BF.7 und XBB.1.5 Wie gefährlich sind die neuen Corona-Varianten?

Von Gabriela Beck

5.1.2023

Die Mitgliedstaaten setzen die EU-Reiseempfehlung unterschiedlich um. Auf dem Bild ein Covid-19-Testschalter für Reisende aus China am Flughafen Roissy Charles de Gaulle nördlich von Paris.
Die Mitgliedstaaten setzen die EU-Reiseempfehlung unterschiedlich um. Auf dem Bild ein Covid-19-Testschalter für Reisende aus China am Flughafen Roissy Charles de Gaulle nördlich von Paris.
Aurelien Morissard/KEYSTONE

China ertrinkt in einem Corona-Tsunami und in den USA verbreitet sich eine neue Virusvariante rasant. Omikron mutiert ungebremst weiter. Was bedeutet das für Europa?

Von Gabriela Beck

5.1.2023

Knapp einen Monat nach dem abrupten Ende der fast drei Jahre lang verfolgten Null-Covid-Strategie haben sich in China bereits einige Hundert Millionen Menschen in einem unkontrollierten Corona-Ausbruch mit dem Virus infiziert. Dennoch öffnet das Land am 8. Januar seine Grenzen.

Die EU-Staaten sorgen sich wegen des potenziellen Imports neuer Virusvarianten aufgrund der hohen Infektionszahlen. Sie haben am Mittwoch deshalb eine Empfehlung abgegeben, wonach für alle Reisenden aus China in Richtung Europa vor der Abreise ein negativer Corona-Test vorgesehen ist, der nicht älter als 48 Stunden sein soll.

Reisende aus China müssen in Deutschland Corona-Test vorlegen

Reisende aus China müssen in Deutschland Corona-Test vorlegen

Reisende aus China müssen künftig bei Reiseantritt nach Deutschland einen Corona-Test vorlegen. Ausserdem soll es an deutschen Flughäfen künftig stichprobenartige Test geben. Experten befürchten, dass sich von China aus neue Varianten ausbreiten k

05.01.2023

Zusätzlich zum Test wird unter anderem empfohlen, Reisende aus China bei der Ankunft in der EU künftig stichprobenartig auf Corona zu testen. Positive Proben sollten gegebenenfalls sequenziert werden. Zudem solle das Abwasser von Flughäfen untersucht werden, an denen Maschinen aus China ankommen.

Kaum verlässliche Zahlen aus China

Die Variante BF.7, eine Subvariante der Omikron-Variante BA.5, breitet sich in China derzeit anscheinend besonders schnell aus. Allerdings gibt es aus China kaum verlässliche Informationen. Genaue Infektionszahlen liegen nicht vor, weil die Behörden aufgehört haben, epidemiologische Daten zu veröffentlichen. Die Todesstatistiken sind verzerrt, da nur Corona-Infizierte eingerechnet werden, bei denen eine Lungenentzündung oder Atemversagen als Todesursache festgestellt wurden.

«Daten sind von zentraler Bedeutung, um das aktuelle Corona-Geschehen in China und anderswo auf der Welt quasi in Echtzeit zu beobachten», erklärt Jürg Utzinger, Direktor des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts, zu «blue News». Dazu gehöre insbesondere der Nachweis neuer Varianten.

Nach internationalem Druck hat China nun damit begonnen, SARS-CoV-2-Sequenzen in grösserer Zahl in der Genomdatenbank GISAID EpiCoV zu hinterlegen. Vom 1. bis 30. Dezember 2022 hat China dort 592 Virussequenzen eingetragen. Eine neue Variante wurde bisher nicht entdeckt.

Variante BF.7 in der Schweiz noch nicht relevant

Die als äusserst infektiös geltende Variante BF.7 wurde nicht nur in China, sondern bereits in zahlreichen Ländern weltweit nachgewiesen, darunter Indien, die USA und mehrere europäische Länder wie Belgien, Frankreich und Dänemark. In Deutschland ist sie die am häufigsten nachgewiesene BA.5-Sublinie, wohingegen sie in der Schweiz noch nicht als am Infektionsgeschehen relevant beteiligte Virusvariante gelistet wird.

Zwar stecken sich auch Menschen an, die bereits eine Infektion hinter sich haben, und auch Geimpfte können betroffen sein. Bisher deutet aber nichts darauf hin, dass sich BF.7 anders auf das Krankheitsgeschehen auswirkt oder für schwerere Verläufe als andere BA.5-Subvarianten sorgen würde.

«Bei dem, was bisher an Sequenzen verfügbar ist, ist bislang nichts Ungewöhnliches oder Überraschendes zu entdecken», berichtet Isabella Eckerle, Leiterin der Forschungsgruppe Emerging Viruses in der Abteilung für Infektionskrankheiten an der Universität Genf.

Problematische Variante aus China unwahrscheinlich

Da China im Vergleich zum Rest der Welt keine hohe Bevölkerungsimmunität habe, sei die Entwicklung einer besorgniserregenden neuen Variante in China nicht besonders wahrscheinlich, so Eckerle weiter.

Auch die EU-Gesundheitsbehörde ECDC hatte mit Blick auf die Lage in China zuletzt Entwarnung gegeben. Diese habe voraussichtlich keine Auswirkungen auf die epidemiologische Situation in Europa, teilte die Behörde am Dienstag mit. Sie betonte, dass die Varianten in der Volksrepublik in der EU schon im Umlauf seien und deshalb keine Herausforderung für die Immunantwort von EU-Bürgern darstellten.

Viola Priesemann, leitende Wissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen, weist allerdings darauf hin, dass das Testen von Reisenden aus China im Fall einer neuen besorgniserregenden Variante einige Wochen Zeit kaufen könne, die dann sehr wichtig sein könnten.

Neue Variante XBB.1.5 breitet sich rasant in den USA aus

In den USA breitet sich derweil eine erst seit Kurzem bekannte Corona-Variante rasant aus. So schätzt die US-Gesundheitsbehörde CDC, dass in der Woche vor dem Jahreswechsel hinter rund 40,5 Prozent aller Neuansteckungen die Variante XBB.1.5 steckte, die mit der Omikron-Subvariante BA.2 verwandt ist. Das ist quasi eine Verdopplung im Vergleich zur Woche davor mit 21,7 Prozent. Sie wurde bislang in 29 Ländern nachgewiesen, auch in Europa.

«Wir beobachten XBB.1.5 seit Mitte November, und ihre Häufigkeit hat sich ungefähr jede Woche verdoppelt», erklärt auch Richard Neher, Leiter der Forschungsgruppe Evolution von Viren und Bakterien am Biozentrum der Universität Basel. Ihm seien jedoch keine Hinweise bekannt, dass XBB.1.5 zu schwereren Krankheitsverläufen führe.

Ansteckendste bislang bekannte Omikron-Subvariante

Im jüngsten Corona-Wochenbericht des Robert Koch-Instituts wird die Variante XBB.1.5 noch nicht erwähnt. Allerdings erschien der Bericht bereits am 22. Dezember. Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach zeigt sich besorgt und schrieb zu den US-Zahlen auf Twitter: «Das muss man beobachten.»

Nach Angaben von Maria Van Kerkhove, Leiterin des WHO-Programms zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, ist es die «ansteckendste Subvariante, die bislang entdeckt wurde». Der Anstieg der XBB.1.5-Fälle mache deutlich, wie wichtig es sei, «Covid-19 weiterhin weltweit zu überwachen», sagte Van Kerkhove am Mittwoch in Genf.

Mit Material von AFP, SDA und SMC