Jörg Kachelmann kritisiert«Österreichischer Wetterdienst hat viel zu spät gewarnt»
vab
16.9.2024
Österreich, Polen und Tschechien sind aktuell von Hochwassern und schweren Überschwemmungen betroffen. Nun klagt Meteorologe Jörg Kachelmann über den österreichischen Wetterdienst.
vab
16.09.2024, 16:52
Vanessa Büchel
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
In mehreren Ländern Mitteleuropas ist es zu verheerenden Unwetterkatastrophen gekommen, so auch in Österreich.
Der Schweizer Wetterfachmann Jörg Kachelmann meint im Interview mit dem «Tages-Anzeiger», dass in Österreich der Wetterdienst und die Behörden zu spät gewarnt hätten.
Das sei auch in der Schweiz ein Problem. Grund dafür: «Die Angst vor einer angeblichen Panikmache.»
Dauerregen hat in den vergangenen Tagen in mehreren Ländern Mitteleuropas für erhebliche Überschwemmungen gesorgt. In Österreich, Polen und Tschechien stehen grosse Teile unter Wasser, vielerorts gilt Katastrophenzustand. Die Unwetter forderten bereits mehrere Todesopfer.
In Wien hat sich die Lage aktuell etwas entspannt, doch es wird noch mehr Regen erwartet. Der gut ausgebaute Hochwasserschutz schützt die Wiener*innen, in Niederösterreich ist die Lage derweil verheerender.
Dass der Wetterdienst und die Behörden in Österreich im Vorfeld nicht ausreichend vor den bevorstehenden Wassermengen gewarnt haben, kritisiert der Schweizer Meteorologe Jörg Kachelmann in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger».
«Der österreichische Wetterdienst hat viel zu spät und zu konservativ gewarnt. Aber das ist in deutschsprachigen Ländern ausser in Deutschland selbst so üblich», so Kachelmann zum «Tages-Anzeiger». Tschechien und Polen hätten es dagegen gut gemacht.
Der Wetterfachmann hatte sich dazu auch schon am Sonntag in diversen Posts auf X geäussert:
Vor Hochwasserlage in deutschsprachigen Ländern.
1. Warten. 2. Oh, da kam was in den Medien. 3. Wir evakuieren keinesfalls, machen die Leute nicht mit. 4. Wir delegieren einfach alles an Arbeit an die örtlichen Feuerwehren. 5. Gut, dann machen wir von Bund/Land das Medienzeug.
— Jörg @kachelmann anderswo: @realkachelmann (@Kachelmann) September 15, 2024
Wegen Angst vor Panikmache wird oft zu spät gewarnt
Auf die Frage, ob die vielen Regenmassen vorhersehbar gewesen seien, befindet Kachelmann im «Tages-Anzeiger»-Interview klar: «Ja, das war aufgrund der Modellrechnungen und der grossen Einigkeit, wo wie viel Regen fällt, vorhersehbar.»
In einem Tweet von heute kündigt Kachelmannwetter – Kachelmanns Plattform für Vorhersagen und Meteorologie – das Ende des grossen Niederschlags an. Demnach soll es heute Montag in den Hochwassergebieten noch eine letzte Runde Dauerregen geben, danach heisst es aufatmen.
Ende in Sicht - dann ruhiges Spätsommerwetter
Eine letzte Runde #Dauerregen gibt es noch für die #Hochwasser-gebiete. Dann ist es hier auch endlich vorbei und in der Folge stellt sich freundliches und trockenes Spätsommerwetter ein. /LDhttps://t.co/WP6jkWunLV
Auch in der Schweiz werde bei Unwettern oft zu wenig gewarnt, so Kachelmann. «Das gilt für jedes Unwetter auch bei uns: Wenn irgendwo steht, dass jemand ‹überrascht› wurde, ist es immer gelogen. Oder es hätte nicht so sein müssen.»
Grund für das zu späte Warnen in den deutschsprachigen Ländern sei wohl die Angst vor einer angeblichen Panikmache. Der Meteorologe meint zum «Tages-Anzeiger»: «Lieber tut man nichts, als etwas Falsches zu tun.»
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