«Ein Geschenk für die Republikaner»Zohran Mamdani ist der neue Stern am US-Polit-Himmel – doch wer profitiert von seinem Erfolg?
Lea Oetiker
27.6.2025
Der demokratische Bürgermeisterkandidat Zohran Mamdani spricht bei seiner Vorwahlparty am Mittwoch, 25. Juni 2025, in New York.
Bild: KEYSTONE
Zohran Mamdani, ein junger demokratischer Sozialist, gewinnt überraschend die Bürgermeister-Vorwahl in New York und wirbelt mit seiner linken Agenda die Demokraten auf. Republikaner erkennen in ihn derweil ein ideales Feindbild.
Er ist charismatisch, unermüdlich optimistisch und ein Meister der sozialen Medien: Zohran Kwame Mamdani gilt als neuer Hoffnungsträger am Polit-Himmel der US-amerkanischen Weltstadt New York.
Nach dem Wahlsieg von Donald Trump sucht die Demokratische Partei landesweit eine neue Richtung, die Wähler*innen überzeugen kann. Und Mamdani gelang etwas, das viele andere Demokrat*innen im letzten Herbst eben nicht geschafft haben: Er konnte neue Wähler*innen für sich gewinnen, sprach wirtschaftliche Themen an und forderte mehrere Entlastungen für die Bevölkerung. Konkret: einen Mietendeckel und einen kostenlosen öffentlichen Verkehr.
Seine Kampagne war besonders stark in den sozialen Medien vertreten. Dort nutzte er gezielt Plattformen wie Facebook, Instagram oder TikTok, um direkt mit den Menschen in Kontakt zu treten und sie persönlich anzusprechen. Zudem setzte er gezielt auch auf Haustürwahlkampf. Damit konnte er viele neue und vor allem junge Wähler*innen mobilisieren, was anderen Demokrat*innen zuletzt nicht in diesem Ausmass gelungen ist.
«Er hat es verdient, er hat gewonnen»
Zwar erreichte Mamdani am Dienstag nicht die notwendigen 50 Prozent für die Nominierung, lag aber rund acht Prozentpunkte vor Andrew Cuomo. Stimmen der unterliegenden Kandidierenden werden aber aufgrund des besonderen Systems an beliebteren Politiker*innen verteilt. So werden weitere Wahlgänge nicht nötig und es gehen keine Stimmen verloren. So wird bereits am 1. Juli feststehen, wer definitiv für die Demokraten bei den Wahlen im November antritt.
Aktuell erwartet aber niemand, dass Cuomo den linken Hoffnungsträger noch einholen wird. Er gestand wohl deshalb früh seine Niederlage ein: «Heute ist sein Tag. Er hat es verdient, er hat gewonnen», sagt Cuomo laut «AP» vor seinen Anhänger*innen.
Mamdani präsentierte sich zudem selbst bereits als Sieger: «Ich werde euer demokratischer Kandidat für das Bürgermeisteramt von New York City sein.» Mit seinem Fokus auf bezahlbaren Wohnraum, kostenlose Busse und Kinderbetreuung sprach Mamdani besonders junge und progressive Wähler*innen mit Hochschulabschluss an, so der TV-Sender CBS.
Die Demokraten sind gespalten
Nicht alle Demokrat*innen freuen sich über den bevorstehenden Sieg von Zohran Mamdani. Einerseits wird sein Erfolg als Signal für einen möglichen Neuanfang und eine Erneuerung der Demokratischen Partei gewertet. Gerade nach der Niederlage bei der letzten Präsidentschaftswahl und angesichts des Rechtsrucks unter Trump suchen viele Demokrat*innen nach Orientierung und frischen Impulsen.
Mamdanis Sieg gibt vor allem dem linken Flügel Hoffnung, dass progressive Ideen und eine Politik für die arbeitende Bevölkerung wieder mehr Gehör finden könnten.
Andererseits legt Mamdanis Triumph aber auch die tiefen Risse innerhalb der Partei offen. Der Wahlkampf war geprägt von einer deutlichen Spaltung: Auf der einen Seite das etablierte und finanzstarke Lager um Andrew Cuomo, unterstützt von prominenten Figuren wie Bill Clinton und Chuck Schumer, die für den traditionellen Kurs der Partei stehen.
Auf der anderen Seite Mamdani, der sich selbst als demokratischen Sozialisten bezeichnet und mit einer klaren Anti-Establishment-Agenda antrat. Unterstützt wurde er von linken Ikonen wie Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez, die seine Kandidatur als Aufbruchssignal feierten.
Diese Konstellation birgt erhebliches Konfliktpotenzial. Viele erfahrene Parteigrössen und ihre Unterstützer*innen aus Wirtschaft und Immobilienbranche stehen Mamdanis Zielen skeptisch gegenüber, da sie einen Bruch mit bewährten Interessen und Allianzen befürchten.
Während Mamdani für einen radikalen Wandel steht, warnen Vertreter des Establishments, dass eine zu starke Linksausrichtung die Partei auf nationaler Ebene schwächen und Wähler*innen in der politischen Mitte verschrecken könnte.
Ein neues Feindbild
Und auch die Republikaner*innen können von Mamdani profitieren: Für die Republikaner*innen wäre ein Sieg Mamdanis ein Geschenk, erklärt Politik-Korrespondentin Rachel Scott bei der «Tagesschau». Sie könnten den linken Jung-Politiker als Gesicht der Demokratischen Partei insgesamt verkaufen und zum neuen Feindbild machen.
Angriffspunkte hätte US-Präsident Donald Trump genug: Mamdani gilt als Unterstützer der Palästinenser, der immer wieder Israels Vorgehen im Gazastreifen kritisiert.
"He looks TERRIBLE," says Donald Trump - Donald Trump!! - about Zohran Mamdani.
Auf dem Rückflug vom Nato-Gipfel in Den Haag beschimpfte Trump den jungen Politiker bereits als «hundertprozentigen kommunistischen Irren» und beleidigte anschliessend noch sein Aussehen. «Er sieht schrecklich aus, seine Stimme ist kratzig und er ist nicht sehr klug», urteilte der Präsident dann noch auf seinem Onlinedienst Truth Social.
Und der Vizepräsident J. D. Vance postete in den sozialen Medien: «Herzlichen Glückwunsch an die neue Führungsperson der Demokratischen Partei», und markierte Mamdani.
Congratulations to the new leader of the Democratic Party @zohrankmamdani.bsky.social
Hinzu kommt: Sollte Mamdani als Bürgermeister scheitern oder seine ambitionierte Agenda an den politischen Realitäten zerschellen, könnten das als Beleg dafür gewertet werden, dass linke Politik in der Praxis nicht funktioniert. Auf dieses Scheitern hofft nun die politische Gegenseite: Bereits jetzt kündigen konservative Kräfte und das wirtschaftliche Establishment massiven Widerstand gegen Mamdani an.
«Madani ist ein Geschenk für die Republikaner»
Die Republikaner*innen machten sich über seine politischen Forderungen lustig und erinnerten dabei an die leeren Regale in den Supermärkten der Sowjetunion, schreibt «The Atlantic». Grund: Mamdani forderte staatliche Lebensmittelgeschäfte, um der Bevölkerung günstiger Nahrungsmittel anzubieten.
Die Republikanische Partei kritisierte zudem eine frühere Forderung: Im Jahr 2020 forderte Mamdani Kürzungen beim Budget der New Yorker Polizei und war damals der einzige demokratische Kandidat, der nicht versprach, mehr Polizist*innen einzustellen. Mamdani rechtfertige seinen Standpunkt im Wahlkampf damit, dass sich die Polizei sich «wieder auf die polizeilichen Aufgaben konzentrieren» sollte und gesellschaftliche Probleme von anderen Stellen übernommen werden sollten.
Einige Republikaner*innen griffen zu rassistischen und islamfeindlichen Klischees, weil Mamdani ugandisch-indische Wurzeln hat und Muslim ist, schreibt die Zeitung weiter. Auch manche Demokrat*innen stehen seinen Vorschlägen für neue Steuern für Unternehmen und Reiche skeptisch gegenüber und warnen, dass dadurch Vermögen aus New York abwandern könnte.
Zohran Mamdani ist ein Geschenk für die Republikaner, sagt Susan Del Percio.
Instagram
Die Republikaner*innen nutzten die sinkenden Umfragewerte des progressiven Bürgermeisters von Chicago, Brandon Johnson, als Argument dafür, dass Liberale nicht regierungsfähig seien.
«Mamdani ist ein Geschenk für die Republikaner. Sie werden jeden Demokrat*innen mit seinen linksradikalen politischen Vorschlägen in Verbindung bringen», sagte Susan Del Percio, eine Polit-Strategin unter dem früheren republikanischen Bürgermeister Rudy Giuliani, zum «The Atlantic». «Als Bürgermeister von New York City wird alles, was er tut, von Demokraten und Republikanern gleichermassen unter die Lupe genommen. Und manche dieser Dinge sind wirklich abwegig.»
Ob Mamdani seine ambitionierten Pläne gegen Widerstände durchsetzen kann, bleibt offen – fest steht jedoch, dass seine Kandidatur die politische Landschaft verändert.
Zohran Mamdani rechnet mit Andrew Cuomo ab – «Ich bin nicht Sie, Herr Cuomo»
Im TV-Duell zur Bürgermeisterwahl in New York attackiert Zohran Mamdani seinen Rivalen Andrew Cuomo frontal. Der Sozialist spricht über Skandale, Verantwortung – und fordert Respekt für seinen Namen.