Linker Demokrat regiert New YorkWie Mamdanis Wahlsieg das Fundament der Demokraten erschüttert
Dominik Müller
5.11.2025
Zohran Mamdani ist neuer Bürgermeister – Diesen Mann konnte an die Spitze New Yorks keiner stoppen
Zohran Mamdani hat geschafft, was kaum jemand für möglich hielt – er ist New Yorks neuer Bürgermeister. Im Video zeigen wir, wer der linke Shootingstar ist – und warum ihn so viele New Yorker gewählt haben.
04.11.2025
Mit Zohran Mamdani regiert neu ein selbsterklärter «demokratischer Sozialist» die Finanzhauptstadt der USA. Seine Wahl zum Bürgermeister von New York stellt das Machtgefüge der Demokraten auf die Probe.
Mit der Wahl Zohran Mamdanis zum Bürgermeister von New York City wird der linke Flügel der Demokratischen Partei gestärkt.
Sein Wahlsieg steht für einen ideologischen Wandel: Progressiver Populismus gewinnt in städtischen, jungen Wählerschichten an Bedeutung und stellt das Parteiestablishment vor grosse Herausforderungen.
Mamdani will radikale Reformen wie Mietendeckel und kostenlose Verkehrsmittel umsetzen – gelingt ihm das, könnte New York zum Modell für linke Politik in den USA werden.
New York hat einen neuen Bürgermeister: Zohran Mamdani. Er ist der erste Muslim im höchsten Amt der Stadt mit mehr als acht Millionen Einwohnern.
Und der 33-Jährige könnte die Demokratische Partei gehörig durcheinanderwirbeln. Der Politiker nennt sich offen «demokratischer Sozialist» und regiert nun das Weltzentrum des Kapitalismus – das allein ist in den USA eine kleine Revolution.
Der Aufstieg Mamdanis signalisiert einen Generations- und Ideologiewechsel in der US-Politik. «Mamdani repräsentiert eine urbane, gebildete und berufstätige Basis», erklärt Ian Bremmer, amerikanischer Politikwissenschaftler, im Gespräch mit Gzero Media. Seine Wähler seien Menschen, die befürchten, dass sie nicht die Chancen haben werden, die ihnen versprochen wurden, die ihre Eltern hatten. Und vor allem, dass ihre Kinder diese Chancen nicht haben werden.
Damit sei Mamdani gemäss Bremmer eine Reaktion auf den Populismus, den die USA auf der rechten Seite mit Donald Trump erlebt haben – einfach für eine andere Bevölkerungsgruppe.
Ist der erste muslimische Bürgermeister von New York City: Zohran Mamdani.
Bild:Keystone/AP/Heather Khalifa
Progressiver Populismus als Antwort auf MAGA
Im Gegensatz zum rechtspopulistischen Denken, das in Trumps MAGA-Bewegung verwurzelt ist, entspringt diese neue Bewegung der wirtschaftlichen Unsicherheit – hervorgerufen durch Umwälzungen durch KI, stagnierende Beschäftigungszahlen und Ungleichheit zwischen den Generationen. Das Ergebnis ist eine Welle des progressiven Populismus, auf die das demokratische Establishment nicht vorbereitet zu sein scheint.
Seit Jahren ringen die Demokraten mit ihrer Identität. Auf der einen Seite steht der progressive Flügel um Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez, auf der anderen die pragmatische Mitte, die Wahlen in Swing States gewinnen will. Der Wahlsieg Mamdanis in New York stärkt nun den linken Flügel und beweist, dass sozialistische Botschaften in der amerikanischen Politik salonfähig geworden sind.
Umfrage bestätigt Trend
Tatsächlich zeigte jüngst eine Umfrage von Gallup: Zwei Drittel der demokratischen Wählerinnen und Wähler sehen Sozialismus heute positiv, während nur 42 Prozent noch Vertrauen in den Kapitalismus haben. Der Erfolg des jungen New Yorkers kann also auch als Ausdruck eines kulturellen und ideologischen Wandels verstanden werden – vor allem unter jungen, urbanen, gut ausgebildeten Menschen.
Doch genau das ist das Problem der Demokraten: Was in Brooklyn funktioniert, kommt in Pennsylvania oder Michigan oft nicht an.
Schweigen im Establishment
Mamdani will die Mieten einfrieren, staatliche Gemüseläden eröffnen, den öffentlichen Verkehr gratis machen und die Polizei in ein «Department of Community Safety» überführen. Finanziert werden soll das Ganze durch drastisch höhere Steuern für Reiche.
Die Parteiführung tut sich schwer mit ihm. New Yorks Gouverneurin Kathy Hochul und Ex-Vizepräsidentin Kamala Harris hatten ihn zwar nach anfänglichem Zögern unterstützt, doch viele Spitzenpolitiker – darunter die New Yorker Schwergewichte Chuck Schumer und Hakeem Jeffries – hielten sich bedeckt. Ihre Sorge: Ein sozialistischer Bürgermeister in Amerikas Finanzmetropole könnte die Republikaner beflügeln.
So verspottete Donald Trump Mamdani etwa bereits als «kommunistischen Irren» – ein Vorgeschmack auf die Wahlkampfrhetorik, die Demokraten landesweit erwartet.
Geld, Macht und neue Allianzen
Der Sieg Mamdanis könnte die Machtverhältnisse innerhalb der Partei verschieben. Die alte Allianz zwischen moderaten Demokraten und Wall-Street-Spendern steht nun vor der Zerreissprobe. «Die Wahl von Zohran Mamdani verstärkt die Identitätskrise der Demokraten seit den letzten Wahlen», sagt Jim Kennedy, ehemaliger Berater von Bill Clinton, zum US-Radio «Times».
Milliardäre wie Bill Ackman finanzierten Anti-Mamdani-Kampagnen in Millionenhöhe. Mit ihrem Scheitern droht der Partei eine Spaltung auch in der Finanzierungsbasis: Weg von Grossspendern, hin zu Kleinspenden aus der Basis – wie einst bei Sanders.
Doch Mamdanis Wahlkampf zeigt auch: Die Energie liegt offenbar links. Seine Unterstützer sind jung, digital vernetzt und politisch aktiv. Sie repräsentieren eine neue Generation, die soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und Mietenstopp höher gewichtet als parteipolitische Machttaktik. Für die Demokraten könnte das ein Rezept sein, um die Jugend wieder stärker zu mobilisieren.
Labor der Linken
New York City könnte unter Mamdani zum Testfeld für linke Politik werden. Wenn er es schafft, Mieten zu stabilisieren und die Lebensqualität zu verbessern, wäre das ein Triumph für die Linke, und ein Vorbild für andere Bundesstaaten.
Scheitert er jedoch, droht der Partei ein fatales Narrativ: dass Sozialismus in Amerika nicht funktioniert. Dann wäre der Schaden nicht auf New York begrenzt, sondern würde nationale Wahlchancen kosten.
Zohran Mamdani steht für einen Richtungsstreit, der die Demokratische Partei noch lange beschäftigen dürfte. Sein Erfolg ist ein Weckruf – für die einen eine Befreiung, für die anderen eine Warnung. Gelingt ihm der Balanceakt zwischen Idealismus und Realpolitik, könnte er eines der Gesichter einer neuen Demokratischen Partei werden – und einer der grössten Gegenspieler Trumps.
Um 2028 auch bei der Wahl für das höchste Amt des Landes – das Präsidentenamt – wieder zu reüssieren, sind die Demokraten wohl gut beraten, aus dem Erfolg Mamdanis zu lernen. Zumindest dort wird der Shootingstar der Partei aber nicht an vorderster Front mitmischen: Weil sein Geburtsland Uganda ist, wird er nie US-Präsident werden können.