Dänemark Wie die britische Variante die Corona-Lage in Dänemark prägt

SDA

20.2.2021 - 10:08

ARCHIV - «Abstand halten» steht auf einem Schild in einer Straße in Kopenhagen. Foto: Nick Potts/PA Wire/dpa
ARCHIV - «Abstand halten» steht auf einem Schild in einer Straße in Kopenhagen. Foto: Nick Potts/PA Wire/dpa
Keystone

Bereits zum Jahresanfang ahnten die dänischen Experten, wohin die Reise mit der britischen Variante des Coronavirus gehen wird. Obwohl sich die ansteckendere Mutante B.1.1.7 zu dem Zeitpunkt erst geringfügig in Dänemark ausgebreitet hatte, riet das nationale Gesundheitsinstitut SSI zu weiteren Corona-Massnahmen, um die Infektionslage unter Kontrolle zu halten. Eine Expertengruppe um die Ärztin Camilla Holten Møller prognostizierte: «Die neue Variante kann hier bereits in 40 bis 50 Tagen die Hälfte aller Infektionsfälle ausmachen.»

Diese Aussage ist rückblickend beeindruckend: Knapp 50 Tage später findet sich die nach Schätzungen mindestens 35 Prozent ansteckendere Virus-Variante in 47,2 Prozent der sequenzierten Corona-Proben der Vorwoche, wie aus den jüngsten Zahlen des SSI hervorgeht. Holten Møller und ihre Expertengruppe haben also ziemlich genau ins Schwarze getroffen. In Kürze wird B.1.1.7 die dominierende Virus-Variante in Dänemark sein, Anfang März wird sie nach SSI-Schätzungen bereits 80 Prozent aller Corona-Fälle im Land ausmachen.

Und die Variante macht vor Grenzen nicht halt: Wegen der rasanten Ausbreitung in Flensburg hat die Fördestadt inzwischen eine nächtliche Ausgangsbeschränkung verhängt. Dort werden nach Angaben von Oberbürgermeisterin Simone Lange (SPD) vom Freitag fast nur noch Corona-Infektionen mit dem veränderten Virus festgestellt. Für die Einwohner sind zudem private Treffen vorerst untersagt. Und auch Dänemark reagiert: Wegen der Infektionslage in Flensburg sind seit Samstag insgesamt 13 kleinere Grenzübergänge geschlossen, wie die Regierung am Freitagabend in Kopenhagen angekündigt hatte. An denen, die offen bleiben, wird zudem intensiver kontrolliert.

In Dänemark sind seit der SSI-Prognose zum Jahresstart die Neuinfektionszahlen erheblich zurückgegangen. Die täglich gemeldeten Fallzahlen hatten Mitte Dezember einen Höchststand von über 4000 erreicht, im Februar hielten sich die Tageswerte recht konstant bei etwa 300 bis 500. Auf die Bevölkerung gerechnet verzeichnete in der EU zuletzt nur Finnland noch weniger Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner als Dänemark, wie aus den jüngsten Vergleichszahlen der EU-Gesundheitsbehörde ECDC hervorgeht.

Ein rasant steigender Anteil der Virus-Variante, aber insgesamt eine niedrige Inzidenz – wie passt das zusammen? Gesundheitsminister Magnus Heunicke hat das kürzlich mit einer Grafik auf Twitter zu erklären versucht: Darin zu sehen sind die aktuellen R-Werte der britischen Mutante und anderer Varianten des Coronavirus Sars-CoV-2: Für B.1.1.7 liegt der Wert demnach bei 1,25, für die anderen bei 0,8.

Das bedeutet: 100 mit B.1.1.7 infizierte Menschen stecken im Mittel jeweils 125 weitere an – 100 mit den anderen Erregern Infizierte derzeit nur noch 80. Während die Ausbreitung der britischen Variante immer mehr zunimmt, geht die der anderen zurück. Der Minister dazu: «Die Entwicklung von B.1.1.7 verläuft weiter wie erwartet, und die Variante befindet sich in Dänemark wie in anderen Ländern im Wachstum.»

Die Dänen spielen auf Zeit: Sie wollen die Corona-Zahlen so lange auf einem niedrigen Niveau halten, bis ausreichend Menschen im Land gegen Covid-19 geimpft worden sind – bis vorläufig Ende Februar gelten deshalb noch umfassende Beschränkungen des öffentlichen Lebens.

Ob die dänischen Corona-Zahlen wegen der britische Variante dennoch zunehmen werden? Dazu hat SSI-Expertin Holten Møller eine klare Prognose: «Es ist unsere klare Erwartung, dass wir als Folge der Entwicklung von B.1.1.7 in der kommenden Zeit einen Anstieg der Infektionszahlen und Krankenhausaufenthalte sehen werden», teilte sie der Deutschen Presse-Agentur in Kopenhagen mit. Am Freitag kamen 552 neue Corona-Fälle hinzu, was dem höchsten Wert seit zwei Wochen entsprach – allerdings vor dem Hintergrund einer höheren Testquote. Ob das bereits eine Trendwende darstellt, ist darum unklar.

Für Dänemark stehen entscheidende Wochen an. Seit dem 8. Februar dürfen die Schulkinder bis zur vierten Klasse wieder zur Schule, das ist die bisher einzige Lockerung der Corona-Massnahmen. Alles andere – darunter Geschäfte, Restaurants und die Klassenzimmer der älteren Schüler – bleibt noch mindestens bis Ende Februar geschlossen. Die dänische Regierung muss bis dahin eine Entscheidung treffen, ob und wie strikt die Massnahmen verlängert werden.

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