Corona in Afrika Wenig Impfstoff ist da, noch weniger gehen hin

AP/toko

29.4.2021

Impfung im Ndirande Health Centre in Blantyre, Malawi.
Impfung im Ndirande Health Centre in Blantyre, Malawi.
Thoko Chikondi/AP/dpa/Keystone

Mehrere Länder in Afrika kommen mit ihren Impfungen gegen das Coronavirus nicht voran — nicht etwa, weil Impfstoff fehlt, sondern weil dieser in schlechtem Ruf steht. Auch werfen andere erlebte Epidemien ihre Schatten auf Covid-19.

Mehrere Länder in Afrika wollen Corona-Impfstoff vernichten, weil sich nicht genügend Menschen impfen lassen wollen.Angekündigt haben dies unter anderem Malawi und Südsudan. Dabei hat Afrika, wo 1,3 Milliarden Menschen und damit rund 16 Prozent der Weltbevölkerung leben, bislang ohnehin nur 2 Prozent der weltweit verteilten Impfdosen erhalten, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mitteilt.

Der Kontinent zählt bislang mehr als 4,5 Millionen bestätigte Covid-19-Fälle. Rund 120 000 Menschen sind im Zusammenhang mit dem Virus gestorben — wenig im Vergleich zum Rest der Welt. Doch Gesundheitsexperten sorgen sich, dass die 54 afrikanischen Länder noch lange unter dem Virus leiden werden, wenn es nicht gelingt, den Schwellenwert zu erreichen, mit dem das Virus eingedämmt werden kann. Demnach müssen mindestens 70 Prozent der Menschen immun sein, entweder nach einer Impfung oder weil sie die Erkrankung durchgemacht haben. Afrika will bis Ende 2022 bis zu 60 Prozent seiner Bevölkerung impfen.



Dazu braucht der Kontinent 1,5 Milliarden Dosen, wenn weiterhin AstraZeneca genutzt wird, das zweimal verabreicht wird. Die Erstimpfung stellt meist die Covax-Initiative zur Verfügung, die weltweit eine gerechte Verteilung von Impfstoff ermöglichen will. Doch viele Afrikaner stehen der Impfung mit AstraZeneca skeptisch gegenüber.

Misstrauen breitet sich über Social Media aus

Das Misstrauen verbreitet sich über Social Media, teils getrieben von einem fehlenden grundsätzlichen Vertrauen in die Behörden. So sah sich die ugandische Gesundheitsministerin Jane Ruth Aceng Ocero Vorwürfen ausgesetzt, die habe ihre eigene Impfung nur vorgetäuscht.

Auf Twitter postete sie deshalb ein Video, das sie bei der Impfung zeigt, und schrieb dazu: «Bitte verbreitet keine gefälschten Nachrichten!» Andere behaupten auf WhatsApp, der Impfstoff mache unfruchtbar, was nicht stimmt. Oder Menschen fragen sich, wie das Vakzin überhaupt so schnell entwickelt werden konnte: «Die Welt hat es in all den Jahren nicht geschafft, einen Impfstoff gegen Aids zu entwickeln, aber gegen Covid schon?», fragt Elektriker Richard Bbale aus Ugandas Hauptstadt Kampala: «Ich lasse mich nicht impfen, selbst wenn die Regierung uns dazu zwingen will.»

Nicht so schlimm wie Ebola

In Sierra Leone hat Gesundheitsminister Austin Demby vergangene Woche vor Journalisten gesagt, dass ein Drittel der 96'000 Impfdosen, die das Land im März erhalten hat, wohl nicht vor Ablauf des Haltbarkeitsdatums verbraucht würden. Als Grund nannte er, dass manchen Menschen die Gefahr nicht bewusst sei und sie entschieden hätten, dass Covid-19 nicht so schlimm sei wie Ebola, das Sierra Leone vor einigen Jahren heimgesucht hatte. «Die Menschen fürchten, dass sie Teil eines öffentlichen Experiments werden», so Demby.Die WHO und das Afrikanische Zentrum für die Kontrolle und Vorbeugung von Krankheiten (CDC) drängen die afrikanischen Regierungen, weiterhin AstraZeneca zu verimpfen, da der Nutzen grösser sei als die Risiken.

Mehrere europäische Länder haben Impfungen mit diesem Vakzin zeitweise ausgesetzt und inzwischen eingeschränkt, nachdem einige Fälle von seltenen Hirnvenenthrombosen aufgetreten waren. «Alles, was Sie einnehmen, ist mit Risiken behaftet, jede Medizin», sagte Afrikas CDC-Chef John Nkengasong vergangene Woche. «So sollten wir auch den Impfstoff betrachten.» Man habe zudem vom indischen Hersteller die Information bekommen, dass das Haltbarkeitsdatum 13. April von mindestens einer Million nach Afrika gelieferten Impfdosen um drei Monate verlängert werden könne.

«Keine Wahl»

Afrikanische Länder hätten «keine Wahl», sagte Nkengasong und drängte Malawi, das die Verbrennung von 16'000 abgelaufenen AstraZeneca-Dosen angekündigt hatte, den Impfstoff dennoch komplett zu verwenden. Ob das Land dem folgen wird, ist unklar. Malawi habe weniger als die Hälfte der bislang über Covax erhaltenen gut 500'000 Impfdosen verimpft, sagt Victor Mithi, Leiter des Ärzteverbands in Malawi. «Wir sagen den Menschen immer wieder, dass der Impfstoff sicher ist, und dass sie, wenn es ihnen nach einer Impfung nicht gut geht, immer ins Krankenhaus kommen können.» Um die Zahl der Impfungen zu erhöhen, hat die malawische Regierung die Impfreihenfolge gelockert. So dürfen sich inzwischen alle über 18-Jährigen impfen lassen.

Auch Uganda könnte diesen Weg gehen, sagt Emmanuel Ainebyoona, Sprecher des ugandischen Gesundheitsministeriums. Ugander unter 50 Jahren hätten Interesse an der Impfung gezeigt, nun sei die Hoffnung, dass Impfstoff nicht verfalle. Uganda hat bislang 964'000 AstraZeneca-Impfdosen erhalten, anderen Impfstoff gibt es in dem Land nicht. Doch wurden seit 10. März nur etwas über 230'000 Dosen verabreicht. Gesundheitsbehörden hatten zunächst mindestens 500'000 Menschen impfen wollen, etwa in Gesundheitsberufen, mit Vorerkrankungen und über 50-Jährige. Doch weil dies nun so langsam vorangeht, holen sie sich Unterstützung von bekannten Landsleuten. So wurde vergangene Woche ein berühmter Kickboxer bei seiner Impfung fotografiert. «Die Akzeptanz wird langsam besser», sagt Ainebyoona.

Inzwischen werden landesweit einige tausend Menschen täglich in Impfzentren geimpft. Die örtliche Zeitung «Daily Monitor» berichtet, dass bei der aktuellen Impfgeschwindigkeit bis Juli mehr als 280'000 Dosen ihre Haltbarkeit verlieren würden. Derweil fehlt es den Impfteams an offiziellen Zahlen darüber, wer überhaupt zu einer Impfung berechtigt ist. Sie müssen dasitzen und darauf warten, dass jemand kommt.