MigrationZuwanderung 2020 wegen Pandemie um einen Drittel zurückgegangen
jc, sda
28.10.2021 - 12:46
Die Zuwanderung in die OECD-Länder ist im Jahr 2020 wegen der Corona-Pandemie um rund einen Drittel zurückgegangen. Die dauerhafte Migration war mit rund 3,7 Millionen Menschen auf dem niedrigsten Stand seit 2003. In der Schweiz war der Rückgang geringer als anderswo.
28.10.2021 - 12:46
SDA
So ging in der Schweiz zum Beispiel die Zahl der neuen Asylanträge um 22,5 Prozent zurück, während der Rückgang in den Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) insgesamt bei 31 Prozent lag, wie die OECD am Donnerstag bekannt gab. Das sei der stärkste Rückgang seit dem Ende des Balkankrieges in den 1990er Jahren.
Dass die Einwanderung in die Schweiz weniger stark zurück ging als in anderen OECD-Ländern, sei auf die Personenfreizügigkeit zurückzuführen, die einen grossen Teil der Schweizer Migration ausmache, erklärte OECD-Migrationsexperte Thomas Liebig bei der Präsentation der neusten Migrationsstudie. Dadurch seien die coronabedingten Einschränkungen weniger stark ins Gewicht gefallen. Die Schweiz habe den geringsten Rückgang ausgewiesen.
Gemäss des Berichts verzeichneten alle Arten von dauerhafter Migration einen Rückgang. Regierungen müssten dringend Massnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass die Pandemie zu einem dauerhaften Rückschlag bei der Integration von Einwanderern führt. Dies würde unter anderem schwerwiegende wirtschaftliche Folgen haben und den sozialen Zusammenhalt bedrohen.
Durchmischung an Schweizer Schulen
Die Studie fokussierte auch auf die Durchmischung der eingewanderten Bevölkerung mit den Einheimischen – insbesondere an Schulen. In fast allen Ländern zeigen die Zahlen, dass Kinder eingewanderter Eltern häufig dort zur Schule gehen, wo es bereits viele andere Kinder mit Migrationshintergrund gibt. Das liegt gemäss Liebi daran, dass sich Einwanderer häufig in Quartieren niederliessen, wo es bereits viele Landsleute gebe.
Diese sogenannte schulische Segregation hat demnach in den meisten Ländern von 2006 bis 2018 deutlich zugenommen. Für die Kinder habe dies ein weniger hohes Bildungsniveau zur Folge. In Deutschland – das Land mit dem schlechtesten Wert – kann dies je nach Betrachtung einem Rückstand von 1,5 Schuljahren entsprechen. Auch in den Niederlanden sind es fast 1,5 Schuljahre.
Die Schweiz schneidet mit einem halben Jahr Rückstand besser ab als ein Grossteil der anderen Länder. Am positivsten ist die Situation aber in Luxemburg und Australien, wo Kinder dank der Durchmischung gar von positiven Effekten profitieren können.
Hochqualifizierte in der Schweiz
Viele Menschen, die in die Schweiz einwandern, kommen aus Europa oder gar aus den Nachbarländern. «Diese haben teils eine sehr hohe Qualifikation», sagte Liebig. Entsprechend wusste er auch Positives beim Einfluss auf den Schweizer Staatshaushalt zu berichten. Mit dem sogenannten Nettofiskalbeitrag wird das Verhältnis aller Einnahmen wie Steuern und Abgaben gegenüber allen Ausgaben wie Sozialleistungen einer Person betrachtet.
Die Schweiz stehe hier in einer Spitzengruppe und habe sich weiter verbessert, sagte Liebig. Der Nettofiskalbeitrag von Eingewanderten sei in der Schweiz etwa 15 Prozent höher als jener der in der Schweiz Geborenen. Migrantinnen und Migranten würden über alle Länder gesehen insgesamt mehr an Steuern und Abgaben beitragen, als sie an Leistungen aus den Gesundheits-, Bildungs- und Sozialversicherungssystemen erhalten, hält der Bericht fest.
OECD erwartet deutlichen Anstieg
Nach dem Rückgang erwarten die Experten nun wieder einen deutlichen Anstieg der Migration. Um eine bessere Integration zu fördern, sollten die Regierungen «die vielen Nachteile, mit denen Migranten auf den Arbeitsmärkten und in der Gesellschaft konfrontiert sind», in ihren Plänen zur Bewältigung der Pandemie berücksichtigen.
Angesichts der Überrepräsentation von Migranten in geringqualifizierten Berufen müsse etwa darauf geachtet werden, dass Migranten die Qualifikationen erwerben können, um die Arbeitsplätze der Zukunft zu besetzen.
Gemäss Liebig müsse auch der Weggang von Migranten aus Quartieren mit einer hohen Segregation gestärkt werden. Zudem brauche es spezifische frauen- und familienbezogene Ansätze. Es sei aber erfreulich, dass der Fokus auf die Frauen bei der Integrationspolitik zunehme, sagte Liebi.
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