Late Night USAWie Trump im Luxus schwelgt, während Millionen Hunger droht
Philipp Dahm
4.11.2025
An Jon Stewarts Gesicht lässt sich ablesen, wie viel Spass der Shutdown der US-Regierung macht.
YouTube/The Daily Show
Auf der einen Seite bereitet der Shutdown den Ärmsten grosse Probleme. Gleichzeitig feiert auf der anderen Seite der US-Präsident eine luxuriöse Great-Gatsby-Party auf Staatskosten und präsentiert neues Marmor im Lincoln-Bad im Weissen Haus. In den USA läuft was schief, so Jon Stewart.
Jon Stewart widmet sich in der jüngsten Ausgabe der Late-Night-Show dem «Shutdown Showdown 2025».
Die Show beleuchtet Donald Trumps Great-Gatsby-Party in seinem Luxusclub Mar-a-Lago und zeigt, wie der US-Präsident mit dem neu renovierten Marmor-Bad im Weissen Haus prahlt.
Gleichzeitig zeigt die Rechte wenig Mitleid mit den Armen, die keine Essenshilfen mehr bekommen, und beruft sich plötzlich auf die Einhaltung von Regeln und die Achtung der Gerichte.
Zunächst hat Jon Stewart gute Nachrichten für die Fans der «Daily Show»: Medienriese Paramount hat den Vertrag mit der Late-Night-Legende verlängert. Im Gegensatz zu Stephen Colbert darf Stewart also während der Zwischenwahlen im nächsten Herbst Schabernack im Fernsehen machen. «Es wird unser 30. Jahr sein», sagt er mit Blick auf die Show.
Jon Stewart war und ist der zweite Moderator der «Daily Show» und von 1999 bis 2015 am Ruder, bevor er 2024 wiederkommt und seither immer montags das Publikum unterhält. Am Abend des 3. November kann es für seinen Monolog nur ein Thema geben: den «Shutdown Showdown 2024».
Der «grossherzige Präsident» mit dem «Durchfall-Flugzeug»
Dass die Bundesregierung nicht mehr funktioniert, hinterlässt Spuren, weiss der 62-Jährige. Die Prämien für die Krankenversicherung würden steigen und Millionen den Zugang zu Nahrungsmittelhilfen – die SNAP Benefits – verlieren. «Es bricht einem ebenso das Herz, wie es wütend macht», sagt Stewart, «aber es gibt einen Amerikaner, den es härter trifft als irgendwen anderen.»
Auftritt von Mike Johnson im Einspieler ab Minute 3:06: «Der Präsident will verzweifelt, dass die Nahrungsmittelhilfen den amerikanischen Bürgern zukommen, die sie dringend darauf angewiesen sind.» Und: «Er ist ein grossherziger Präsident.»
Die Reaktion:
Ohne Worte.
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Grossherzig? Stewart erinnert an Trumps KI-Video, in dem er als gekrönter Pilot Durchfall auf No-Kings-Demonstrierende abwirft: «Vielleicht macht er das aus Liebe. Ich weiss es nicht. Es fühlt sich irgendwie verächtlich an», meint der Moderator. Doch es gäbe ja vielleicht andere Dinge, die der Präsident für sein Volk tue.
«Einfach bloss Hollywood-Babylon-Sch*****»
Was hat Trump an genau jenem Abend gemacht, als für die Ärmsten die Nahrungsmittelhilfen ausgelaufen sind? Bestätigt sich das Image des sorgenden Landesvaters, fragt Stewart ketzerisch, denn es ist ja klar, was nun kommt: Bilder einer mondänen Halloween-Party in Trumps Luxusclub Mar-a-Lago in Florida.
«Wie unbequem sind die Sitze im Mar-a-Lago?», fragt Stewart.
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«Er arbeitet nicht für das amerikanische Volk, das war einfach bloss Hollywood-Babylon-Sch*****», schimpft Stewart und sagt:
«[This] once and for all shows that Trump doesn't give a f*** about even looking like he gives a f***.»
Trumps «Great Gatsby»-Party sei eine «Ode an die Dekadenz und den Hedonismus», regt sich der Late-Night-Host auf: Das wäre sogar für Jeffrey Epstein zu viel gewesen. «Es gab Tänzer, Kostüme, Champagner – ein wundervolles Fest, bei dem das Motto offensichtlich Brutto-Einkommensungleichheit war.»
Was Stewart nicht erzählt: Trumps Party in seinem eigenen Club hat satte 3,4 Millionen Dollar gekostet. Und diese Rechnung begleichen die Steuerzahlenden.
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Ein Schild auf der Feier besagt: «Eine kleine Party hat noch nie jemanden getötet.» «Habt ihr ‹The Great Gatsby› überhaupt gelesen?», ruft Stewart aus. «Spoiler-Alarm: Die Party hat jemanden getötet. Sogar zwei Personen. ‹The Great Gatsby› ist eine warnende Erzählung. Und es ist das Motto eurer Party? Was?»
Great-Gatsby-Party olé: «Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie doch Kuchen essen!» Dieser Satz wird übrigens Marie Antoinette in den Mund gelegt, obwohl die französische Adlige ihn gar nicht gesagt hat. Marie Antoinettes Physis ist an anderer Stelle der Show tatsächlich ein Thema.
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Woran Donald Trumps Ballsaal Jon Stewart erinnert
Normalerweise gebe es in Zeiten der Not einen Konsens: «Dass man zumindest so tut, als würde man den Schmerz der Leute spüren», drückt der Gastgeber der Show aus.
Keine Essenshilfen mehr, steigende Krankenversicherungen und Zölle, die kleine Geschäfte ruinieren, zählt Stewart auf. «Aber das kommt alles in Ordnung, denn Donald Trump baut einen Ballsaal, der aussieht, wie das Innere von Marie Antoinettes Vagina. Yeah!» Als das Gelächter des Studiopublikums abebbt, fügt er an: «Ich weiss das eigentlich gar nicht. Das war grob... Ich habe es nur gehört.»
[Cheering]: Stewart vergleicht Trumps Ballsaal mit dem Innersten der Königin von Frankreich und Navarra.
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Im nächsten Einspieler ab Minute 8:42 berichten Nachrichtensender, dass Trump an einem Tag sechs Posts abgesetzt und 25 Bilder geteilt hat, die das frisch renovierte Lincoln-Badezimmer im Weissen Haus zeigen – inklusive der Aussicht, die man von der Toilette hat.
«Ich bin kein Architekt, aber wer macht Fenster, die bis zur Ebene des A****** gehen?», fragt sich Stewart. Was sollen denn die Touristen denken?
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Aber gibt es für Trump nicht eigentlich doch Mittel und Wege, die Essenshilfen fortzusetzen? Im Clip ab Minute 9:53 sagen verschiedene Republikaner: leider nein. «Das Geld, um es zu tun, existiert nicht», sagt Mike Johnson. «Präsident Trump kann nicht zaubern.» Ein Parteikollege betont, man müsse sich an die «Verkehrsregeln» halten.
Plötzlich legt Washington Wert auf Regeln
«Habt ihr gerade gesagt, ihr könnt es wegen der Verkehrsregeln nicht machen? Wann hat sich diese Administration an die Regeln gehalten?», lacht Stewart ungläubig. Warum?
«You guys have been Grand Theft f****** Auto this entire presidency.»
Stewart holt aus: «Hey Leute, wir machen nur kurz eine Pause – von der unerlaubten Bombardierung von Booten in der Karibik und der Abschiebung von Coiffeuren in Gefängnisse in El Salvador. Und nicht rechts überholen.»
Late Night USA – Amerika verstehen
blue News
50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten eine der besten Navigationshilfen: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen, und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.
Finanzminister Scott Bessent, dessen Ministerium Mittel für die Essenshilfe verfügbar machen könnte, redet sich auf CNN heraus, Trump müsse erst das Urteil der Gerichte abwarten. «Die Gerichte? Die Verkehrsregeln und die Gerichte? Wollt ihr mich jetzt auf den Arm nehmen?», japst der New Yorker.
«Regnerische Tage»
Richtung Weisses Haus sagt er: «Du willst auf die aktivistischen, irren, linksradikalen, Trump-hassenden, voreingenommenen, hochgradig parteiischen, gestörten Agitatoren-Richter warten, damit sie dir ein okey-dokey geben? Ist es das, was ich höre?»
Nochmal Bessent im O-Ton: «Trump ist sehr darauf bedacht, es zu schaffen, und es muss durch die Gerichte gehen.» «Nonsens», kontert Stewart. Die Richter haben die Regierung am 31. Oktober angewiesen, vorhandene Notmittel zu nutzen, um die Essenshilfen fortzuführen. Doch wie die Republikaner darüber reden, findet Stewart «verrückt».
Warum, das zeigt Kevin Hassett im Clip ab Minute 12:59: «Wir haben einen kleinen Topf für Essensmarken für regnerische Tage für den Fall eines Desasters», drückt es der Politiker aus. Er decke einen halben Monat Essenshilfe ab.
Kevin Hassett fragt, ob man Notmittel auch wirkich für die aktuelle Notlage nutzen soll. Jon Stewart kann es nicht fassen.
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«Und sie sagen: Gebt das einfach frei», fährt Hassett fort. «Aber wenn dieser Topf für regnerische Tage leer ist, was passiert dann, wenn wir einen regnerischen Tag haben?» Stewart schaut ungläubig: «Es muss nicht buchstäblich ein regnerischer Tag sein», sagt er.
«Warum bekommen Leute, die 150 Kilogramm wiegen, Essenshilfe?»
Was hat die Maga-Gemeinde für ein Problem mit SNAP, das 42 Millionen bei der Ernährung hilft – darunter 16 Millionen Kinder? Die «Daily Show» spielt ab Minute 14:12 einen Clip vom rechten Sender «Newsmax» ein, der berichtet, SNAP-Gutscheine würden benutzt, um auf Amazon Kaviar zu kaufen.
Weiter heisst es zu den Bildern schwarzer Frauen, «viele» SNAP-Empfänger hätten «natürlich» gedroht, sie würden nun stehlen gehen und würden jeden angreifen, der sie aufhalten wolle. An anderer Stelle sagt Moderator Rob Schmitt: «Warum bekommen Leute, die 150 Kilogramm wiegen, Essenshilfe? Gibt es keine Gewichtsgrenze für ein Gratis-Essen-Programm?»
So porträtiert «Newsmax» die Empfänger von Essenshilfen.
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Schmitt behauptet, Essensgutscheine würden verkauft, damit man sich «die Nägel, die Haarverlängerungen oder das Haar machen» könnte. «Subtil», kommentiert Stewart die rassistischen Konnotationen. «Ich weiss gar nicht, auf wen ihr anspielt.»
Derweil gibt Trump Dutzende Milliarden aus, um die argentinische Währung zu stützen. «Argentinien kämpft um sein Leben, junge Lady», sagt Trump im Einspieler ab Minute 17:07. «Sie wissen nichts darüber. Sie kämpfen um ihr Leben. Verstehen Sie, was das heisst? Sie haben kein Geld, sie haben nichts, sie kämpfen so hart ums Überleben.»