Verhärtete Fronten Xi oder Trump: Wer hat im Handelsstreit die besseren Karten?

Christopher Bodeen, AP

12.4.2018

Eigentlich kommen sie ganz gut miteinander zurecht – trotzdem nun die Konfrontation. Und eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht. Denn zu den Eigenschaften, die die Staatschefs Chinas und der USA gemeinsam haben, zählt auch ihre Hartnäckigkeit.

Die Fronten sind verhärtet: Auf jede Drohung aus Washington folgt prompt eine Gegendrohung aus Peking. Gleichzeitig bezeichnet US-Präsident Donald Trump den chinesischen Präsidenten Xi Jinping als einen «Freund». Im Zweifel dürften im Handelsstreit der beiden Länder stets die nationalen Interessen entscheidend sein. Doch zumindest im Hintergrund könnten auch persönliche Faktoren eine Rolle spielen. Wer aber hat die besten Chancen, sich durchzusetzen?

Machtbasis

In einem Punkt sind die Voraussetzungen grundlegend verschieden. In den USA stehen im Herbst die Kongresswahlen an. Falls eine Mehrheit der Amerikaner per Stimmzettel Unzufriedenheit mit der Politik des Weissen Hauses ausdrücken sollte, würde dies den Präsidenten schwächen. Trump weiss das. Und Xi versteht es, das auszunutzen. Ganz anders ist die Ausgangslage in China. Dort hat Xi gerade eine Reform durchgesetzt, dank der er zeitlich unbeschränkt regieren kann.

Freundliche Worte

«Präsident Xi und ich werden immer Freunde bleiben – egal, wie unser Streit in Sachen Handel ausgehen mag», schrieb Trump auf Twitter. Die jüngsten Reformen des Chinesen hatte er zuvor ausdrücklich gelobt. Xi wird nicht müde, die Vorteile einer engen Partnerschaft zwischen Peking und Washington zu betonen. Mit persönlichen Bemerkungen hält er sich zwar zurück. Seine bisherigen Treffen mit Trump wurden in den chinesischen Staatsmedien aber als Erfolge gefeiert.

Herkunft

Beide Präsidenten sind in privilegierten Verhältnissen aufgewachsen – wenngleich ihre Wege zur politischen Macht kaum unterschiedlicher hätten sein können. Trump wuchs als Sohn eines New Yorker Immobilien-Moguls auf. Nach einer Karriere als Bauunternehmer und Reality-TV-Star brachte ihn ein extrem populistischer Wahlkampf ins Weisse Haus. Xi ist der Sohn eines Mitstreiters von Revolutionsführer Mao Tsetung. Vor allem diese Verbindung dürfte ihm auf seinem beharrlichen Weg durch den chinesischen Machtapparat bei manchem Karriereschritt ganz wesentlich geholfen haben.

Handlungsmotive

Xi und Trump haben sich bei vielen Landesleuten mit einer ordentlichen Dosis Nationalismus beliebt gemacht. Einer der zentralen Slogans in Trumps Wahlkampf war das berühmte «America First». Xi propagiert unermüdlich seinen «Chinesischen Traum», in dessen Rahmen er innerhalb des Landes für mehr Wohlstand sorgen und aussenpolitisch sowie militärisch mehr Stärke zeigen will.

Was für keinen der beiden Präsidenten in Betracht zu kommen scheint, ist nachzugeben. Beide seien ziemlich dünnhäutig und würden grossen Wert darauf legen, die eigene Stärke hervorzuheben, sagt die amerikanische China-Expertin und Buchautorin Liz Economy. Entsprechend geht es für Trump wie für Xi in hohem Masse auch darum, wie das eigene «Abschneiden» in dem Duell bewertet wird und ob sich das eigene Vorgehen als Erfolg verkaufen lässt.

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Auch wenn die politischen Systeme kaum miteinander zu vergleichen
sind: Xi und Trump inszenieren sich gerne als «Macher». Gerade die Ambitionen Pekings, im Bereich von Zukunftstechnologien sowie in anderen wichtigen Branchen die amerikanische Dominanz zu brechen, gelten aber auch als Auslöser der aktuellen Krise. Trump scheint darüber hinaus nach wie vor auf neue Arbeitsplätze in der heimischen Industrie zu hoffen.

Streitpunkte

Vordergründig geht es im aktuellen Streit nur um Fragen der Handelspolitik. Allerdings könnten auch ganz andere Themen, wie etwa der internationale Umgang mit Nordkorea, zu der Eskalation beigetragen haben. Mit seiner Ankündigung eines baldigen persönlichen Treffens mit Kim Jong Un habe Trump offenbar auch Xi überrascht, sagt der China-Experte Miles Yu Maochun von der United States Naval Academy im östlich von Washington gelegenen Annapolis. Dass der nordkoreanische Machthaber kurz darauf in Peking zu Gast war, könnte demnach auch ein Versuch Chinas gewesen sein, sich der eigenen Bedeutung als Vermittler im Konflikt mit Pjöngjang zu vergewissern.

Ein weiterer Knackpunkt ist Taiwan. China betrachtet das Land als abtrünnige Provinz. Für die USA ist es ein wichtiger Verbündeter – auch wenn es offiziell keine diplomatischen Beziehungen gibt. Ein neues US-Gesetz, das den direkten Austausch zwischen hochrangigen Vertretern der Regierungen erleichtern soll, sowie die Entscheidung, sensible U-Boot-Technologie an Taipeh zu liefern, sorgten in Peking zuletzt für grosse Empörung.

Nach Berichten, denen zufolge Trumps neuer Nationaler Sicherheitsberater John Bolton den Inselstaat noch in diesem Jahr persönlich besuchen könnte, warnte am Mittwoch das chinesische «Büro für Taiwan-Angelegenheiten» vor weiteren Annäherungen. Jeder Versuch, die «Taiwan-Karte» zu spielen, werde sich als vergeblich erweisen, sagte der Büro-Sprecher Ma Xiaoguang. Peking werde nicht zögern, seine grundlegenden Interessen zu verteidigen.

Xis Taktik

Im Spiel mit gegenseitigen Stahlzöllen könnte China unterdessen auch Einfluss auf die US-Kongresswahlen nehmen. Betroffen sind in den USA bisher vor allem die Agrarwirtschaft und die Industrie. In diesen Branchen arbeiten viele der Stammwähler von Trump – und die könnten nun besonders unter dem Handelsstreit leiden. «Xi folgt einem harten, aber sorgfältig koordinierten Kurs», sagt der Aussenpolitik-Experte Joseph Fewsmith von der Boston University. Der sei darauf ausgelegt, «ganz bestimmte Akteure zu treffen, die sich besonders laut beschweren werden».

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