Was wollen wir spielen? In vielen Familien stand diese Frage während der Corona-Einschränkungen oft im Raum. Nun gibt es wieder professionelle Empfehlungen. Die neuen Jahrgangsbesten stehen fest.
Dieses Mal fällt die Preisverleihung in Berlin ein paar Nummern kleiner aus – aber nicht ins Wasser. Und so gibt es auch im Corona-Jahr 2020 ein öffentlich gekürtes «Spiel des Jahres».
Am Montag geht die begehrte Auszeichnung an «Pictures» von Daniela und Christian Stöhr (PD-Verlag). Die Preisträger werden aus ihrem Stuttgarter Zuhause per Video zugeschaltet. «Wir können es nicht glauben», zeigt sich die Spieleerfinderin überrascht. Es ist die erste Kür ohne Händeschütteln.
Aus Bauklötzen, Schnürsenkeln oder Symbolkarten werden bei «Pictures» Foto-Motive gebaut, die auf einer grossen Karte von den Mitspielern erkannt werden sollen. Die fünf verschiedenen Materialsets wirkten auf den ersten Blick fast willkürlich zusammengewürfelt, seien aber klug gewählt, begründet die Kritiker-Jury ihre Wahl. Der Anreiz zum Experimentieren sei enorm, die Raterunden glichen dem Besuch von Kunstausstellungen. Fazit: «Grosse Kreativität mit einfachsten Mitteln!». Das Spiel für bis zu fünf Mitstreiter kostet etwa 40 Euro.
Das Gremium vom Verein «Spiel des Jahres» sondiert jährlich den Spielemarkt und wählt aus Hunderten Neuerscheinungen in verschiedenen Kategorien das nach seiner Ansicht beste Spiel aus. Bewertet werden Idee, Regelgestaltung, Layout und Design. Rund 330 deutschsprachige Neuerscheinungen seien aktuell unter die Lupe genommen worden, sagt Vereinsvorsitzender Harald Schrapers.
Anliegen des Vereins ist es, Brett-, Karten- und Gesellschaftsspiele als Kulturgut zu fördern. Die Auszeichnung als «Spiel des Jahres» wird seit 1979 vergeben. Damals gewann «Hase und Igel». Später kamen weitere Kategorien hinzu.
In der Sparte «Kennerspiel des Jahres» geht die Auszeichnung an «Die Crew» von Thomas Sing. Das Kartenspiel fordert laut Jury auf originelle Weise heraus und brauche Teamgeist und Weitblick. Es geht um eine Raumschiff-Crew, die zu einem Planeten am Rande des Sonnensystems reist. «Speedy Roll» wurde im Juni als «Kinderspiel des Jahres» ausgezeichnet.
In Zeiten der Pandemie seien Brettspiele «mehr denn je gefragt», sagt Vereinschef Schrapers. Das Umsatzplus der Branche durch Corona beziffert er mit 25 Prozent. Viele Familien hätten die Erfahrung gemacht: «Das analoge Spiel lässt sich nicht virtuell ersetzen.» Das gemeinsame Erlebnis stehe obenan. Das deutsche Brettspiel – das «German Style Game» gilt laut Verein international als stilbildend.
Für den Kosmos-Verlag bestätigt Heiko Windfelder den stetigen Trend zum Brettspiel trotz Digitalisierung. «Corona hat das noch verstärkt», sagt der Manager der Deutschen Presse-Agentur. Der Umsatz gegenüber den Vorjahresmonaten sei um etwa 30 Prozent hoch gegangen. Auch Kinderbücher, Experimentierkästen oder Ratgeber würden mehr als sonst gekauft.
Der Verein Spieleverlage resümiert, Brettspiele seien bei der Bewältigung von Corona-Extremsituationen in vielen Familien zu einem wichtigen Helfer im häuslichen Krisenmanagement geworden. Laut dem Zusammenschluss der Spieleverlage stiegen die Millionen-Umsätze auf dem Markt für Gesellschaftsspiele 2019 im sechsten Jahr in Folge. «Die Qualität der Spiele nimmt seit Jahren durchweg zu.» Verlage verkauften demnach deutschlandweit mehr als 50 Millionen Spiele.
Die Auszeichnung als «Spiel des Jahres» mit dem Logo-Aufdruck einer Lorbeer umkränzten Halmafigur kurbele den Verkauf an, heisst es bei Spieleentwicklern. Der Hersteller zahlt er für die Nutzung des Logos eine Lizenzgebühr an den Verein. Der orientiert sich nach eigenen Angaben aber strikt am Verbraucher.
Im vergangenen Jahr hatte «Just One» als «Spiel des Jahres» gewonnen. Und das 1995 ausgezeichnete Brettspiel «Die Siedler von Catan» von Klaus Teuber sei zu einem modernen Klassiker geworden, hebt der Vereinschef von «Spiel des Jahres» hervor. Inzwischen umbenannt in «Catan – Das Spiel», werde es in vielen Ländern bis heute gespielt.
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