US-Aktivistinnen wollen zurück an den Herd «Wirklich jedes Übel unserer Zeit haben Frauen verursacht»

Andreas Fischer

28.10.2025

Hannah Faulkner ist ein Gesicht der ultrakonservativen Bewegung «Turning Point USA»: Die 16-Jährige träumt von einem Leben als Hausfrau. Vorher macht sie aber noch Karriere als Podcasterin.
Hannah Faulkner ist ein Gesicht der ultrakonservativen Bewegung «Turning Point USA»: Die 16-Jährige träumt von einem Leben als Hausfrau. Vorher macht sie aber noch Karriere als Podcasterin.
Screenshot SRF

In einer Doku begleitet eine BBC-Journalistin drei rechte Aktivistinnen in den USA. Die Influencerinnen predigen Kinder, Küche, Kirche oder machen Jagd auf Immigranten. Die jüngste ist gerade mal 16 Jahre alt.

Andreas Fischer

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • «Tradwives» gewinnen in den USA immer mehr Einfluss.
  • «Konservativ, weiblich, einflussreich − Rechte Aktivistinnen in den USA» : SRF zeigt eine aufschlussreiche Doku über die Macht von ultrakonservativen Influencerinnen in den USA.
  • Eine Journalistin hat für den Film drei Frauen begleitet, die mit extremen Ansichten polarisieren.

«Die feministische Bewegung will die Menschheit versklaven», dieser Satz stammt nicht etwa von einem radikalen Frauenhasser. Nein, eine junge Frau hat ihn geäussert, gerade mal 16 Jahre alt: Layla Wright muss ihn erstmal sacken lassen. Die Journalistin ist aus dem englischen Liverpool in die USA gereist, um sich ein Bild darüber zu machen, wie «Tradwives» ticken. Ihre Doku «Konservativ, weiblich, einflussreich − Rechte Aktivistinnen in den USA» läuft bei SRF.

Ausgangspunkt des einstündigen Films ist das «America Fest» in Phoenix, Arizona. Die Veranstaltung wird von «Turning Point USA» ausgerichtet, der rechtspopulistischen Organisation, die der bei einem Attentat erschossene Charlie Kirk gegründet hat.

Das «America Fest» ist ein Treffpunkt von Aktivisten mit oft extremen Ansichten. Auffällig viele junge Frauen sind darunter, meistens ultrakonservativ. Sie sagen Sätze wie: «Wirklich jedes gesellschaftliche Übel unserer Zeit haben Frauen verursacht.» und gewinnen an Einfluss, weil sie es verstehen, die sozialen Medien zu bespielen und enorme Reichweite zu erzielen.

Mit gerade mal 16 Jahren ist sich Hannah Faulkner (links) ziemlich sicher, dass emanzipierte Frauen ziemlich schlecht für die Gesellschaft sind.
Mit gerade mal 16 Jahren ist sich Hannah Faulkner (links) ziemlich sicher, dass emanzipierte Frauen ziemlich schlecht für die Gesellschaft sind.
Screenshot SRF

Die Sehnsucht nach dem starken Mann

Für ihre Doku trifft Layla Wright drei Frauen, die unterschiedliche Themen im konservativen Spektrum besetzen:

– Influencerin Morgonn McMichael (24) sagt der weiblichen Selbstbestimmung den Kampf an und will später Hausfrau, Ehefrau, Mutter sein.
– Christie Hutcherson will als selbst ernannte Grenz-Expertin dafür sorgen, dass die USA nicht untergehen.
– Die 16-jährige Hannah Faulkner wird zum Star der Szene, weil sie eine Demo gegen Trans-Personen organisiert und Frauen zurück an den Herd holen will.

Die «Tradwife»-Bewegung als Teil der neuen Rechten in den USA hat in den vergangenen Jahren an Einfluss gewonnen. Die Frauen geben sich ultra-bescheiden und unterwürfig, wollen gerne von einem starken Mann geführt und beschützt werden: Er geht arbeiten und verdient das Geld, sie kümmern sich um Küche und Kinder.

Das nette Mädchen mit der Zahnspange

Layla Wright zeigt in ihrer Doku, wie gut die Bewegung darin ist, Nachwuchs zu rekrutieren und bei der Stange zu halten. Hannah Faulkner zum Beispiel wird zu einem der Gesichter der Bewegung aufgebaut: ein Teenager mit Zahnspange und schüchternem Lächeln. Sie will Bücher über Homosexualität aus der Bibliothek verbannen, wettert gegen gottesfeindliche und anti-amerikanische Narrative von Trans-Personen.

Die Journalistin gibt zu, dass es «schwierig ist, sich mit Hannah zu streiten, weil sie so freundlich ist». Woher hat ein nettes Mädchen ihre extremen Ansichten? Wright ist gut darin, Zugang zu den Menschen zu bekommen. Sie fragt nach − mehr neugierig als verurteilend.

Sie erfährt, dass Hannah eigentlich keine Freunde hat und in einer streng evangelikalen Familie aufwächst. Unter der Führung ihres Vaters als Familienoberhaupt fühlen sich alle sicher und beschützt. Hannah sieht ihre Aufgabe darin, auch andere Frauen «zurück ins Haus» zu holen: In der klassischen Familie mit Mann, Frau und Kindern liege ihre Bestimmung.

Hannah Faulkner ist ein Star der «Tradwives»-Bewegung.
Hannah Faulkner ist ein Star der «Tradwives»-Bewegung.
Screenshot SRF

Hauptsache Hausfrau

Ähnliche Ansichten hat auch Morgonn McMichael. Die 24-Jährige träumt davon, Hausfrau zu sein, sagt sie. Frauen, die Karriere machen, seien «eine Abkehr von unserer Natur. Wir sind dazu gemacht, Ehefrauen und Mütter zu sein.»

Dabei ist Morgonn als Influencerin ziemlich umtriebig und erfolgreich. «Oberflächlich betrachtet, sind wir uns nicht unähnlich», bemerkt die BBC-Journalistin. Beide Frauen finden sich im modernen Leben zurecht. Der Unterschied: Morgonn will eine «Ausbildung zur Mutter» machen und lernen, für Kinder und Mann zu kochen.

Von der Influencerin Morgonn McMichael (rechts) erfährt die BBC-Journalistin Layla Wright, dass Frauen, die Karriere machen, «eine Abkehr von unserer Natur» seien.
Von der Influencerin Morgonn McMichael (rechts) erfährt die BBC-Journalistin Layla Wright, dass Frauen, die Karriere machen, «eine Abkehr von unserer Natur» seien.
Screenshot SRF

Aber warum? Sie habe sich mit ihren konservativen Ansichten in der Schule und auf dem College ausgegrenzt und allein gefühlt. «Turning Point America» habe ihr eine ideologische Heimat gegeben.

Auch an der Grenze patrouillieren die Frauen

Diese ideologische Heimat ist nicht nur frauenfeindlich, sie ist ein weitreichendes Glaubenssystem: Einwanderung, Abtreibung, Impfgegnerschaft, Verschwörungstheorien. Die neue Rechte ist wie ein Gemischtwarenladen, und Layla Wright kann sich nicht entscheiden, wo der Fokus ihrer Doku liegen soll.

Christie Hutcherson jagt illegale Einwanderer an der Grenze zwischen den USA und Mexiko − und erreicht mit ihren Live-Streams ein grosses Publikum.
Christie Hutcherson jagt illegale Einwanderer an der Grenze zwischen den USA und Mexiko − und erreicht mit ihren Live-Streams ein grosses Publikum.
Screenshot SRF

Vor allem der Teil mit Christie Hutcherson wirkt im Kontext der anderen beiden Protagonisten deplatziert. Hutcherson ist etwas älter und hat sich zur «Grenz-Expertin» ernannt. Sie gibt Interviews bei gleichgesinnten Podcastern und patrouilliert mit ihrer Gruppe «Women Fighting For America» an der Grenze zu Mexiko, seit sie im Garten die Stimme Gottes gehört habe.

Er habe ihr aufgetragen, ihre Zeit an der Grenze zu verbringen, um ihr Land und ihre Kinder zu schützen. Christie nimmt den Auftrag ernst und streamt ihre Einsätze live − inklusive aller schrecklichen Szenen und heftigen Auseinandersetzungen.

«Konservativ, weiblich, einflussreich − Rechte Aktivistinnen in den USA» ist ein ziemliches Brett von Doku, weil die Journalistin angenehm zurückhaltend agiert. Die Heuchelei der «Tradwives», die Küchendienst predigen und selber Karriere machen, kommt dadurch ziemlich gut zur Geltung – auch wenn etwas Kontext zur «Alt Right»-Bewegung fehlt.

Trauerfeier für rechten Aktivisten Kirk - Witwe vergibt Täter

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