Verhältnis zur EU Macrons Sieg macht es für die Schweiz nicht einfacher

SDA/uri

25.4.2022 - 16:01

Macron schlägt Le Pen – Aufatmen in Europa

Macron schlägt Le Pen – Aufatmen in Europa

Der liberale Amtsinhaber Emmanuel Macron setzte sich in der zweiten Runde der Präsidentenwahl am Sonntag mit 58 Prozent der Stimmen gegen seine rechte Konkurrentin durch.

25.04.2022

Mit seiner Wiederwahl für weitere fünf Jahre dürfte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron der starke Mann der Europäischen Union werden. Experten befürchten, die Schweiz gerate ins Abseits.

Keystone-SDA, SDA/uri

Die Wiederwahl des französischen Präsidenten Emmanuel Macron dürfte die Beziehungen des Nachbarlands zur Schweiz kaum betreffen. Wichtiger ist, was das Resultat für die Beziehungen zur Europäischen Union bedeutet.

In den bilateralen Beziehungen Frankreich-Schweiz sei ein Linienwechsel unwahrscheinlich, sagte Pascal Sciarini, Politologieprofessor an der Universität Genf, am Montag der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit EU-Kommission-Präsidentin Ursula von der Leyen: Für Experten ist die Wiederwahl Macrons für die Schweiz vor allem auf EU-Ebene bedeutend. (Archiv)
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit EU-Kommission-Präsidentin Ursula von der Leyen: Für Experten ist die Wiederwahl Macrons für die Schweiz vor allem auf EU-Ebene bedeutend. (Archiv)
Bild: Keystone

Auch wirtschaftlich dürften sich die Rahmenbedingungen nicht über Nacht ändern. Die Interessen Frankreichs lägen hauptsächlich in den grenzüberschreitenden Fragen, aber auch hier ändere sich nichts von einem Tag auf den anderen.

Doppelschlag für Frankreich

Für den Bund liege die Frage viel eher auf den Beziehungen zur EU, die durch den Verhandlungsabbruch beim institutionellen Rahmenabkommen einen schweren Schlag hinnehmen mussten. Hier habe Paris keine Unterstützung für die Schweiz signalisiert, besonders nach dem Entscheid für den Kampfjet F-35 aus den USA und gegen die französische Rafale.

Überhaupt sei Frankreich für Anliegen der Schweiz weniger empfänglich als andere Nachbarländer, etwa Österreich, sagte der Politologe.

Das französisch-schweizerische Verhältnis habe sich abgekühlt, stellte auch Gilbert Casasus fest, Professor für europäische Studien an der Universität Freiburg. Frankreich habe sozusagen einen doppelten Kinnhaken eingesteckt durch den bundesrätlichen Verhandlungsabbruch beim Rahmenabkommen und den Kaufentscheid beim Kampfflieger.

Schweiz im Abseits

Macron werde durch die Wiederwahl zum starken Mann in der EU, erklärte Casasus weiter. Der im Amt Bestätigte werde sich auf der aussenpolitischen Bühne profilieren wollen, besonders in der Europapolitik, welche ihm in den Genen liege. Dabei stehe die Schweiz abseits.

Für Casasus liegt der Ball bei der Schweiz. Eine Annäherung an Frankreich sei durch die Erkenntnis der Realitäten und der Veränderungen auf europäischer Ebene möglich. Der Bundesrat müsse seine Rolle gegenüber der EU klären und in Richtung einer aktiveren Position überdenken. Dabei müsse sich die Schweiz an Macron anpassen.

In den Augen Sciarinis stellt Macrons Wille zu einer verstärkten europäischen Integration einen Nachteil für die Schweiz dar. Die Schweiz drohe aufs Abstellgleis zu geraten. Von internen Fragen mit Beschlag belegt, werde die EU der kleinen Schweiz wenig Energie widmen wollen.

Gemäss Casasus ist eine Annäherung an Frankreich über den kulturellen Dialog möglich. Eine Stärkung frankophoner Positionen in der Schweiz könnte ein positives Signal senden. Auf diplomatischer Ebene sei es indessen noch zu früh, etwas über die künftige Beziehung zwischen den beiden Ländern zu sagen. Das werde stark vom internationalen Kontext abhängen, etwa vom Ukraine-Krieg.