USA Schlussplädoyers im Prozess nach Tötung von George Floyd

dpa

18.4.2021 - 15:25

Im Mai 2020 kam der Afroamerikaner infolge von Polizeigewalt ums Leben.
Im Mai 2020 kam der Afroamerikaner infolge von Polizeigewalt ums Leben.
John Arthur Brown/ZUMA Wire/dpa

Der Tod von George Floyd im vergangenen Mai löste wochenlange Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt aus. Nun steht der Prozess gegen einen weissen Ex-Polizisten wegen der Tötung vor dem Abschluss. Die Erwartungen an das Verfahren sind immens.

Knapp elf Monate nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd stehen im Prozess gegen den weissen Ex-Polizisten Derek Chauvin an diesem Montag die Abschlussplädoyers an. Staatsanwaltschaft und Verteidigung in dem Verfahren in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota werden dabei versuchen, die Geschworenen zu überzeugen. Die Anhörung von Zeugen im Hauptverfahren war nach drei Wochen am Donnerstag zu Ende gegangen.

Nach den Plädoyers werden die zwölf Mitglieder der Jury beraten, um über Schuld oder Unschuld Chauvins zu befinden. Dafür gibt es keine Zeitvorgabe – sie könnten innerhalb einer Stunde entscheiden oder nach einer Woche, wie Richter Peter Cahill erklärte. Die Geschworenen werden während der Beratungen nicht mehr nach Hause gehen dürfen, sondern werden in einem Hotel untergebracht werden. Die Geschworenen bleiben aus Sicherheitsgründen bis auf Weiteres anonym.



Der schwerwiegendste Anklagepunkt gegen Chauvin lautet Mord zweiten Grades ohne Vorsatz. Darauf stehen bis zu 40 Jahre Haft. Nach deutschem Recht entspräche dies eher dem Totschlag. Zudem wird Chauvin auch Mord dritten Grades vorgeworfen, was mit bis zu 25 Jahren Haft geahndet werden kann. Auch muss er sich wegen Totschlags zweiten Grades verantworten, worauf zehn Jahre Haft stehen. Chauvin, der nach dem Vorfall aus der Untersuchungshaft entlassen worden war und auf Kaution frei ist, hat auf nicht schuldig plädiert.

Tod löst grösste Protestwelle seit Jahrzehnten aus

Der 46-jährige Floyd war am 25. Mai vergangenen Jahres in Minneapolis bei einer brutalen Festnahme ums Leben gekommen. Videos dokumentierten, wie Polizisten den unbewaffneten Mann zu Boden drückten. Chauvin presste dabei sein Knie rund neun Minuten lang in Floyds Hals, während dieser flehte, ihn atmen zu lassen. Floyd verlor der Autopsie zufolge das Bewusstsein und starb. Die Beamten hatten Floyd wegen des Verdachts festgenommen, mit einem falschen 20-Dollar-Schein bezahlt zu haben.

Chauvins Verteidiger argumentierten, dass Floyds Tod nicht primär auf Gewalteinwirkung zurückgehe, sondern vor allem auf dessen vorbelastete Gesundheit und Rückstände von Drogen in seinem Blut. Experten der Staatsanwaltschaft wiesen dies zurück. Ein Lungenspezialist etwa erklärte, Floyd sei an den Folgen von Sauerstoffmangel gestorben. Der niedrige Gehalt an Sauerstoff habe Hirnschäden verursacht und Floyds Herz zum Stillstand gebracht. Der Polizeichef von Minneapolis, Medaria Arradondo, bezeichnete Chauvins Gewaltanwendung als unverhältnismässig und vorschriftswidrig.

Floyds Schicksal hatte in den USA mitten in der Pandemie eine Welle der Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt ausgelöst – und wurde damit zur grössten Protestbewegung seit Jahrzehnten.

Der Prozess findet unter grossen Sicherheitsvorkehrungen statt. Die Erwartungen an das Verfahren sind immens. Viele Menschen, wohl auch die meisten Schwarzen, hoffen auf ein Urteil, das ein Zeichen gegen Rassismus und Polizeigewalt in den USA setzen wird – und dagegen, dass Sicherheitskräfte oft straffrei davonzukommen scheinen. Sollte Chauvin freigesprochen werden oder eine geringe Haftstrafe bekommen, weil die Geschworenen ihn zum Beispiel nur des Totschlags für schuldig befinden sollten, dürfte es zu massiven Protesten kommen.

dpa