Indien Zehntausende Bauern stürmen mit Traktoren die Hauptstadt

SDA

26.1.2021 - 16:26

Indische Landwirte versammeln sich auf Traktoren zu einem Protest gegen neue Landwirtschaftsgesetze. 
Indische Landwirte versammeln sich auf Traktoren zu einem Protest gegen neue Landwirtschaftsgesetze. 
Foto: Altaf Qadri/AP/dpa

Bei einer Grossdemonstration haben Bauern am indischen Tag der Republik Barrikaden in Neu Delhi durchbrochen. Sie wehren sich gegen Gesetze zur Deregulierung der Landwirtschaft.

Eine aufgebrachte Menge von Bauern marschierte am Dienstag mit Flaggen in die indische Metropole, viele kamen mit ihren Traktoren angefahren und stürmten den Palast Red Fort aus dem 17. Jahrhundert, wie Fernsehbilder zeigten. Auf dem Palast hisst Premier Narendra Modi jeweils zum Unabhängigkeitstag die indische Flagge.

Die Polizei setzte Schlagstöcke und Tränengas ein. Bauern und Polizisten stiessen auch in der Nähe des Polizeihauptquartiers in Neu Delhi zusammen, wo Polizisten zeitweise in der Unterzahl schienen. Bauern auf zwei Traktoren verfolgten etwa Polizisten.

Mindestens ein Demonstrant starb – nach Polizeiangaben bei einem Traktorunfall, nach Bauernangaben durch einen Schuss. Mehrere Demonstranten und Polizisten seien verletzt worden. In Teilen Delhis sei das Internet zeitweise unterbrochen worden, um weitere Gewalt zu verringern, berichteten örtliche Medien.

Bauern fürchten Preiszerfall

Eigentlich hatte die Polizei erst für den Dienstagnachmittag eine Demonstration genehmigt, einige Protestierende hatten aber schon am Morgen begonnen. Der Tag der Republik, der Jahrestag des Inkrafttretens der demokratischen Verfassung im Jahr 1950, ist ein wichtiger Feiertag, der mit Paraden begangen wird. Dabei werden die militärische Macht des Landes sowie sein kulturelles Erbe gefeiert.

Seit November kampieren Zehntausende Bauern rund um die Hauptstadt und fordern, kontroverse Marktliberalisierungsgesetze aufzuheben. Hintergrund des Protests: In Indien wurde Getreide bisher in staatlich organisierten Grossmärkten zu garantierten Mindestpreisen gehandelt. Nach der Reform sollen die Bauern ihre Ware ohne Mittelsmänner auch direkt an Privatfirmen verkaufen können.



Die Regierung argumentiert, dass die Erzeuger auf dem freien Markt höhere Gewinne erzielen könnten und die Reform die Landwirtschaft modernisiere. Die Bauern hingegen befürchten einen Preisverfall, weil sie in Verhandlungen mit den Agrarkonzernen in einer schlechten Position wären.

Die Landwirtschaft trägt rund 15 Prozent zur indischen Wirtschaftsleistung bei und ist Lebensgrundlage für rund 60 Prozent der 1,3 Milliarden Einwohner des Landes. Viele Bauern in Indien haben Geldsorgen. Gespräche zwischen Bauern- und Regierungsvertretern hatten bislang nicht zu einer Einigung geführt.

Bei den Protesten sind Bauernvertretern zufolge Dutzende Bauern gestorben. Sie seien etwa bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommen oder wegen der nächtlichen Kälte erfroren.

Am Dienstagabend (Ortszeit) waren viele Bauern wieder an den Rand der Hauptstadt zurückgekehrt. Einige Bauern sagten dem örtlichen Fernsehsender NDTV, dass ihre Aufgabe nun getan sei und sie der Regierung ihre Botschaft übermittelt hätten.

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