Ein Zeichen von Angst? Wie die US-Republikaner ausgerechnet mit Clinton für sich werben

Steve Peoples, AP

25.4.2018

Ein halbes Jahr vor den Zwischenwahlen in den USA setzen die Republikaner auf die Demokratin Hillary Clinton. Obwohl sie von der grossen politischen Bühne abgetreten ist, muss sie als Schreckgespenst herhalten.

So schwer es für die US-Demokraten ist, die Ära Clinton hinter sich zu lassen: Den Republikanern fällt es noch viel schwerer. Fast 18 Monate ist es her, dass Hillary Clinton im Präsidentenwahlkampf unterlag, und sie wird wohl nicht noch einmal für dieses Amt kandidieren. Dennoch spielt Clinton die Hauptrolle in der Strategie der Republikanischen Partei für die ersten Zwischenwahlen der Trump-Präsidentschaft im November.

Für die Republikaner geht es dabei um die Kontrolle im Kongress, und so sind sie bereit, viel Geld auszugeben und in ihren Kampagnen gegen angreifbare Demokraten Clinton als zentrale Schurkin zu präsentieren. Die Strategie, die sich schon im Wahlkampf in Pennsylvania, Indiana und North Dakota zeigte, macht deutlich, wie unverwüstlich und politisch wirkungsvoll die Abneigung der republikanischen Wähler gegenüber Clinton ist.

«Sie ist eine sehr starke Reizfigur»

«Ich verspreche Ihnen, dass Sie dass weiterhin sehen werden - Hillary Clinton in der Hauptrolle bei unserer Werbung. Sie ist eine sehr starke Reizfigur», sagt Corry Bliss, Leiter der Lobbygruppe «Congressional Leadership Fund», die bereit ist, Dutzende Millionen Dollar auszugeben, um die Wahlen in diesem Herbst zugunsten der Republikaner zu beeinflussen. «Es geht darum, wofür sie steht: abgehobene, sehr linke, liberale Positionen.» Kritiker halten dagegen, die Strategie rieche nach Verzweiflung, wenn nicht sogar Sexismus. Aber da es zum ersten Mal seit fast zehn Jahren keinen Demokraten im Weissen Haus zu attackieren gibt, setzen die Republikaner darauf, dass Hillary Clinton ihnen 2018 als Schreckgespenst dienlich sein wird. In Anbetracht der schlechten Umfragewerte für Trump haben sie wohl auch kaum eine andere Wahl.

Es sei dabei durchaus hilfreich, heisst es bei einigen Republikanern, dass Clinton einfach nicht von der nationalen politischen Bühne verschwinde. Vor weniger als einem Jahr gründete sie eine Organisation, die Anti-Trump-Gruppen unterstützt. Allein in dieser Woche trat sie zweimal öffentlich auf. In Indien kritisierte sie Trumps Slogan: «Seine gesamte Kampagne "Make America Great Again" war rückwärtsgewandt.»

Die Republikanische Partei sprang darauf an und schaltete Online-Anzeigen mit Clintons Aussagen und ihrem Foto, um zehn demokratische Kandidaten zu attackieren, die in Trump-Staaten als Senatoren wiedergewählt werden wollen. «Sie hat euch "erbärmlich" genannt. Jetzt nennt sie euch "rückwärtsgewandt"», lautete eine Anzeige, die sich gegen den demokratischen Senator Bill Nelson in Florida richtete. «Wenn es nach Bill Nelson ginge, wäre Hillary Clinton Präsidentin», hiess es weiter:
«Florida vergisst nicht.»

Doch selbst wenn Clinton das Rampenlicht meidet, will die Republikanische Partei sie früh und häufig ins Spiel bringen, besonders in den wichtigen Wahlkämpfen in jenen Regionen, die Trump gewann — wozu die meisten Schauplätze der kommenden Zwischenwahlen zählen. Dazu gehört auch jener Parlamentswahlbezirk im Westen von Pennsylvania, wo Republikaner bei den Nachwahlen mehrere Millionen Dollar ausgaben, damit der Demokrat Conor Lamb nicht gewinnt. Trotz der Flut von Werbespots gegen ihn trug er den Sieg davon.

Bei Republikanern ist sie immer noch unbeliebt

Umfragen unter Republikanern und potenziellen Wählern zufolge ist Clinton weiterhin eine der unbeliebtesten hochrangigen Demokraten des Landes, gleich nach Nancy Pelosi, der demokratischen Oppositionsführerin im Repräsentantenhaus. Nur 36 Prozent der Amerikaner sahen Clinton im Dezember in einer Umfrage der Meinungsforscher von Gallup positiv, so wenige wie noch nie und obwohl erfolglose Präsidentschaftskandidaten üblicherweise später an Beliebtheit gewinnen. Während konservative Medien grösstenteils vom vorherigen US-Präsidenten Barack Obama abliessen, nachdem er das Amt im vergangenen Jahr abgegeben hatte, greifen sie Clinton, die zuletzt 2013 in der Regierung war, nach wie vor an.

In manchen Fällen setzen Republikaner Clinton auch gegen Politiker aus ihren eigenen Reihen ein, wie etwa jetzt in Indiana, wo Konservative den republikanischen Kongresskandidaten Steve Braun verdächtigen, 2008 Clinton gewählt zu haben, als er bei den Vorwahlen der Demokraten mit abstimmte. Eine Lobbygruppe will in den kommenden Tagen neue Werbespots im Fernsehen ausstrahlen lassen, die Braun und Clinton in einen Zusammenhang bringen.

Ein Zeichen von Angst?

Ein Sprecher Clintons lehnte eine Stellungnahme ab. Dagegen wertet ein früherer Mitarbeiter der Politikerin, der demokratische Stratege Jesse Ferguson, die Kampagnen der Republikaner als einen Akt der Verzweiflung. «Dass sie von ihr so besessen sind, ist der Beweis, dass sie sonst nichts haben, und dass sie Angst davor haben, mit dem Präsidenten Wahlkampf zu machen.» Laut einer Gallup-Umfrage liegt die Zustimmung für Trump bei 39 Prozent, ähnlich wie die für Clinton.

Die Demokraten jedoch wissen noch nicht überall, wie sie mit der Strategie der Republikaner im Wahlkampf umgehen sollen. In North Dakota etwa will Heidi Heitkamp im November als Senatorin wiedergewählt werden. Sie wurde vergangenen Monat in einem Radiointerview gefragt, wann Clinton «in den Sonnenuntergang reiten» werde. Heitkamp antwortete: «Nicht früh genug.»

Greg Edwards, Kongresskandidat aus einem Vorort von Philadelphia und früherer Unterstützer des Clinton-Rivalen Bernie Sanders, zögerte in einem Interview, sich hinter sie zu stellen: «Beide Seiten müssen aufhören, die Wahl von 2016 nachzuspielen», sagte Edwards. «Die Kandidaten müssen selbst entscheiden, ob Clintons Präsenz ihnen hilft oder schadet.»

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