Exklusivität statt Kritik Jetzt macht sich Trump ein unsichtbares Heer hörig

Noemi Hüsser

23.10.2025

Bei einer Pressekonferenz zu angeblicher Gewalt der Antifa im Oktober im Weissen Haus waren Influencer als Experten eingeladen.
Bei einer Pressekonferenz zu angeblicher Gewalt der Antifa im Oktober im Weissen Haus waren Influencer als Experten eingeladen.
Bild: IMAGO/ZUMA Press Wire

Während Journalist*innen in den USA zunehmend eingeschränkt werden, erhalten rechte Influencer*innen exklusiven Zugang zur Macht. Ihre Inhalte stützen Trumps Rhetorik.

Noemi Hüsser

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • In Portland begleiteten rechte Influencer*innen den Besuch von US-Heimatschutzministerin Kristi Noem in einem ICE-Gebäude, vor dem protestiert wurde, während unabhängigen Medien der Zugang verwehrt blieb.
  • Trump und seine Regierung nutzen diese Influencer*innen gezielt, um politische Massnahmen zu legitimieren und den Eindruck breiter Zustimmung zu erzeugen.
  • Anstelle unabhängiger Journalist*innen übernehmen zunehmend rechte Influencer*innen die mediale Begleitung staatlicher Auftritte und verbreiten Regierungspropaganda über soziale Medien.

US-Präsident Donald Trump war schon länger dafür bekannt, enge Verbindungen zu rechten Influencer*innen zu unterhalten — so waren es besonders auch rechte Podcaster, die im Wahlkampf 2024 eine wichtige Rolle spielten, indem sie junge Männer ansprachen.

Solche Influencer*innen haben weiterhin spürbaren Einfluss im Weissen Haus. Besonders deutlich wurde das in den vergangenen Wochen in Portland, Oregon.

Dort hatten sich Proteste rund um eine ICE-Einrichtung gemehrt, was Trump dazu verleitete, Nationalgardisten nach Portland zu schicken, um das Gebäude zu schützen. Die Entsendung der Soldaten wurde später von einem Gericht gestoppt, ist mittlerweile aber wieder freigegeben.

Trump rechtfertigte den Einsatz, indem er die Demonstrierenden immer wieder als gewalttätige Linksradikale darstellte, gegen die man hart durchgreifen müsse. Er nannte die Antifa eine Terrororganisation und sprach von «verrückten Leuten», die in Portland Gebäude anzünden wollten. Nach Angaben der Behörden in Portland protestierten jedoch weniger als dreissig Personen vor dem ICE-Gebäude.

US-Heimatschutzministerin Kristi Noem besuchte Anfangs Oktober Portland und tourte das ICE-Gebäude. Sie liess sich dabei von rechten Influencer*innen begleiteten, die Fotos und Videos davon veröffentlichten. So postete der YouTuber Benny Johnson ein Video von Noem, in dem sie vom Dach des ICE-Gebäudes auf die Demonstrierenden hinunterschaut.

Die Influencer*innen vor Ort inszenierten sich dabei als unabhängige Journalist*innen, aber gleichzeitig wurde der Zeitung «The Oregonian» laut einem Bericht der «New York Times» der Zugang zum ICE-Gebäude mehrmals verwehrt.

Auch an einer Pressekonferenz zur angeblichen Gewalt der Antifa letzte Woche im Weissen Haus war Trump umgeben von Influencer*innen, die davon erzählten, wie sie Opfer von Gewalt linker Demonstrant*innen geworden seien.

In Wahrheit sind die Influencer*innen, die Trump und seine Beamte begleiten, überhaupt nicht unabhängig. Samuel Woolley, der sich an der Universität Pittsburgh mit digitaler Propaganda befasst, erklärte gegenüber «Wired», dass ein strategischer Zweck hinter dem Einsatz dieser Influencer*innen stecke.

Mitarbeitende von Turning Point USA

«Politiker nutzen die Influencer als Mittel, um entweder die von ihnen verbreiteten Informationen oder die von ihnen ergriffenen Massnahmen zu legitimieren», sagt er. «Oft werden sie eingesetzt, um die Illusion der Popularität bestimmter Ideen zu erzeugen und so einen Konsens über diese Ideen herzustellen.»

So filmen die Influencer*innen Proteste und Ausschreitungen, ohne legitime Beweise für ihre Behauptungen zu liefern, dass die Demonstrierenden Terrorist*innen seien. «Ihre Aufgabe besteht darin, diese viralen Clips zu erstellen, die sie auf Fox News zeigen», erklärte der Extremismusforscher Jared Holt in einem Podcast.

Lassen sich linke Aktivist*innen davon provozieren, wissen die rechten Influencer*innen auch diese Reaktion wiederum für sich zu nutzen. So postete die Influencerin Katie Daviscourt beispielsweise Videos und Fotos von einem blauen Auge, das sie laut ihrer eigenen Aussage bekommen hat, weil sie eine Demonstrantin mit einem Fahnenmast geschlagen habe.

Viele dieser Influencer*innen sind zudem aktuelle oder ehemalige Mitarbeitende von Turning Point USA, der Organisation, die von Charlie Kirk gegründet wurde.

Während Journalistinnen unter Trumps Regierung zunehmend eingeschränkt werden, rücken Influencerinnen an ihre Stelle. Sie begleiten offizielle Auftritte und verbreiten Bilder über soziale Medien. Unabhängig agieren sie dabei jedoch nicht – sie fungieren als Sprachrohre der Regierung und tragen deren Propagandabotschaften weiter, ohne zu hinterfragen.


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