlich grosse» Verantwortung für den Shutdown tragen, während 54 Prozent dasselbe über die Demokraten im Kongress sagen, wie eine aktuelle Umfrage des AP-NORC Centers für Öffentlichkeitsforschung ergab. «Es ist unwahrscheinlich, dass wir danach klare Gewinner oder Verlierer haben werden», sagt Mike McCurry, Pressesprecher unter Clinton. «Es wird ein bisschen verworren werden.»
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